Deutsche Redaktion

USA bitten Polen um Hilfe

17.08.2021 14:00
Führendes Thema ist auch in der polnischen Presse die Situation in Afghanistan. 
Chaos na lotnisku w Afganistanie
Chaos na lotnisku w AfganistaniePAP/EPA/STRINGER

Dziennik/Gazeta Prawna: USA bitten Polen um Hilfe

Noch vor dem Fall von Kabul haben die USA die polnische Regierung um die Aufnahme von sogar drei Tausend Afghanen gebeten, deren Leben im Zusammenhang mit der Offensive der Taliban gefährdet ist, schreibt in der heutigen Ausgabe das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Dabei, so das Blatt, handle es sich mehrheitlich um Dolmetscher und Mitarbeiter der US-Streitkräfte. Polen sei auf eine so große Zahl nicht vorbereitet. Warschau habe die Initiative daher mit Reserve aufgenommen. Derzeit würden jedoch unterschiedliche Varianten analysiert. Laut Regierungsplänen sollen vor allem Mitarbeiter der polnischen Diplomatie und des polnischen Militärs in Sicherheit gebracht werden. Als zweite würde man diejenigen qualifizieren, die für die Amerikaner gearbeitet hätten. Premierminister Mateusz Morawiecki, lesen wir, habe zwar versichert, dass Polen allen helfen werde, die eine solche Hilfe wollen. Bis Sonntag seien jedoch nur 45 Humanitärvisa ausgestellt worden. Zusätzliches Problem sei, dass der einzige Fluchtweg aus Afghanistan über den von den Taliban kontrollierten Flughafen in Kabul führe, auf dem totales Chaos herrsche, so Dziennik/Gazeta Prawna. 

 

Gazeta Wyborcza: Evakuierung auf den letzten Drücker

Der Publizist der linksliberalen Gazeta Wyborcza, Bartosz Wieliński übt in seinem Kommentar scharfe Kritik an der Evakuierungs-Politik der Regierung. Wenn es darum gegangen sei, eine Propaganda-Show zu veranstalten, dann habe die PiS das größte Flugzeug der Welt organisiert - An-225 Mrija, das im April 2020 gefüllt mit, wie sich später herausstellte nutzlosen chinesischen Masken, feierlich von Premierminister Mateusz Morawiecki und Vizepremier Jacek Sasin auf dem Warschauer Flughafen empfangen worden sei. Im April 2021 sei mit Trompeten und Fanfaren ein schwer an Covid erkrankter polnischer Diplomat aus Indien evakuiert worden. Gestern habe der Regierungschef die “Evakuierung” der Familie von Botschafter Magierowski aus Israel angekündigt, dem die israelische Regierung von der Rückkehr nach Israel aus dem Urlaub abgeraten hatte. In Israel würde jedoch, im Unterschied zu Kabul, kein Krieg herrschen. Es hätte also gereicht, Flugtickets zu kaufen und den Transit auf den Flughafen bei Tel Aviv zu organisieren. Wenn es jedoch um die Evakuierung von einigen zig Personen aus Afghanistan gehe, die für das polnische Kontingent und die polnische Botschaft ihr Leben aufs Spiel setzen, habe sich die Situation plötzlich enorm kompliziert. Leider, so Wieliński, sei unter ihnen niemand, der in Verbindung mit den PiS-Politikern stehe. Ihre Evakuierung könne man auch nicht für innenpolitische Zwecke nutzen, da Kaczyński doch einst gewarnt habe, dass Flüchtlinge Bakterien und Parasiten übertragen. Daher die skandalös geringe Unterstützung in Form von 45 Humanitärvisa. Laut dem Auswärtigen Amt hätten die in Afghanistan lebenden Polen keine Evakuierung gewollt. Schließlich sei unter enormem Druck dann doch die Entscheidung gefallen, dass Polen ein Flugzeug schicken wird. Alle ernsthaften Staaten seien auf den Fall von Kabul viel früher vorbereitet gewesen und hätten sofort Flugzeuge geschickt. All das zeige die Ohnmacht der polnischen Diplomatie, die sich auf Auftritte von Vizeministern im Fernsehen beschränke, so Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza. 


Gazeta Polska Codziennie: Veto gegen Mediengesetz?

Und die nationalkonservative Gazeta Polska Codziennie berichtet über die Welle von Spekulationen zu einem eventuellen Veto des Staatspräsidenten gegen das umstrittene Mediengesetz, die die neulichen Aussagen von Andrzej Duda ausgelöst haben. Der Staatspräsident, erinnert das Blatt, habe am Wochenende betont, dass er darüber wachen wird, dass Polen seine Verpflichtungen einhält, darunter auch diejenigen, die aus bilateralen Verträgen resultieren. Seine Pflicht sei der Schutz der polnischen Demokratie und Verfassung, unterstrich der Staatspräsident und erinnerte daran, dass er in der Vergangenheit schon mehrmals Vetos gegen Gesetze der Regierung eingereicht hatte. Dabei, so das Blatt, werde das Mediengesetz auch nach einer eventuellen Verabschiedung kein Aus für in Polen schon funktionierende Medien bedeuten. Der Vorstand des oppositionsnahen Senders TVN habe, wie sich gestern herausstellte, im Juli eine holländische Konzession erhalten, und werde daher laut EU-Recht auch bei einer Nichtverlängerung der Konzession durch Polen weiter senden dürfen, so Gazeta Polska Codziennie.

 

Autor: Adam de Nisau