Deutsche Redaktion

Tierschutz wichtiger als Rechte ungeborener Kinder?

18.09.2020 13:30
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Rzeczpospolita: Krafttest in der Rechten

Das Gesetz zum Tierschutz und der sog. Straflosigkeit von Beamten, die im Rahmen des Kampfes gegen COVID-19 u.a. Verluste für die Staatskasse verursacht haben, habe eine stürmische Debatte im Sejm und eine Krise in der Regierungskoalition hervorgerufen. Zu diesem Schluss kommt die Rzeczpospolita am Freitag. Während der Nacht von Donnerstag auf Freitag haben Abgeordnete der Regierungsfraktion Solidarisches Polen gegen die PiS gestimmt. Bis zu den letzten Stunden vor der Abstimmung über das Tierschutzgesetz, lesen wir, habe die Regierungspartei versucht die Einstimmigkeit zwischen Parteimitgliedern und der gesamten Vereinigten Rechten zu erzwingen. Letztendlich sei das Gesetz gegen 1 Uhr morgens verabschiedet worden. 38 PiS-Abgeordnete sollen allerdings auch dagegen gestimmt haben. Alle Mitglieder der Solidarisches Polen waren dagegen, und 15 Abgeordnete der konservativ-liberalen Fraktion Verständigung haben ihre Stimme enthalten. Politiker der Bürgerkoalition und der Linken sollen das Tierschutzgesetz unterstützt haben. In der heiklen Debatte, bemerkt die Tageszeitung, sei die Abstimmung über die sog. Straflosigkeit von Beamten ebenso wie die Abstimmung über die Wahl des Bürgerrechtsbeauftragten letztendlich von der Tagesordnung gestrichen worden. Gesprächspartnern des Blatts aus der PiS nach, soll Parteivorsitzender Jarosław Kaczyński über die Situation in der Vereinigten Rechten gesagt haben, dass "der Schwanz nicht mit dem Hund wedeln dürfe". Diese Feststellung, so die Rzeczpospolita, soll einen donnernder Applaus der Versammelten ausgelöst haben. Kaczyński soll zudem angekündigt haben, dass er eine volle Unterstützung für das Projekt im Sejm erwarte. Andernfalls könnten widerwillige Regierungspolitiker ihre Posten verlieren. Der stellvertretende Sprecher des Sejm wiederum soll erklärt haben, dass weitere Gespräche über den Wiederaufbau der Regierung ohne Koalitionspartner stattfinden könnten. Möglich wären sogar, heißt es weiter, frühere Wahlen. Die gestrige Abstimmung, lesen wir, habe auch den ersten ernsthaften Streit in der PiS selbst ausgelöst. Wie die Rzeczpospolita erfahren habe, sollen bereits zahlreiche Signale von Wählern aus ländlichen Gebieten eingeflossen sein, die von der PiS-Idee sehr verwirrt und irritiert sein sollen. Zwei besonders umstrittene Regelungen, heißt es am Schluss, seien das Verbot der Zucht von Pelztieren und die starke Einschränkung des rituellen Schlachtens in Polen. DoRzeczy: Tierschutz wichtiger als Rechte ungeborener Kinder?

Dziennik Gazeta Prawna: Rechte für Tiere, Knüppel für Abgeordnete

Dziennik Gazeta Prawna schreibt indes am Freitag, dass die polnischen Gesetzgeber, auch wenn sie etwas Gutes tun wollen, im Endeffekt etwas Schlechtes machen. Das verabschiedete Tiergesetz sei das beste Beispiel dafür. Der Sejm habe zwar eine gutgewillte Änderung des Tierschutzgesetzes durchgesetzt, aber - auf empörende Weise. Zu Beginn stellt der Autor, Patryk Słowik, vorab klar, dass er nicht bewerte, ob die Änderungen im Gesetz gut oder schlecht seien. Er konzentriere sich ausschließlich auf die Art und Weise, wie der Sejm die Gesetze verabschiedet habe. Demnach wurde dem Sejm, lesen wir, ein Gesetzesentwurf vorgelegt. Daher wurden öffentliche und staatliche Konsultationen von vorn herein unterlassen. Einige Minister hätten zugegeben, so der Autor, dass sie erst erfahren hätten, was in der Gesetzesvorlage enthalten sei, nachdem sie dem Sejm vorgelegt worden war. Dann soll die parlamentarische Lokomotive erst richtig in Schwung gekommen sein. Die Gegner des Gesetzes sollen nicht zur Sitzung des Parlamentsausschusses zugelassen worden sein, so dass sie nicht einmal versuchen durften, die Abgeordneten von ihren Argumenten zu überzeugen. Während der Kommissionssitzung selbst soll so schnell gehetzt worden sein, dass die Änderungsanträge zuerst abgestimmt und dann erst gedruckt und den Parlamentariern zugestellt wurden. Bei der anschließenden Abstimmung im Sejm, heißt es weiter, seien die Rechte einiger Abgeordneter ignoriert worden, die evtl. Einwände äußern wollten. Kurz gesagt, stellt Słowik fest: Der Sejm wurde zu einer Abstimmungsmaschine gemacht, bei dem alle Standards des Gesetzgebungsprozesses völlig ignoriert worden seien. Und was am meisten überrasche, wundert sich der Autor, 356 Sejm-Mitglieder hätten einen solchen Prozess unterstützt. Sie könnten also genauso gut, lautet Patryk Słowiks Fazit für die DGP, auf diese Weise die Verfassung ändern. Er wüsste nur noch nicht, ob er lachen oder weinen solle, dass polnische Parlamentarier dies noch nicht getan haben.

DoRzeczy: Tierschutz wichtiger als Rechte ungeborener Kinder?

Die Regierungspartei PiS habe ein extrem linkes Gesetz zum Tierschutzgesetz durchgesetzt, schreibt indes die rechtskonservative Zeitung DoRzeczy und stellt fest, dass ungeborene Kinder sich nicht auf das Mitgefühl der Abgeordneten verlassen könnten. Diese machtlosen und unschuldigen Geschöpfe, so das Blatt, seien derzeit die am stärksten diskriminierte Gruppe in Polen. Das Gesetz zu ihrem Schutz soll im Sejm schon seit mehr als 1000 Tage warten. Und dies sei das wahre Problem, lesen wir. Das Online-Portal des Wochenblatts weist darauf hin, dass Katholiken zwar den Tiermissbrauch nicht gutheißen könnten. Aber die Soziallehre der Kirche mache deutlich, heißt es des Weiteren, wen Gläubige zuerst verteidigen sollten. DoRzeczy betont, dass das Projekt von der liberalen Bürgerkoalition und der Linken unterstützt wurde. Hand in Hand mit der extremen Linken zu gehen und ihre Postulate umzusetzen, sei ein großer Imageverlust für die Partei Recht und Gerechtigkeit, heißt es am Schluss.

ls