Deutsche Redaktion

EU-Kommision auf Kriegsfuss mit Polen

08.09.2021 10:31
Die EU-Kommission beantragt beim Europäischen Gerichtshof Sanktionen gegen Polen und leitet ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren ein.
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RZECZPOSPOLITA: EU-Kommission auf Kriegsfuss mit Polen

Die EU-Kommission beantragt beim Europäischen Gerichtshof Sanktionen gegen Polen und leitet ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren ein. Hintergrund ist der zuletzt immer offensiver ausgetragene Streit um rechtsstaatliche Prinzipien. Die polnische Regierung hat zwar angekündigt, die umstrittene Disziplinarkammer am Verfassungsgericht  abzuschaffen, lässt sie aber bislang weiter arbeiten. Die EU sieht darin einen Verstoß gegen europäisches Recht. Und deshalb drohen Polen jetzt Strafzahlungen in vier- bis sechsstelliger Höhe pro Tag.

Der polnische Europaparlamentarier Jacek Saryusz-Wolski hat in einem Interview für die Zeitung Rzeczpospolita Stellung zu den Drohungen der Europäischen Kommission bezogen. Es sei ein Krieg, meint der Politiker. Ein Krieg nicht gegen die polnische Regierung, sondern gegen das Land als solches. Man versuche Polen ohne Grund und gegen aktuelles Recht zu bestrafen. Dabei werde sowohl gegen die polnische Verfassung als auch gegen europäische Traktate verstoßen, meint Saryusz-Wolski. Geht es nach dem Politiker, sei die Höhe der drohenden Strafen zweitrangig. In erster Linie gehe es darum, dass die EU-Kommission den Europäischen Gerichtshof instrumentalisiere, um die Kompetenzen eines konkreten Mitgliedsstaates zu übernehmen. Somit werde die Souveränität Polens infrage gestellt. Eine Einigung könne sich Jacek Saryusz-Wolski momentan nur schwer vorstellen. Man habe einen Punkt erreicht, an dem es schwer sei, einen Schritt zurück zu machen.

In den Handlungen der Europäischen Kommission sehe der Politiker einen gezielten Versuch, Polen an den Pranger zu stellen. Dabei kämpfe gerade Polen um die Integrität der Europäischen Union. Warschau appelliere um die Einhaltung der europäischen Traktate, gegen die die EU-Kommission zu verstoßen versuche. In ihren Ursprüngen habe man sich die EU als eine Gemeinschaft unabhängiger Staaten vorgestellt. Jetzt habe man mit der Hegemonie einiger Länder zu tun, die die restlichen Mitglieder der Gemeinschaft unter Druck setzte und ihnen konkrete ideologische und politische Lösungen aufzuzwingen versuchen, findet der Europaabgeordnete Jacek Saryusz-Wolski in der Rzeczpospolita.


GAZETA POLSKA CODZIENNIE: Russisches Szenario

Man sehe es genau, dass in Moskau und in Minsk Szenarien vorbereitet worden seien, die die polnische Souveränität gefährden – die Aussage des polnischen Premierministers zitiert die Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie.  In seiner Rede vor dem Parlament habe der Regierungschef die Spannungen an der polnischen Grenze zu Belarus gemeint. Der Andrang an die östliche Grenze Polen lasse nicht nach, erklärte der Politiker. Allein in den letzten 24 Stunden habe man über 150 Menschen aufgehalten, die das Territorium der Europäischen Union illegal zu betreten versuchten. Diese Menschen hätten polnische Grenzschützer an ihrem Plan verhindert. Dennoch gehe aus Informationen des polnischen Geheimdienstes hervor, dass sich auf dem belarussischen Gebiet weitere 10 Tausend Migranten befinden würden, die künftig an den Grenzen erscheinen könnten, mit der Absicht nach Polen zu kommen, fügte der Innenminister Mariusz Kamiński hinzu.

In dieser Situation appellierte der Regierungschef an die Opposition, die politische Streitereien beiseite zu legen und sich auf den Sicherheitsfragen zu konzentrieren, lesen wir in Gazeta Polska Codziennie.


DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Aus der Regierung in die Opposition?

Der ehemalige Vizepremierminister Jarosław Gowin habe nach langwierigen Streitereien vor einiger Zeit die Regierungskoalition verlassen. Nun trete er immer wieder in den Medien auf, und kritisiere aufs Schärfste seine ehemaligen Kollegen aus den Regierungsreihen. Diese aber versuchen es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen, lesen wir in der Tageszeitung Super Express. In einem Gespräch mit dem Blatt sagt sein ehemaliger Parteikollege, dass dieser ein Komplott gegen die Regierung schmiede. Gowin, einst Chef einer kleinen Gruppierung, die Teil der Regierungskoalition war, befinde sich nun, nach Ansicht von Marcin Ociepa, auf Seiten der oppositionellen Gruppierungen. Gowin werde alles tun, um die aktuelle Regierung zum Fall zu bringen.

Er selbst handle loyal gegenüber der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Anders als sein ehemaliger Chef bleibe er seinen Prinzipien treu, deklariert Marcin Ociepa. Er hoffe, dass es in Polen weiterhin eine konservative und zentralistische Regierung geben werde. Vor Gowins Seitenwechsel habe er mit ihm noch gesprochen, unterstreicht Ociepa. Er habe ihm erklärt, dass die Zusammenarbeit mit der Kaczyński-Partei Recht und Gerechtigkeit ab und zu zwar schwierig und unbequem sein könne, letztendlich sei es aber die einzige Alternative für eine links gefärbte Regierung. Eine solche Regierung könnte entstehen, sollte der ehemalige Premierminister und EU-Ratspräsident Donald Tusk die kommenden Parlamentswahlen gewinnen, lesen wir in Super Express.

Jakub Kukla