Deutsche Redaktion

Polen bleibt für die USA wichtig

03.11.2020 10:27
Heute mit diesen Themen: Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten. Interview mit dem deutschen Botschafter Arndt Freytag von Loringhoven über die Errichtung eines Gedenkortes für die polnischen Opfer von Krieg und Besatzung und Frauenproteste werden fortgesetzt. 
Arndt Freytag von Loringhoven
Arndt Freytag von LoringhovenPAP/OMER MESSINGER

RZECZPOSPOLITA: Polen bleibt für die USA wichtig

In seinem Kommentar für die Tageszeitung Rzeczpospolita bezieht sich der Publizist Jerzy Haszczyński auf die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten. Er schlage vor, den Kampf zwischen Trump und Biden nicht als solchen zu bewerten, der dauerhaft über die Entwicklung der westlichen Zivilisation entscheiden werde, schreibt der Publizist. Unabhängig vom Ausgang der Wahl werde Polen den USA noch die USA Polen den Rücken kehren.

Der Sieg von Joe Biden könnte höchsten für ein zeitliche Verwirrung unter den Regierenden in Warschau sorgen. Zwar hätten Politiker der Regierungspartei nicht so entschlossen wie die Premierminister Ungarns oder Sloweniens Donald Trump unterstützt, doch die Visite des polnischen Staatspräsidenten im Weißen Haus und das Treffen mit Trump kurz vor der Präsidentschaftswahl in Polen könnten für gewisse Spannung in beiderseitigen Kontakten nach einem eventuellen Biden-Sieg sorgen.

Donald Trump habe Polen deutlich geholfen, urteilt der Publizist. Während seiner Amtszeit sei die Visumspflicht bei der Einreise in die USA für polnische Bürger aufgehoben worden. Trump sei es, der amerikanische Soldaten unter anderem nach Polen geschickt habe. Höchstwahrscheinlich genieße unter anderem deshalb der noch amtierende amerikanische Präsident eine relativ hohe Zustimmung an der Weichsel. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung  besage, dass Polen das einzige Land der EU sei, wo Trump ein besseres Ergebnis erzielen würde als sein Konkurrent Joe Biden. Sollte der Demokrat gewinnen, würde er aber die Visumspflicht nicht wieder einführen, er würde auch die amerikanischen Truppen aus Osteuropa nicht zurückziehen, schreibt Haszczyński. Alles deute darauf hin, dass Joe Biden sich der aktuellen Gefahren bewusst sei und die Sicherheit des östlichen Teils Europas auch für ihn von großer Bedeutung sei, lesen wir in Rzeczpospolita.

 

GAZETA WYBORCZA: Besondere Verantwortung

In einem Gespräch mit dem linksliberalen Blatt Gazeta Wyborcza sagt der deutsche Botschafter Arndt Freytag von Loringhoven, dass die Entscheidung über die Errichtung eines Gedenkortes für die polnischen Opfer von Krieg und Besatzung bereits vor langer Zeit hätte getroffen werden sollen. Der Diplomat bezieht sich somit auf die jüngste Abstimmung im Bundestag. Ende vergangener Woche haben sich die Bundestagsabgeordneten mit großer Mehrheit dafür entschieden, in Berlin an die polnischen Opfer zu erinnern. Bis auf die AfD haben alle Parteien für einen entsprechenden Antrag gestimmt. Geht es nach Loringhoven trage Deutschland besondere Verantwortung in Bezug auf Polen.

Als er sich auf seinen Dienst in Polen vorbereitet habe, sei ihm ein Zeitungsartikel von Konrad Schuller in die Hände geraten. Darin habe der Autor überzeugt, dass für viele Deutsche Polen – das Land und vor allem seine Geschichte – ein unentdecktes Thema seien. Der Mehrheit der Deutschen sei die tragische Geschichte ihres großen östlichen Nachbars völlig unbekannt, hieß es. Er könne es inzwischen bestätigen. Das Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit über die grausamen Verbrechen, die während des II. Weltkrieges begangen worden seien, sei beschämend niedrig, so Arndt Freitag von Loringhoven im Blatt Gazeta Wyborcza.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Weitere Blockaden

In mehreren polnischen Städten, unter anderem in Warschau, Kraków, Katowice und Wrocław, sei es gestern erneut zu Straßenblockaden gekommen, informiert die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Die Proteste habe der so genannte Landesweite Frauenstreik organisiert. In Warschau hätten die Demonstrierenden 10 wichtige Verkehrspunkte im Zentrum der Stadt blockiert. Die Demonstranten hätten sich danach vor dem Gebäude des Sejm getroffen. Der Proteste dauerte bis ca. 20 Uhr.

Die Straßendemonstrationen würden seit fast zwei Wochen in Polen unternommen. Der Auslöser sei das Urteil des Verfassungsgerichts gewesen, das eine von drei bislang geltenden Regelungen für eine Abtreibung als verfassungswidrig erklärt hatte. Das Urteil führte zu erheblichen Spannungen im Land. Die Regierungspartei habe in Folge einen enormen Verlust an Zustimmung verzeichnet.

Einer Erhebung, die das Blatt heute veröffentlicht, sei zugleich zu  entnehmen, dass die Akzeptanz für eine weitgehende Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes in Polen relativ niedrig sei. Die Umfrage würde zwar auf einen Generationswandel hindeuten: je jünger die Befragten, desto höher sei die Zustimmung für eine Abtreibung aus sozialen Gründen. Es handle sich hier aber um keine revolutionäre Veränderung. In der jüngsten Gruppe schwanke die Zustimmung für ein liberaleres Abtreibungsgesetz zwischen 27 und 33 Prozent und sei nur wenige Prozentpunkt höher als in den restlichen Gruppen, so Dziennik/Gazeta Prawna.

Jakub Kukla