Deutsche Redaktion

Wird Polen belarussische IT-Spezialisten anziehen?

10.09.2020 12:36
Polens östlicher Nachbar sei ein führender und innovativer IT-Knotenpunkt in der Region, aber dieses Potenzial sei nun von Lukaschenka zerstört worden. Polen wolle daher Bedingungen für unterdrückte IT-Spezialisten schaffen, schreibt das Branchenmagazin Forsal.
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Rzeczpospolita: Ein Kolchosbauer in Zeiten des Internets

Die Rzeczpospolita schreibt über den Gräber des weißrussischen IT-Sektors, den Diktator Aleksandr Lukaschenko. Durch die Nachahmung Russlands, soll Lukaschenko versucht haben, sein eigenes Äquivalent zum amerikanischen Silicon Valley zu schaffen. Als sein Vorhaben schließlich in Form einer "Sonderwirtschaftszone" in der Nähe von Minsk gelang, habe er seinen Schöpfer Waleryj Zepkala entlassen. Die Präsidentschaftswahlen kamen und plötzlich nahm Zepkala, als Konkurrent von Lukaschenka an ihnen teil. Als der Diktator sich für siegreich erklärte, brachen im Land Proteste aus. In der Hauptstadt, heißt es weiter, seien junge und gut ausgebildete Fachleute des High-Tech-Sektors die treibende Kraft gewesen, die sich der tragischen Rückständigkeit ihrer Heimat bewusst seien. Menschen, die jederzeit von Minsk an die Bucht von San Francisco ziehen könnten, hätten ihre Heimat und ihren schnurrbärtigen Verwalter aus einer anderen Perspektive betrachtet. Ein Traktor, der das Feld pflügt, schreibt die Tageszeitung, sei ihnen nicht heilig.

Der Diktator wiederum, soll fest daran geglaubt haben, dass die Demonstrationen von ausländischen Mächten und ihren Geheimagenten provoziert wurden. Lukaschenka konnte seine eigenen Gespenster natürlich nicht fangen und habe sich an dem gerächt, was er niemals verstanden habe. Als erstes habe er alle Unternehmen vom Internet abgeschnitten, um den Demonstranten die Kommunikation zu erschweren. Später sollen auch Polizeirazzien gegen einzelne Unternehmen vorgenommen worden sein. Selbst Software-Ingenieure seien verhaftet worden.

Die Antwort darauf, schreibt die Rzeczpospolita am Schluss, sei dass weißrussische Unternehmen massenweise nach Kiew, Vilnius, Zypern und Kalifornien geflohen seien. Polen scheine, dem Blatt nach, für gebildete Weißrussen weniger attraktiv zu sein.

Forsal: Wird Polen belarussische IT-Spezialisten anziehen?

Zu den Chancen weißrussische Informatiker nach Polen zu holen, schreibt indes das Wirtschaftsportal Forsal. Polens östlicher Nachbar sei ein führender und innovativer IT-Knotenpunkt in der Region, aber dieses Potenzial sei nun von Lukaschenka zerstört worden. Polen wolle daher Bedingungen für unterdrückte IT-Spezialisten schaffen, schreibt Forsal und fügt hinzu, dass das Entwicklungsministerium bereits einen Hilfsplan für belarussische Unternehmen und IT-Fachleute vorbereitet habe. Es gehe darum, Startups zu unterstützen. Zunächst heiße es, dass innovative Unternehmen und IT-Spezialisten in Polen ein Paket von Erleichterungen erhalten sollen, wenn sie die Grenze überqueren. Das Online-Blatt betont allerdings, dass dieser Hilfsplan beschleunigt werden müsse, da Litauen, die Ukraine und Kasachstan ebenfalls um weißrussische Talente kämpfen, die vor dem Lukaschenka-Regime fliehen.

Heutzutage, so das Wirtschaftsblatt abschließend, sollen sich Technologieunternehmen bei der Auswahl eines Standortes für ihr Geschäft nach der Marktgröße, dem Zugang zu Finanzmitteln und Infrastruktur richten, die zwar Polens Trumpfkarte seien, aber analysiert werde auch das Ausmaß der Bürokratie. In diesem Fall habe Polen keinen Grund, stolz zu sein, lesen wir am Donnerstag auf Forsal.


Piotr Siemiński