Deutsche Redaktion

Fakt: Kaczyńskis Bluff könnte sich gegen ihn wenden

16.09.2021 11:50
Wie das Boulevardblatt Fakt am Donnerstag schreibt, habe der Parteichef der regierenden Konservativen, Jarosław Kaczyński, vor kurzem versichert: Es werde kein Polexit geben, und schon allein diese Behauptung sei reine Propaganda. 
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zdjęcie ilustracyjneAlexandros Michailidis/shutterstock

Fakt: Kaczyńskis Bluff könnte sich gegen ihn wenden

Wie das Boulevardblatt Fakt am Donnerstag schreibt, habe der Parteichef der regierenden Konservativen, Jarosław Kaczyński, vor kurzem versichert: Es werde kein Polexit geben, und schon allein diese Behauptung sei reine Propaganda.

Eine Abfolge von Ereignissen, die zu einer solchen Entscheidung führen könnte, sei jedoch möglich, lesen wir, zumal nach Ansicht des ehemaligen PiS-Politikers Ludwik Dorn, der jetzt auf der Seite der Opposition steht, der Handlungsspielraum von Kaczyński immer kleiner werde. Im Streit um die Beziehungen zur EU, soll Dorn erinnern, habe Justizminister Zbigniew Ziobro paradoxerweise mehr Recht gehabt als Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, der alles auf ständige Verhandlungen mit Brüssel gesetzt habe. Es sei nämlich Ziobro gewesen, der gewarnt habe, dass die Finanzmittel des Europäischen Konjunkturprogramms genutzt werden könnten, um Druck auf die polnische Regierung auszuüben. Jetzt kündige die Europäische Kommission nicht nur Sanktionen wegen der Justizreform in Polen an, sie blockiere auch Gelder für Polen, als Vergeltungsmaßnahme im Streit ums Polens Rechtsstaatlichkeit.

Das Ende dieser Auseinandersetzung sei noch nicht abzusehen, heißt es weiter. Alles sei möglich, auch die Freigabe der Gelder "auf Wunsch von Donald Tusk", der dann zum Retter Polens geschlagen werden würde.

In einem Punkt habe Kaczyński allerdings Recht, schreibt Fakt. Das EU-System werde derzeit tiefgehend geprüft. Der anhaltende Streit darüber, ob das EU-Recht in allen Streitfragen über dem polnischen Recht stehe, sei auch ein Streit darüber, ob sich die EU in eine engere Union verwandeln, in der den Starken (Deutschland, Frankreich) mehr und den Schwächeren und "ideologisch Verdächtigen" weniger erlaubt sein sollte. Indem Kaczyński seinen Parteiangehörigen erlaube die EU mit scharfen Worten zu kritisieren, z.B. als Okkupanten zu bezeichnen, und dadurch interne Spannung hervorrufe, heißt es weiter, hoffe er wahrscheinlich, dass die Staats- und Regierungschefs der EU einen Rückzieher machen, weil sie befürchten könnten, ihr scharfer Ton könnte andere Länder vor einer engeren Integration erschrecken.

Es sei ein Nervenspiel, so das Boulevardblatt abschließend. Doch der Westen der EU scheine aus ideologischen Gründen weitaus entschlossener zu sein, als Kaczyński erwartet habe. Sein Bluff könnte deshalb möglicherweise nicht funktionieren. Obwohl er die internationale Politik oft genutzt habe, um die Stimmung im eigenen Land aufzuheizen, lesen wir, sei er sich der geopolitischen Risiken bewusst. All dies geschehe nämlich in einer Zeit, in der der Druck auf Polen durch Russland und seine Satelliten zunehme. Ein Rückzug aus der Gerichtsreform wäre für ihn aber ein zu großer Prestigeverlust. Vielleicht aber, lautet die Schlussfolgerung in Fakt, habe Kaczyński einfach kein Feld für Kompromisse mehr übrig. 


