Deutsche Redaktion

"Ende von Gowin, aber nicht unbedingt der Koalition"

11.08.2021 12:38
Eines der führenden Themen in der Presse ist die Demission von Vizepremier Jarosław Gowin und der damit verbundene und heute bestätigte Austritt der Partei “Porozumienie” aus der Regierungskoalition.
Wypij: zakładamy własne koło, uchwała zarządu zobowiązuje wszystkich posłów Porozumienia
Wypij: zakładamy własne koło, uchwała zarządu zobowiązuje wszystkich posłów PorozumieniaTomasz Waszczuk/PAP

Eines der führenden Themen in der Presse ist die Demission von Vizepremier Jarosław Gowin und der damit verbundene und heute bestätigte Austritt der Partei “Porozumienie” aus der Regierungskoalition. 

Gazeta Wyborcza: Ende von Gowin, aber nicht unbedingt der Koalition

Gowin, so der Publizist der linksliberalen Gazeta Wyborcza Paweł Wroński, habe vielleicht geglaubt, dass seine Anwesenheit in der Vereinigten Rechten diese irgendwie besser, zivilisierter, demokratischer und proeuropäischer machen wird. Wenn ja, so der Autor, dann habe er sich sehr geirrt. Die wichtigste Frage sei nun, wie viele von den neun Abgeordneten, die ihm von den 18 übrig geblieben seien, mit denen er die Amtszeit 2019 begonnen habe, heute noch seine Überzeugungen teilen. Und wie viele, für das so genannte Allgemeinwohl auf Seiten der PiS bleiben werden. Denn die Demission von Gowin bedeute zwar das Ende der Regierungskoalition mit der Gowin-Partei, müsse aber noch nicht das Ende der Koalition selbst bedeuten. Wie es weitergehen könnte, würden wir schon heute während der Parlamentsabstimmungen erfahren, so Paweł Wroński in der Gazeta Wyborcza.

Rzeczpospolita: Welche Druckmittel habe die PiS gegen Gowins’ Abgeordnete in Petto? 

Der Rauswurf des Vizepremiers aus der Regierung ist ein Versuch, die Parlamentarier vor der Abstimmung über das so genannte lex TVN und die Polnische Ordnung zu disziplinieren, beobachtet Jacek Nizinkiewicz von der Rzeczpospolita. Die Regierung stehe nach der Demission zwar noch. Doch wenn Gowins´ Abgeordnete sich als loyal erweisen, dann erwarte Polen eine Minderheitsregierung und was damit verbunden sei, eine Erosion der Macht. Denn die Regierungspartei werde die meisten der Gesetze der Polnischen Ordnung nicht verabschieden können. Vorgezogene Wahlen würden dann eine Frage der Zeit sein. Kaczyński, so der Autor, habe schon einmal versucht, die Koalitionspartner der PiS übers Ohr zu hauen. Nach dem Zerfall der Koalition PiS-Liga der Polnischen Familien-Selbstverteidigung habe er die nächsten Wahlen verloren und dann acht Jahre in der Opposition verbringen müssen. Wolle er eine Wiederholung dieses Szenarios, fragt Jacek Nizinkiewicz in der Rzeczpospolita. 

Rzeczpospolita: Protest gegen lex TVN

Der Redaktionskollege von Nizinkiewicz, Bogusław Chrabota appelliert in seinem Kommentar indes an die Abgeordneten, gegen das so genannte TVN-Gesetz zu stimmen. Eine Verabschiedung der Novelle würde die polnischen Prinzipien und Allianzen untergraben, die öffentliche Meinung polarisieren und einen weiteren heftigen Konflikt nach sich ziehen. Wenn tatsächlich eine Präzisierung der Vorschriften zu Rundfunk und Fernsehen notwendig sei, um den polnischen Markt vor feindlichen Übernahmen zu schützen, so Chrabota, dann könne man solche Änderungen im Rahmen von professionellen Konsultationen durchführen, in denen die Rundfunkbetreiber und die ausländischen Partner mit Respekt behandelt werden. Jede andere Handlung werde als Attacke gegen die Meinungsfreiheit gelten. Für die polnische Demokratie und Wirtschaft wäre dies eine Rückkehr zu Standards, an die wir uns heute mit Beschämung erinnern, so Bogusław Chrabota in der Rzeczpospolita. 

Niezależna.pl: Haftbefehl gegen ehemaligen Stasi-Offizier

Und das nationalkonservative Informationsportal niezależna.pl berichtet über einen internationalen Haftbefehl gegen einen ehemaligen Stasi-Offizier, der 1974 einen polnischen Bürger erschossen hatte. Manfred N. stehe unter Verdacht, Czesław Kukuczka auf dem Grenzübergang Friedrichstraße in Ostberlin in den Rücken geschossen zu haben, um eine Überschreitung der Grenze durch den Feuerwehrmann aus Jaworzno zu verhindern. Kukuczka ist kurz nach dem Schuss im Krankenhaus gestorben. In dem offiziellen Stasi-Bericht, lesen wir, sei von Selbstverteidigung die Rede. Kukuczka, so die offizielle Version, soll eine Waffe gezückt haben und der Stasi-Offizier habe seine Kollegen und sich selbst schützen wollen. 

Die deutsche Polizei, ergänzt in der heutigen Ausgabe Rzeczpospolita, habe bestätigt, dass Manfred N. noch am Leben sei und in einem der östlichen Bundesländer wohne. Nach seiner Festnahme werde er des Mordes angeklagt werden, so das Blatt.

Autor: Adam de Nisau