Deutsche Redaktion

Wenn hier einer eine Marionette ist, dann ist es ...?

02.07.2020 10:16
Natürlich kann es auch in den Wochenzeitungen nur ein führendes Thema geben - die Stichwahl am 12. Juli. Umfragen zufolge, haben beide Kandidaten noch die Chance, das Blatt für sich zu wenden. Entsprechend klar und zugespitzt auch die Botschaften an die Leser auf den Titelseiten der wichtigsten Wochenblätter.  
W II turze wyborów prezydenckich zmierzą się Andrzej Duda i Rafał Trzaskowski
W II turze wyborów prezydenckich zmierzą się Andrzej Duda i Rafał TrzaskowskiPAP/Tytus Żmijewski/Piotr Nowak

Natürlich kann es auch in den Wochenzeitungen nur ein führendes Thema geben - die Stichwahl am 12. Juli. Umfragen zufolge, haben beide Kandidaten noch die Chance, das Blatt für sich zu wenden. Entsprechend klar und zugespitzt auch die Botschaften an die Leser auf den Titelseiten der wichtigsten Wochenblätter.

 

Polityka: II. Runde - der wirkliche Showdown

Auf der Titelseite der linksliberalen Wochenzeitung Polityka stehen sie einander Rücken an Rücken - der Kandidat der Bürgerkoalition Rafał Trzaskowski und PiS-Chef Jarosław Kaczyński. Wie das Blatt im Leitartikel der Ausgabe erklärt, habe sich die Redaktion entschieden, bei der Vorstellung der beiden Rivalen der zweiten Wahlrunde auf der Titelseite Adnrzej Duda mit Kaczyński zu ersetzen. Denn in Wirklichkeit sei jede Stimme für den amtierenden Präsidenten eine Befürwortung der aktuellen Alleinherrschaft von Kaczyński. Andrzej Duda, lesen wir, sei kein selbstständiger politischer Akteur, er habe eine solche Rolle nie angestrebt und passe von der Persönlichkeit her auch nicht dazu. Er sei vielmehr "Vize-Präsident". Oder noch besser gesagt, ein Ansager der PiS: er kündige an, erzähle, heize die Atmosphäre an, trete im reellen Theater der Macht aber nicht auf. Daher habe seine ganze Kampagne darauf beruht, sein Image aufzupolieren. Und aus einem Untergebenen von Kaczyński einen großen Anführer zu kreieren.

Mit Trzaskowski, so die Polityka, sehe die Situation ganz anders aus. Er sei, zwangsgemäß sogar, ein selbstständiger, man kann sogar sagen, einsamer Spieler. Obwohl er vom Staatsfernsehen hartnäckig als "Vizevorsitzender der Bürgerplattform" vorgestellt werde, seien seine Verbindungen mit der Partei eher schwach. Es gehe nicht nur um die absorbierenden Verpflichtungen des Warschauer Stadtpräsidenten, aber auch darum, dass er in keiner Weise Bürgerplattform-Chef Borys Budka untergestellt ist. Das Verhältnis sei eher umgekehrt. Heute stelle die Bürgerplattform für den Warschauer Stadtpräsidenten eine eher passive politische Basis dar. Trzaskowski, beobachtet das Blatt, sei in der Kampagne, die er mit einem selbst zusammengestellten Team geführt habe, so gewachsen, dass er nun die natürliche Führungsfigur in der Bürgerkoalition ist. Es sei daher schwer vorstellbar, dass er als Präsident, so wie Duda, die Anweisungen des Parteichefs befolgen würde, so Polityka. 

 

Sieci: Wer steht wirklich hinter Trzaskowski

Nur bei uns - wer steht wirklich hinter Trzaskowski. Mit diesem Titel lockt indes die nationalkonservative Wochenzeitung Sieci ihre Leser. Auf der Titelseite ist neben einem klatschenden Trzaskowski im Hintergrund und in düsteren Farbtönen Ex-Premierminister Donald Tusk mit Handy am Ohr abgebildet. Die Botschaft: Wenn hier einer eine Marionette sei, dann sei es Trzaskowski.

"Jahrelang war er ein Soldat der Bürgerplattform und hat die Anweisungen von Tusk befolgt", heißt es im Untertitel. "Jetzt beweist er, dass er bereit ist, sich in eine beliebige Farbe umzumalen. Und sendet Signale an Leute der alten Sicherheitsdienste." Im dazugehörigen Artikel stellt der Autor Marek Pyza Trzaskowski als langjährigen engen Mitarbeiter von Donald Tusk dar, der unter dem Vorwand, eine neue Bürgerplattform repräsentieren zu wollen, altbekannte und nicht unbedingt verdiente Gesichter in die Politik zurückholen wolle.

"Seine Ausbildung", zitiert Pyza einen Europaabgeordneten, der Trzaskowski persönlich kennt, "hat er in den USA absolviert, dank seinem Vater, der Jazzmusiker war. Man kann sagen, dass er ein amerikanisches Produkt ist. Er spricht sehr gut Englisch, hat Amerikanistik studiert. In den USA hat er in der Boheme Freunde gehabt, von der man sicherlich nicht sagen kann, dass sie konservativ ist. Gleichzeitig ist er in der Lage, sich in eine beliebige Farbe umzumalen. Ein fähiger Verstand, aber auch ein Mensch ohne Rückgrat", so der Informant des Wochenblattes.

Das, so der Autor weiter, würde auch die Probleme mit dem Programm von Trzaskowski erklären, das erst kurz vor der ersten Wahlrunde erschienen ist. Heute würde der Politiker der Bürgerplattform eine Antwort auf die Frage nach gleichgeschlechtlichen Ehen meiden, noch vor zwei Jahren habe er in einem Fernsehinterview zugegeben, dass er gerne der erste Warschauer Stadtpräsident wäre, der die Ehe eines homosexuellen Paares absegnen könnte. Und dies sei nur eine von vielen Inkonsequenzen. Von einem ehemaligen Bürgerplattformpolitiker, so Pyza, habe er sich sagen lassen, dass Trzaskowski auch ein Narzisst sei. Die Einladung von der Bilderberg-Gruppe, einem elitären Klub, der sich einmal jährlich in der Schweiz trifft, habe ihn also sicherlich gefreut. Die Ursprünge der Gruppe würden am Rande gesagt an die Entstehungsgeschichte der Freimaurer erinnern. Der Ablauf der Treffen sei absolut geheim. Genauso, wie (bis zum letzten Tag der Kampagne) das Wahlprogramm von Trzaskowski, so Marek Pyza im Wochenblatt Sieci. 

 

Autor: Adam de Nisau