Deutsche Redaktion

Kohle ohne Zukunft

09.09.2020 12:29
Der von der Regierung geplante schnellere Ausstieg aus der Kohleenergie ist ehrgeiziger als die ursprünglichen Annahmen und in einer Linie mit der EU-Politik in Bezug auf grüne Energien, beobachtet in der heutigen Ausgabe die konservative Rzeczpospolita. Außerdem geht es auch die größten Unterschiede zwischen den Wählern von Duda und Gegenkandidat Trzaskowski und die Hintergründe der neulichen Spannungen um den neuen deutschen Botschafter in Polen.
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Rzeczpospolita: Kohle ohne Zukunft

Der von der Regierung geplante schnellere Ausstieg aus der Kohleenergie ist ehrgeiziger als die ursprünglichen Annahmen und in einer Linie mit der EU-Politik in Bezug auf grüne Energien, beobachtet in der heutigen Ausgabe die konservative Rzeczpospolita. Laut Ökologen, so das Blatt, sei das Projekt jedoch realitätsfern, da kein endgültiges Datum für den kompletten Ausstieg aus der Verbrennung des schwarzen Rohstoffs benannt worden sei.

Von einem Ausstieg, so der Publizist des Blattes, Michał Niewiadomski, würden alle profitieren. Vor allem die Kumpel. So, wie vor 100 Jahren die Eigentümer von Kutschen gegen die Nutzung von Autos im Transport protestiert hätten, so Niewiadomski, so würden nun die Kumpel nicht nur gegen einen Ausstieg aus der Kohleenergie protestieren, sondern auch die Entstehung neuer Gruben fordern.

Dabei könnte paradoxal diese Berufsgruppe der größte Gewinner der Transformation sein. Falls die Regierung entschieden auf Kohle verzichtet, ein attraktives Programm für ehemalige Grubenarbeiter vorschlägt und das Energiesystem reformiert. Energie aus erneuerbaren Quellen, so der Autor, sei vor allem deutlich billiger als Kohleenergie und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sollte für jede Regierung höchste Priorität haben, unabhängig von den Parteifarben. Falls die Regierung also bei der Wende und der Unterstützung des EU-Ziels, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, zögere, werde sie de facto gegen die polnische Staatsräson handeln.

Polen, so Niewiadomski, könne einer der Spitzenreiter der Transformation sein, aber dafür seien Mut und Determination notwendig. Werde die Regierung diese während der nicht einfachen Gespräche mit den Kumpel-Gewerkschaften zeigen, fragt Niewiadomski.

 

Gazeta Wyborcza: Wichtigster Unterschied zwischen Wählern von Duda und Trzaskowski? Haltung zu LGBT

Der wichtigste Unterschied zwischen den Wählern von Andrzej Duda und seinem Herausforderer aus der Bürgerplattform Rafał Trzaskowski, sei das Verhältnis zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und LGBT, schreibt in der heutigen Ausgabe die linksliberale Gazeta Wyborcza. Wie aus Umfragen hervorgehe, würden die Meinungen der Wähler beider Politiker in diesem Thema mit einem Varianzwert von 0,74 am deutlichsten auseinanderdriften. An zweiter Stelle würden mit einer Varianz zwischen 0,64 und 0,60 das Einkommensniveau, die Religiosität, das Verhältnis zur Abtreibung, sowie die Ausbildung und Meinungen zur EU stehen. Andere Faktoren, wie Wohnort und Alter, hätten sich als weitaus weniger wichtig herausgestellt. Am Rande gesagt, so der Autor, sei es beschämend, dass in einem europäischen Staat, im XXI. Jahrhundert die Wahl zwischen Duda und Trzaskowski am stärksten damit korreliert, ob wir homophob seien, oder wenigstens teilweise die Rechte und Postulate von Vertretern der LGBT-Gemeinschaft akzeptieren würden. Die Rechte von LGBT-Vertretern seien ein unabdingbares Element der Demokratie. Er würde seine Analyse daher der polnischen Opposition widmen. Vor allem Rafał Trzaskowski und der von ihm gegründeten Bürgerbewegung “Neue Solidarität”, so Autor und Soziologe Andrzej Machowski in der Gazeta Wyborcza. 

 

Dziennik/Gazeta Prawna: "Deutsche haben Polen in Berlin erpresst"

Und noch eine Stimme zu den Spannungen um den neuen deutschen Botschafter in Polen Arndt Freytag von Loringhoven aus dem Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Bei der Berufung des neuen Botschafters sei Polen vermutlich erpresst worden, sagt in einem Interview mit der Zeitung der ehemalige Außenminister und Europaabgeordnete der Regierungspartei PiS Witold Waszczykowski. “Normalerweise”, so Waszczykowski, “ist die Regel, dass - falls es vom Gastgeberstaat innerhalb von drei Monaten keine Antwort auf eine Kandidatur gibt, der Staat, der die Kandidatur vorgeschlagen hat, diese noch einmal überdenkt und der betroffene Kandidat auf den Posten verzichtet.” Dann, so der Politiker, müsse der Gastgeberstaat sich nicht rechtfertigen. “Stille ist ein Negat, wie das Kreuz im Bridge. Jemand hat dazu auch zugegeben, dass vor zwei Wochen im Gymnich-Format in Berlin ein Gespräch der letzten Chance zu dem Thema stattgefunden hat”, so der Politiker.

Was habe dabei als Druck-Instrument gedient. Laut Waszczykowski das EU-Budget, die Energetik oder Handelsinteressen. Die deutsch-polnischen Beziehungen, so der Politiker, würden besonders im historischen Bereich Sensibilität erfordern. Mit Israel hätte sich Deutschland einen solchen Schritt nicht erlaubt, beobachtet Waszczykowski in Anspielung auf die enge Verwandtschaft des neues Botschafters mit einem Adjutanten von Adolf Hitler. 

 

Autor: Adam de Nisau