Deutsche Redaktion

Was wird er noch für Polen wiedergewinnen?

29.12.2020 13:43
“Was wird er noch für Polen wiedergewinnen”, fragt in ihrem Aufmacher in Bezug auf den Chef des staatlichen Energiekonzerns PKN Orlen Daniel Obajtek, der neulich mit der Übernahme der Mediengruppe Polska Press vom deutschen Eigentümer Schlagzeilen gemacht hatte, das nationalkonservative Wochenblatt “Sieci”. Und: Einblicke in das Leben des Klaviervirtuosen Rafał Blechacz.
Daniel Obajtek
Daniel ObajtekArtur BARBAROWSKI/East News

Sieci: Was wird er noch für Polen wiedergewinnen? 

“Was wird er noch für Polen wiedergewinnen”, fragt in ihrem Aufmacher in Bezug auf den Chef des staatlichen Energiekonzerns PKN Orlen Daniel Obajtek das nationalkonservative Wochenblatt “Sieci”. Obajtek und PKN Orlen hatten vor Kurzem landesweit mit der Ankündigung Schlagzeilen gemacht, die Verlagsgruppe Polska Press vom deutschen Eigentümer abkaufen zu wollen, die den Großteil der regionalen Tagesblätter in Polen kontrolliert. Unter anderem für diese Transaktion ist der Orlen-Chef von “Sieci” als “Mensch der Freiheit 2020” ausgezeichnet worden. 

In ihrem Gespräch mit Obajtek erinnern die Brüder Michał und Jacek Karnowscy an die kritischen Kommentare der linksliberalen Medien, die infolge der geplanten Übernahme der Mediengruppe durch einen staatlichen Konzern die Meinungsfreiheit im Lande gefährdet sehen. Obajteks Antwort: Sollten staatliche Unternehmen kein Recht darauf haben, was im Falle von privaten Konzernen als natürlich gelte? Große Konzerne in Polen und auf der Welt würden in diesem Bereich - ebenso wie PKN Orlen - ein Element sehen, das den Business-Kreislauf schließt und für die Überschreitung gewisser Barrieren in einer zunehmend digitalisierten Welt notwendig ist. Den Kunden erreichen, ihn überzeugen, bei uns einzukaufen und später bei uns zu bleiben - das sei der Schlüssel zum Erfolg. Als Unternehmen, so Obajtek, könne PKN Orlen nicht nur auf große internationale Internetkonzerne angewiesen sein, die schon mehrmals gezeigt hätten, dass sie ihre Macht zu nutzen wissen. Was würde man über seine Management-Fähigkeiten sagen, so der Vorstandschef, wenn er dieses Risiko nicht sehen würde? 

Gefragt danach, ob es sich also um Business oder doch um eine Repolonisierung handle, antwortet Obajtek: Beides. Erstens sei es eine Business-Entscheidung, auf die sogar die Börse positiv reagiert habe. Das ist das Wichtigste. Zweitens kaufe eine polnische Firma ein Medienunternehmen, das vorher in den Händen eines deutschen Eigentümers war. In Bezug auf Sorgen über die Meinungsfreiheit und journalistische Unabhängigkeit, betont Obajtek, Orlen sei sich bewusst, dass eine Verletzung von guten Praktiken sich gegen ihn wenden würde. Ihm liege es daran, dass die Medien von Polska Press unabhängig bleiben und die Redaktionen nicht von lokalen Umständen belastet sind. Wenn sich hinter die Redaktionen von Polska Press ein so solider Partner stellt, wie Orlen, dann werde das ihre Unabhängigkeit und Freiheit deutlich stärken, so Orlen-Chef Daniel Obajtek im Interview mit dem Wochenblatt “Sieci”. 

 

Newsweek: Variationen über Rafał Blechacz

In der Sonderausgabe zu Weihnachten und Neujahr porträtiert das linksliberale Wochenblatt Newsweek den polnischen Klaviervirtuosen und Gewinner des XV. Chopin-Wettbewerbs 2005 Rafał Blechacz mit einigen Episoden aus seinem Leben. 

Variation 1: Nach dem letzten Akkord des E-Moll-Konzerts von Chopin, hält es das Publikum nicht aus und beginnt zu klatschen, obwohl das Orchester noch die letzten Takte spielt. “Er hat das Konzert so gespielt, dass sofort klar war, dass er gewonnen hat”, erinnert sich die Vorsitzende der Danziger Chopin-Gesellschaft, die das Konzert beim XV. Chopin-Wettbewerb 2005 live miterlebt hat. Blechacz gewinnt das Konzert und alle zusätzlichen Preise. Zimerman lädt ihn nach Genf ein und bleibt danach viele Jahre lang sein Mentor. Unter anderen durch Zimermans Ratschläge studiert Blechacz Philosophie und schreibt eine Doktorarbeit über die Interpretation von Musik im Kontext der Phänomenologie. 

Variation II: Blechacz zeigt früh musikalisches Talent. Im Alter von vier Jahren spielt er Weihnachtslieder aus dem Gehör auf dem Klavier. Später kommen zahlreiche Musikschulen. “Schon nach ein paar Treffen begann etwas aus ihm zu fließen, womit ich vorher, trotz langer pädagogischer Praxis, nicht in Berührung gekommen bin. Alle meine Kommentare griff er sofort auf. Als ob er alles schon wissen würde und es nur vergessen hatte”, erinnert sich Professor Katarzyna Popowa-Zydroń, bei der er 5 Jahre vor dem Sieg beim Chopin-Wettbewerb lernte. 

Variation III: “Die Flügel in Hannover sind nicht besonders gut”, schreibt Blechacz auf seiner Internetseite. Für sein Konzert in Hannover nimmt er daher ein Instrument aus Hamburg mit, auf dem er seine Solo-Platten aufgenommen hatte. Und kehrt dann mit ihm nach Hamburg zurück, wo er ebenfalls konzertiert. Das Publikum, so Blechacz verdient es, dass Stücke auf ausgezeichneten Instrumenten präsentiert werden, und nicht dass man aufgrund des nicht idealen Zustands des Klaviers auf seine Interpretationsideen verzichtet. 

Variation IV: “Blechacz liebt schnelles Autofahren”, verrät Krzysztof Ziółkowski, ein danziger Musiker, der den Klavierspieler von Kind an kennt. Zu Konzerten in Europa fliegt er nie mit dem Flugzeug, sondern mit dem Auto - früher einem Japaner, jetzt mit einem deutschen Auto mit kräftigem Dreiliter-Motor. 

Variation V: 2014 gewinnt Blechacz den Gilmore-Preis. Eine Jury aus Musikologen, Kritikern und Orchester-Managern hatte vier Jahre lang insgeheim Konzerte von Pianisten aus aller Welt gehört und analysiert und den Preis Blechacz zuerkannt. 

Variation VI: 2016 nimmt  Blechacz eine einjährige Auszeit von Konzerten, um sich zu erholen. Eines der Ergebnisse ist die Zusammenarbeit mit der Geigerin Kim Bom-sori, mit der er 2019 eine gemeinsame Platte mit Werken von Faure, Debussy, Szymanowski und Chopin aufgenommen hat.


Autor: Adam de Nisau