Deutsche Redaktion

Polen fühlen sich Deutschen kulturell näher als Russen

14.09.2020 12:00
Laut einem Bericht glauben Polen, dass die Deutschen ihnen kulturell näher stünden als die Russen. Der Parteichef Jarosław Kaczyński spricht sich für einen aktiven Kampf gegen die LGBT-Ideologie aus. Dies und mehr in der heutigen Presseschau.
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Illustrationsbildshutterstock/Brian A Jackson

Forsal: Polen fühlen sich Deutschen kulturell näher als Russen

Das Wirtschaftsblatt Forsal hat am Montag auf seinen Seiten einen Bericht veröffentlicht, der das Ergebnis der Untersuchung zu den Stimmungen der Polen über Russland beschreibe. Die Studie wurde vom Zentrum für polnisch-russischen Dialog und Verständnis in Auftrag gegeben und an einer Stichprobe von über 1.000 Polen durchgeführt. Die polnisch-russischen politischen Beziehungen haben sich demnach auf einem relativ niedrigen Niveau stabilisiert, lesen wir. Der strategische Streit um die Vision und Zukunft der Region bestimme maßgeblich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Die aggressiven Aktivitäten Russlands auf dem Gebiet der historischen Propaganda, zitiert das Online-Blatt die Einleitung des Berichts, die seit mehreren Jahren hauptsächlich auf Polen abzielen, die anhaltenden feindlichen Gesten und Schritte, schaffen ein ungünstiges Klima für Veränderungen, lesen wir. Es werde zum Beispiel festgestellt, dass die Polen von all ihren sieben Nachbarn die Russen, in Bezug auf Gesellschaft und Kultur, als die am weitesten entfernte Nation betrachten. Die Deutschen stünden Polen in diesem Hinblick viel näher, lesen wir. Die Umfrage zeige auch, dass die Polen eher bereit seien, Deutsch als Russisch zu lernen. Auf der anderen Seite, heißt es weiter, seien die Tschechen und Slowaken den Polen am nächsten. Der Bericht weise aber auch auf eine Dualität in der Haltung der Polen gegenüber Russland als Staat und gegenüber gewöhnlichen Russen hin. Polen verbinden demnach negative Assoziationen vor allem mit dem Begriff "russische Außenpolitik". Die Befragten sollen hierbei am häufigsten an Imperialismus, Expansion und Aggression gedacht haben. Eine untrennbare Verbindung seien hierbei auch Propaganda, Lügen und Manipulationen, stelle der Bericht des Weiteren fest. In einem anderen Abschnitt werde allerdings auch festgestellt, lesen wir am Schluss über die Schlussfolgerungen aus dem Bericht, dass das Merkmal, das die Polen dazu bringe, Russland viel positiver und neugieriger zu betrachten, sein touristischer Wert sei. Für 71 Prozent der Befragten sei Russland ein sehenswürdiges Land, nur 17 Prozent seien anderer Meinung, lesen wir auf Forsal.


