Deutsche Redaktion

Hasser im Sakko

28.12.2020 10:36
Die letzten quasi-politischen Aktivitäten des ehemaligen polnischen Premierministers und Chefs des EU-Rates Donald Tusk nimmt die Tageszeitung Do Rzeczy in der Neujahrsausgabe unter die Lupe. Außerdem geht es auch um das hin und her zum Fortbewegungsverbot an Silvester und eine kleine Schach-Rennaissance an der Weichsel.
Donald Tusk ocenił, że Europa może wyjść z kryzysu bardziej zintegrowana
Donald Tusk ocenił, że "Europa może wyjść z kryzysu bardziej zintegrowana"PAP/Adam Warżawa

DO RZECZY: Hasser im Sakko

Die letzten quasi-politischen Aktivitäten des ehemaligen polnischen Premierministers und Chefs des EU-Rates Donald Tusk nimmt die Tageszeitung Do Rzeczy in der Neujahrsausgabe unter die Lupe. Schon der Titel des Kommentars – Hasser im Sakko – ist vielsagend. Noch vor kurzem habe man den ehemaligen Regierungschef als die größte Hoffnung der Opposition im Kampf mit der regierenden Partei PiS betrachtet, erinnert die Publizistin Kamila Baranowska. Bis zum letzten Moment hätten Politiker der oppositionellem Partei Bürgerplattform und die meisten Parteianhänger daran geglaubt, dass sich Tusk an dem Präsidentschaftswahlkampf beteiligen und den bisherigen Amtsinhaber Andrzej Duda besiegen werde. Nach langem Zögern habe er auf den Kampf jedoch verzichtet. Den Wahlkampf selbst habe Tusk aber dauernd auf Twitter kommentiert. Die Wahlkampagne des Favoriten Andrzej Duda habe er zum Beispiel als peinlich bis zum geht nicht mehr bezeichnet. Duda habe diese Kritik nicht ohne Antwort gelassen: „Sie hatten die Chance den politischen Kampf aufzunehmen. Sie haben es aber vorgezogen, sich hinter dem Rücken einer Frau, Małgorzata Kidawa-Błońska, zu verstecken. In meinem Milieu bezeichnet man eine solche Person als einen Feigling“ – habe Duda ebenfalls auf Twitter geantwortet.

Nach diesem Kommentar habe Donald Tusk eine weitere Polemik nicht mehr geführt. Es bedeute aber keineswegs, dass er sich aus der polnischen Politik zurückziehen möchte, schreibt die Publizistin weiter. Und erinnert an die Aussage des ehemaligen Regierungschefs von vor einigen Jahren. Als seine erste Partei auseinandergefallen war, versicherte Donald Tusk, er werde dennoch in der Politik bleiben. Ein Leben außerhalb der Politik könne er sich nur als Rentner vorstellen, hieß es damals. Es sei genauso wie mit einem Künstler, egal ob es sich um einen genialen oder talentlosen Künstler handle – ohne das Schaffen könne er nicht leben. Damit werde man geboren, damit sterbe man auch.

Heute habe der ehemalige EU-Ratspräsident keine Instrumente, um auf die polnische Politik direkten Einfluss zu nehmen. Deshalb sei er im Internet sehr präsent. Je kleiner aber sein Einfluss auf das politische Geschäft, desto aggressiver und radikaler seine Stellungnahmen im Netz. Diese Strategie scheine zugleich gewünschte Resultate zu bringen. In einer letzten Meinungsumfrage habe Donald Tusk 9 Prozentpunkte dazugewonnen, wenn es um Politiker geht, denen die Polen am meisten vertrauen. Dieser Trend scheine auch der Ambition des Politikers zu entsprechen, schreibt Baranowska abschließend. Geht es nach einem langjährigem engen Mitarbeiter von Tusk – Jan Rokita, sei es dem ehemaligen Regierungschef sehr viel an Anerkennung gelegen. Seine Ambition sei es, die Anerkennung der Medien, der Öffentlichkeit und der Welt zu genießen. Es sei eine moderne, popkulturelle Variante dessen, was man als Schlüssel zum Verständnis der Politik bezeichnen könne: des Drangs nach Ruhm, lesen wir in Do Rzeczy.

 

RZECZPOSPOLITA: Keine Polizeistunde

Die weiteren Beschränkungen, die die Bekämpfung der Pandemie beschleunigen sollen und die angekündigte landesweite Isolierung, die ab heute bis Mitte Januar funktionieren solle, hätten in den letzten Tagen zu emotionalen Diskussionen geführt, schreibt die Tageszeitung Rzeczpospolita. Besonders das Verkehrsverbot am Silvesterabend habe für emotionale Kommentare gesorgt. Politiker aber auch Juristen hätten erklärt, dass eine solche Lösung gegen die Verfassung verstoße. Ohne die Einführung eines Ausnahmezustands sei die Polizeistunde nicht legitim, hieß es. Polens Premierminister habe daraufhin erklärt, dass die Einführung eines Ausnahmezustands momentan nicht erforderlich sei. Die Lage sei unter Kontrolle und die letzten Regulierungen würden der Regierung und den Kommunen ausreichende Instrumente liefern, um die Lage weiterhin unter Kontrolle zu halten.

Bei eine gestrigen (Sonntag) Pressekonferenz, so Rzeczpospolita weiter, habe Premier Morawiecki doch noch nachgegeben und erklärt, dass die Regierung die umstrittene Polizeistunde nicht einführen werde. Der Regierungschef habe gleichzeitig appelliert, die Polen mögen am Silvester möglichst zu Hause bleiben und auf das Abfeuern von Wunderkerzen verzichten, so Rzeczpospolita.

 

PLUS MINUS: Objektives Spiel

Die siebenteilige Miniserie „Gambit królowej“ (deutsch: „Das Damengambit“), die auf dem gleichnamigen Roman von Walter Tevis aus dem Jahr 1983 basiert, gehört momentan zu den populärsten TV-Produktionen in Polen. Sie erzählt die Geschichte von Elisabeth Harmon, einer jungen Frau, die im Waisenhaus aufwächst, dort erstmals mit dem Schachspiel konfrontiert wird, und sich schnell als außergewöhnliches Talent entpuppt. Das außergewöhnliche Leben der jungen Frau hat zu einem wachsenden Interesse am Schachspiel beigetragen. Das königliche Spiel wird auch in den Medien präsenter. Und so veröffentlicht die Wochenzeitschrift Plus Minus ein Gespräch mit einem der besten Spieler der Welt, Großmeister Jan-Krzysztof Duda. Viele Menschen würden gute Schachspieler als hochbegabte Persönlichkeiten betrachten. Dies stimme zum Teil. Er würde aber sich selbst so nicht sehen. Dieses Spiel helfe, sehr nützliche Gewohnheiten und Eigenschaften zu trainieren: Demut, räumliche Intelligenz, perspektivisches Denken, die Verantwortung für eigene Entscheidungen. Man müsse sich aber auch bewusst sein, dass das Schachspiel sehr objektiv sei: die Niederlage schmerze besonders hart, weil man das Gefühl bekomme, dass der Gegner einfach ein intelligenterer Mensch sei, so Großmeister Jan-Krzysztof Duda in der Wochenzeitschrift Plus Minus.

Jakub Kukla