Deutsche Redaktion

"Die vergessenen Ideale"

31.08.2021 10:42
Pünktlich zum 41. Jahrestag des Danziger Abkommens fragt Jerzy Surdykowski in der Tageszeitung Rzeczpospolita, was von den alten Idealen der Solidarność-Bewegung geblieben sei. Ein bitterer Text.
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RZECZPOSPOLITA: Die vergessenen Ideale

Pünktlich zum 41. Jahrestag des Danziger Abkommens fragt Jerzy Surdykowski in der Tageszeitung Rzeczpospolita, was von den alten Idealen der Solidarność-Bewegung geblieben sei. Nicht viel, antwortet der Publizist kurz und bündig. Aus einem wunderbaren Traum seien die Polen in der neuen Wirklichkeit mit einem schmerzlichen Kater aufgewacht. Das wunderschöne Fräulein S., für das viele ihre Leben opfern würden, und für das auch einige ihr Leben tatsächlich geopfert hätte, habe sich schnell als ein zänkisches Weib offenbart. Ihre Jungfräulichkeit habe sie mit irgendjemand und irgendwo verloren. Die Bastille sei nicht zerstört worden, schreibt der Publizist weiter. Ehe sich die revolutionäre Menge in der neuen Wirklichkeit zurechtfinden konnte, hätten die listigsten in dem Gebäude eine Bank und ein Bordell installiert. Die Funktionäre des alten Regimes hätten es sich behaglich gemacht, während die Priester der besseren Zukunft erfahren mussten, dass auch die neue Wirklichkeit ungerecht sein könne. Vielleicht gäbe es heute eben aus diesem Grund so viele Enttäuschte und Beängstigte, deren Enttäuschung und Angst politische Hochstapler ausnutzen, urteilt Surdykowski in seinem bitteren Text.

Die Solidarność habe sich eine bessere Welt gewünscht, schreibt der Autor weiter. Der Traum sei schön gewesen, doch dann seien die Polen in einer ungerechten Welt aufgewacht und die Tatsache werde man nicht mehr verbessern können. Vielleicht sei die Solidarność nur eine neue Form der Utopie gewesen, vielleicht sei der Mensch im Stande nur 16 Monate in den Wolken zu schweben, danach müsse er zu seinem alltäglichen Dreck zurückkehren. In dem Spiegel habe er damals, in den 80 Jahren, viele Engel gesehen. Dieses Bild sei heute endgültig verschwunden. Rundherum sehe er lauter zerstrittene Menschen, die von den Idealen der 80er Jahre vergessen hätten. Deshalb kehre er zu den damaligen Ereignissen nur ungern zurück. Es tue weh, schreibt Jerzy Surdykowski.

In Polen jähren sich die August-Abkommen zum 41. Mal. Es waren Abkommen, die zwischen den Streikkomitees und der Regierung der Volksrepublik Polen im Sommer 1980 geschlossen wurden. Die Ereignisse vom Sommer 1980 haben zu Legalisierung der Opposition und zur Anerkennung der Gewerkschaft Solidarność geführt. Mehrere Monate später wurde dann in Polen das Kriegsrecht verhängt.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Afghanische Niederlage

Im Gespräch mit dem Blatt Dziennik/Gazeta Prawna nimmt Professor Zdzisław Krasnodębski Stellung zu der aktuellen Situation in Afghanistan. Den Rückzug der Amerikaner bewertet der Europaparlamentarier der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) als eine große Niederlage der USA. Als verfehlt habe sich der Versuch erwiesen, in Afghanistan eine stabile und demokratische Regierung aufzubauen. Dies zeuge von der Unfähigkeit des Westens seine Ideale auf andere Kontinente zu exportieren. Es sei darüber hinaus ein weiterer Beweis für die schwächelnde Kondition der Vereinigten Staaten. Es sei zugleich nicht die erste wichtige Niederlage der US-Politik in den letzten Jahren, man denken nur an Syrien oder Lybien, sagt Krasnodębski.

Der Rückzug zeige übrigens auch, so der Europaparlamentarier weiter, dass Joe Biden die Isolierungs-Politik seines Vorgängers werde fortsetzen wollen. Nur habe er in Afghanistan äußerst unbeholfen gehandelt. Die blitzschnelle Machtübernahme durch die Taliban sei ein Beweis dafür, dass sie sich einer breiten Unterstützung unter der Bevölkerung erfreuen würden. Der Fall der bisherigen afghanischen Regierung zeuge davon, dass ihre angebliche Wirksamkeit allein aus der militärischen Unterstützung der USA resultierte. Die Ereignisse in Asien seien keine gute Nachricht für Europa, meint Professor Krasnodębski abschließend. Das Vakuum nach dem Rückzug der Vereinigten Staaten werde sehr schnell von Russland und China gefüllt, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.

SUPER EXPRESS: Neues Schuljahr mit vielen Fragezeichen

Morgen beginnt in Polen das neue Schuljahr. Aus diesem Grund überlegt die Tageszeitung Super Express, ob das polnische Schulwesen auf die Rückkehr der Schüler in einer pandemischen Wirklichkeit vorbereitet ist. Polens Bildungsminister Przemysław Czarnek habe angeordnet, dass alle Kinder und Jugendliche, unabhängig davon, ob sie geimpft seien oder nicht, den Unterricht in den Schulgebäuden aufnehmen sollten. Geht es nach dem Ministerium, sei die Lage unter Kontrolle, man habe über 100 Millionen Zloty für Sicherheitsvorkehrungen ausgegeben.

Mit dieser Ansicht stimme Sławomir Broniarz, der Chef des Verbandes der Polnische Lehrer nicht überein. Gehe es um die Infrastruktur, seien die Schulen während der Sommerferien tatsächlich renoviert worden. Die Tatsache aber, dass man die Wände frisch gestrichen habe, sei zu wenig. Die Corona-Gefahr verursache, dass es viele Fragen gäbe, auf die das Ministerium bislang nicht geantwortet habe, zum Beispiel, ob es einen Plan B gäbe, sollte eine weitere Covid-Welle Polen erreichen, sagt Broniarz im Blatt Super Express.


Jakkub Kukla