wSieci: Wer nicht gekämpft hat, hat verloren

In einem Interview für das Wochenmagazin "Sieci" indes, spricht sich Jarosław Kaczyński u.a. über seine Weltanschauung zu aktuellen Brennpunkten in Polen aus. Der PiS-Vorsitzende glaube demnach, dass diejenigen, die nicht für höhere Werte gekämpft hätten - und in Europa gebe es viele Beispiele dafür - verloren haben. Kaczyński versichere daher, dass er gegen das, was er als Bedrohung für die Grundlagen der Zivilisation betrachte, nicht verlieren werde. Irland, so Kaczyński, sei vor kurzem noch ein so katholisches Land gewesen sei wie Polen. Heute aber sei es eine katholische Wüste mit zügelloser LGBT-Ideologie, lesen wir. Wie will Kaczyński einem solchen Schicksal entgegenwirken? Vor allem mit Überzeugungsarbeit und Überredungskunst, überzeugt der Parteivorsitzende, damit die Menschen nicht verrückt werden und eine radikale Abweichung von der Norm nicht für selbstverständlich halten. Seiner Meinung nach, werde versucht Menschen einzureden, dass dies normal sei, aber in Wirklichkeit den vollständigen Zerfall der sozialen Grundlage und Abfolge von Generationen bedeute. Diese sollen zuvor auf der Grundlage des Christentums in der materiellen und spirituellen Dimension entstanden sein, die den Fortschritt und die Entwicklung einer Kultur ermöglicht haben, lesen wir im Wochenblatt. Jarosław Kaczyński fügt hinzu, dass in den Lehrplänen der Schulen genau diese Werte verteidigt werden müssen. Seiner Meinung nach gebe es nämlich Kreise, die eine Gesellschaft ohne Identität bräuchten, eine Konsumenten-Gemeinschaft, die Geld und Macht verleihe. Für solche Kreise, lesen wir, seien alle permanenten Strukturen, die auf Gruppenidentitäten basieren, wie Staaten und Religionsgemeinschaften, ein Hindernis, glaubt der PiS-Präsident. Gegenwärtige Angriffe durch Randalierer, Entweihungen von katholischen Denkmälern und Provokationen seien, Kaczyński nach, in den Augen einiger auch ein Vorwand, um Polen viel Geld wegzunehmen, das von der Regierung im Rahmen des EU-Haushalts ausgehandelt wurde. Der Vorwurf der Homophobie oder sogar Transphobie, stellt der Parteichef abschließend fest, klinge heutzutage daher beinahe schon wie der Vorwurf zum Nationalsozialismus zu gehören. - Wir haben nichts mit dem einen oder anderen zu tun, aber wir haben das Recht, die Grundlagen unserer Zivilisation zu verteidigen - betont Kaczyński als Fazit im Gespräch mit dem Wochenblatt wSieci.


Rzeczpospolita: Religiöse Leere

In dem Tagesblatt schreibt Marek A. Cichocki hingegen, dass nach dem Fall des Kommunismus die Ansicht weit verbreitet gewesen sei, dass das nächste Jahrhundert die Zeit der Religion sein würde. Bisher gebe es jedoch keinen Hinweis darauf, glaubt der Autor, dass sich diese Vorhersagen erfüllen werden. Im Fall des Westens, lesen wir, hätten wir es seit einem Jahrzehnt mit einer immer stärkeren Abkehr von der Religion zu tun. Diese Regression der Religiosität unter den Europäern, auch in Polen, sollte gut überdacht werden, überzeugt der Autor. Dieser Prozess finde nämlich gleichzeitig in einem bestimmten politischen und sozialen Kontext für Europa statt. Selbst das Aufkommen eines nationalen, konservativen Populismus in vielen Ländern, als Reaktion auf die Globalisierung und den Liberalismus, habe die religiösen Einstellungen von Menschen überhaupt nicht gestärkt, stellt Cichocki fest und glaubt, dass dies sehr wichtige Informationen für die polnische Rechte seien, die glaube, dass Politik kulturelle Trends verändern könne. Selbst in Zeiten der Unsicherheit und Gefahr, heißt es des Weiteren, habe sich herausgestellt, dass Menschen sich nicht der Religion zuwenden. Sogar die Pandemie habe bewiesen, wie hartnäckig religiöse Gleichgültigkeit in vielen europäischen Gesellschaften sei. Warum sollte uns dieses Problem beschäftigen, fragt der Autor abschließend? Die Zukunft der europäischen Zivilisation, glaubt Cichocki, ohne tief in ihrer spirituellen Grundlage verwurzelt zu sein, werde im Zusammenstoß mit anderen konkurrierenden Zivilisationen, vor allem mit Chinas globalen Ambitionen, ungewiss. Ohne unser eigenes Bild vom Menschen und der Welt, das ein direkter Ausdruck religiöser Überzeugungen sei, lautet Cichockis Fazit in der Rzeczpospolita, könnten unsere Institutionen und Werte vollständig zusammenbrechen.

ps