Deutsche Redaktion

Virus macht Regierung Strich durch die Rechnung

06.10.2020 13:11
Das Virus hat nun auch die polnischen Regierungspolitiker erreicht. Außerdem geht es auch um die Frage, wie die Anwesenheit von PiS-Chef Kaczyński die Macht der miteinander rivalisierenden Fraktionen in der Regierung beeinflussen wird und um beunruhigende Signale aus den polnischen Krankenhäusern.
Przemysław Czarnek
Przemysław CzarnekPAP/Wojtek Jargiło

Rzeczpospolita: Virus macht Regierung Strich durch die Rechnung

Das Virus hat nun auch die polnischen Regierungspolitiker erreicht. Nach der Information über das positive Testergebnis des für den Posten des Bildungs- und Hochschulministers nominierten Przemysław Czarnek und des Vize-Sejmmarschalls Piotr Zgorzelski aus der Bauernpartei PSL stehe die polnische Politik Kopf, schreibt in ihrem heutigen Aufmacher die konservative Rzeczpospolita. Die geplante Vereidigung der Minister sei abgeblasen worden, lesen wir, und alle, die mit Czarnek Kontakt hatten, müssten auf Quarantäne, darunter Vize-Premier Jacek Sasin und der Kandidat für den Posten des Kabinettschefs von PiS-Chef Jarosław Kaczyński Michał Moskal, der Chef der Kanzlei des Premierministers Michał Dworczyk und der bisherige Bildungsminister Dariusz Piontkowski. Auch im Sejm sei die Situation kompliziert, da die Abgeordneten die strikten Abstandsregeln, unter anderem zur maximalen Zahl von Personen, die auf einmal im Plenarsaal sitzen dürfen, nicht befolgt hätten. Daher werde eine Verschiebung der für diese Woche geplanten Parlamentssitzung immer wahrscheinlicher. 

Es sei schwer, die Appelle des Gesundheitsministers und der Sanitärbehörde Sanepid ernst zu nehmen, wenn man die Sorglosigkeit sehe, die die wichtigsten Politiker im Lande in Bezug auf die Epidemie an den Tag legen, schreibt dazu in seinem Autorenkommentar der Publizist Tomasz Pietryga. Wenn die Politiker mit ihrem Verhalten auf Schritt und Tritt signalisieren würden, dass man, Pandemie hin oder her, doch irgendwie leben müsse, dann dürfe man sich auch nicht über die Menschenmassen auf den Stränden, in Parks und Restaurants wundern. Den Ministern müsse man natürlich Gesundheit wünschen, aber auch Ernüchterung, damit sie dieser Angelegenheit künftig mehr Energie widmen. Denn genau das würden die Polen heute erwarten, so Pietryga in der Rzeczspospolita. 

Rzeczpospolita: Noten für das neue Kabinett

Die Zeitungen kommentieren auch die Zusammensetzung der neuen Regierung sowie die Effekte des neuesten Umbaus des Kabinetts Morawiecki. 

So würden, laut der Rzeczpospolita von allen Ministern des neuen Kabinetts, Justizminister Zbigniew Ziobro (49,4 Prozent der Befragten) und PiS-Chef Jarosław Kaczyński (42,6 Prozent der Befragten) von den Bürgern am schlechtesten bewertet. Die meisten positiven Bewertungen (43,2 Prozent) habe Regierungschef Mateusz Morawiecki erhalten, dicht gefolgt von Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak (39,2 Prozent) und dem neuen Gesundheitsminister Adam Niedzielski (38,3 Prozent). PiS-Chef Kaczyński sei mit 38 Prozent positiven Stimmen gleich hinter dem Podium gelandet, so Rzeczpospolita.

Dziennik/Gazeta Prawna: PiS-Chef wird Minister und Premier einschränken

Wie wird sich der Einzug von PiS-Chef Kaczyński in die Regierung auf die Einflüsse von Premierminister Mateusz Morawiecki und Justizminister Zbigniew Ziobro auswirken? Laut einer Umfrage, die das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna in Auftrag gegeben hat, werde die Anwesenheit des PiS-Vorsitzenden in der Regierung beide miteinander rivalisierenden Politiker schwächen, den Justizminister allerdings stärker als den Regierungschef. 38,7 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Ziobro durch die Änderung an Macht verlieren werde. Bei Morawiecki sind es 34,3 Prozent. Unter den PiS-Wählern würde interessanterweise die Meinung dominieren, dass die Anwesenheit von Kaczyński in der Regierung Kabinettschef Morawiecki sogar stärken werde, so Dziennik/Gazeta Prawna. 

Gazeta Wyborcza: Alarm in den Krankenhäusern

Den polnischen Krankenhäusern geht das Medikament Remdesivir aus, alarmiert in der heutigen Ausgabe die linksliberale Gazeta Wyborcza. Das Medikament sei, wie das Blatt erinnert, ursprünglich im Kampf gegen das Ebola-Virus eingesetzt worden und vieles deute darauf hin, dass es auch auf die Vermehrung des Coronavirus hemmend wirke und somit schweren Krankheitsverläufen vorbeugen könne. Nun würde das Mittel jedoch knapp werden und die Ärzte würden zunehmend sparsam mit ihm umgehen müssen. Das bedeute, dass nicht alle, die das Medikament eigentlich bräuchten, es auch erhalten würden. Und, dass es erst eingesetzt werde, wenn sich der Zustand des jeweiligen Patienten stärker verschlechtert habe, was wiederum die Behandlung weniger effektiv mache. Zudem deute alles darauf hin, dass die Produktion von Remdesivir nicht ausreichend sei, um die Bedürfnisse aller Kranken in der EU in den kommenden Monaten zu decken, so Gazeta Wyborcza. 

Autor: Adam de Nisau