Gazeta Polska: Zeit, unsere Verteidigung vorzubereiten

Im regierungsnahen Wochenblatt Gazeta Polska Codziennie schreibt Chefredakteur Tomasz Sakiewicz, wie der derzeitige Stand der Beziehungen Polens zu den EU-Institutionen aussehe. Geht es nach ihm, habe Polen für einen riesigen Kredit für die gesamte EU gebürgt. Jetzt wolle die EU aber Warschau seinen Anteil an dem Geld nicht überweisen und gleichzeitig finanzielle Sanktionen gegen Polen verhängen. Es sei somit wahrscheinlich unmöglich, glaubt Sakiewicz, Polen noch mehr anzugreifen.

Der beispiellose Angriff der Europäischen Kommission auf Polen, so der Chefredakteur des Wochenblatts, trage alle Merkmale einer externen Aggression gegen einen souveränen Staat. Dies geschehe zu einer Zeit, in der die Ostgrenze von den belarussischen und russischen Diensten angegriffen werde, die versuchen einen riesigen Transitkanal für illegale Einwanderung durch Polen zu öffnen. Gleichzeitig finden auch große russische Militärübungen statt, so als ob Polen zwischen zwei Fronten gefangen sei.

Mit seinen Drohungen habe Brüssel es jetzt weit übertrieben, schreibt Sakiewicz. Polen habe gleichzeitig immer weniger zu verlieren. Natürlich müsse man nach Verbündeten suchen, und neben Ungarn habe Polen auch Unterstützung in Slowenien und einigen baltischen Staaten. Geht es nach dem Autor, könne Polen auch in größeren EU-Ländern zunehmend auf zentristische und konservative Parteien zählen, die bald sogar an der Macht sein könnten.

Niemand werde Polen aus der EU werfen, versichert Sakiewicz abschließend, denn dafür gebe es keine Möglichkeit. Im Moment habe Polen auch keinen Grund, die EU zu verlassen. Es habe allerdings gute Gründe, für die eigenen Rechte einzutreten. Es sei somit an der Zeit, zu handeln, lautet der Aufruf des Chefredakteurs im regierungsnahen Wochenblatt. Allein die Bereitschaft zum Handeln werde, Sakiewicz nach, den scharfen Kurs der EU-Autokraten gegen Polen abkühlen.


Wirtualna Polska: Polens Kirche steht ein weiteres Erdbeben bevor 

Am Mittwoch, den 15. September, wurde ein ausführlicher Bericht veröffentlicht, über den Fall eines Priesters des Dominikanerordens, der angeblich jahrelang Gläubige sexuell missbraucht und innerhalb des Ordens eine eigene Sekte gegründet haben soll. Gesprächspartner des Online-Portals, die das Dokument gelesen haben, sollen überzeugt sein, dass es viele Mythen über die Ordenspriester zerstören und das Ausmaß der Nachlässigkeit bei sexuellen Missbräuchen entlarven werde.

Der von einer Gruppe von Laien erstellte Bericht sei sehr umfangreich und umfasse über 200 Seiten. Die eingehende Analyse soll auf der Grundlage von Quellen und Zeugenaussagen die Aktivitäten eines Ordenspriesters beschreiben, der während seiner Tätigkeit als akademischer Seelsorger in Wrocław eine Sekte von Gläubigen geschaffen haben soll, die von ihm abhängig waren.

Aus dem Bericht gehe eindeutig hervor, heißt es auf WP, dass ein in politischen Kreisen bekannter Dominikaner, Berichte über körperliche und seelische Gewalt durch seinen Protegierten ignoriert habe. Es werde ein Erdbeben für die polnische Kirche und die Dominikaner sein, lesen wir, die bisher als der "bessere" Orden galten, der oft die polnische Bischofskonferenz kritisiert habe.

In dem Bericht sollen Beispiele für den Missbrauch von Frauen in der Hochschulpastoral, die Vergewaltigung einer Nonne und zahlreiche Beispiele für fehlende Verfahren zur Bekämpfung ähnlicher Fälle genannt werden. Vorfälle, die in diesem Dokument beschrieben werden, heißt es abschließend auf  WP, werden für viele einfach schockierend sein.


Piotr Siemiński