Deutsche Redaktion

Bundestagswahlen und Polen

30.09.2021 10:57
Im Gespräch mit dem Blatt Dziennik/Gazeta Prawna überlegt der Politikwissenschaftler, Professor Kazimierz Kik, wie sich die Kontakte zwischen Warschau und Berlin nach der Bundestagswahl nun gestalten könnten. 
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DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Bundestagswahlen und Polen

Im Gespräch mit dem Blatt Dziennik/Gazeta Prawna überlegt der Politikwissenschaftler, Professor Kazimierz Kik, wie sich die Kontakte zwischen Warschau und Berlin nach der Bundestagswahl nun gestalten könnten. Man könne davon ausgehen, dass die ideologische Färbung der neuen Bundesregierung mit den Plänen und Ambitionen der Regierenden in Warschau nicht übereinstimmen werde, sagt der Wissenschaftler. Der Sieg der SPD verschlechtere in der Tat die Stellung der polnischen Seite sowohl in den beiderseitigen Kontakten als auch in den Beziehungen mit Brüssel. Sollte es die CDU letztendlich in den Regierungsreihen nicht geben und würden die Grünen und die Liberalen die Regierung gemeinsam mit den Sozialdemokraten bilden, würde das zu einem offenen Interessenskonflikt führen, urteilt Kik.

Angela Merkel habe sich pragmatisch verhalten, nun gäbe es eine solche Garantie nicht mehr. Zu den Prioritäten der neuen Regierung in Berlin könnten nicht nur wirtschaftliche Themen gehören, wie in Zeiten von Angela Merkel, sondern auch eine ideologische Agenda, die im krassen Widerspruch zu den für die Politiker in Warschau wichtigen Werten stehen könnte. Die Vereinsamung Polens auf der europäischen Arena könnte sich dann nur noch vertiefen, sagt Kazimierz Kik.

Die neue Konstellation könnte darüber hinaus zu weiteren Spannungen führen, führt der Politikwissenschaftler fort. Deutschland übe einen großen Einfluss auf die Politik der EU aus, an der Spitze der EU-Kommission stehe eine deutsche Politikerin und der europäische Mainstream sei eher links-liberal geprägt. Mit Sicherheit werde Berlin nicht versuchen, Polen aus der Europäischen Union auszustoßen, weil das Land eine wichtige Rolle in der Verwirklichung der wirtschaftlichen Pläne Deutschlands spiele. Doch den Interessen stehe die Politik der aktuellen Regierung in Warschau im Wege. Daher könnte es in Zukunft zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen der neuen Bundesregierung und großen Teilen der polnischen Opposition kommen, die zu einer Marginalisierung der PiS-Regierung führen könnte, so Kazimierz Kik im Gespräch mit der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. 

DO RZECZY: Lage an der Grenze weiterhin angespannt 

Geht es nach dem Berater der belarussischen oppositionellen Aktivistin Swietlana Tichanouska versuche Präsident Alexander Lukaschenko einen Konflikt herbeizusteuern, berichtet die Wochenzeistchrift Do Rzeczy auf ihrer Internetseite. Franak Viacorka informiere, dass die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze sehr schlecht aussehen würde. Man befinde sich einen Schritt von einer Schießerei entfernt, berichtet der Oppositionelle. Bereits Anfang der Woche informierte Minister Mariusz Błaszczak, dass die Lage sehr angespannt sei und polnische Soldaten von belarussischen Grenzschützern provoziert würden. Die Belarussen würden auf polnische Grenzer zielen, man schieße in die Luft und benutze militärische Knallkörper. Nun bestätige dies auch der belarussische Oppositionelle. Allem Anschein nach versuche Aleksander Lukaschenko einen Konflikt auszulösen. Es sei entschlossenes Handeln nötig, meint Viacorka.

Die Regierung in Warschau beschuldige den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen.

Polen hatte am 2. September für zunächst 30 Tage den Ausnahmezustand an einem drei Kilometer breiten Streifen entlang seiner Grenze zu Belarus verhängt, die auch eine EU-Außengrenze ist. Journalisten und Vertreter von Hilfsorganisationen dürfen nicht hinein. 

SUPER EXPRESS: Präsident will den Ausnahmezustand verlängern lassen 

Bereits vor wenigen Tagen habe sich Polens Präsident Andrzej Duda für eine Verlängerung des Ausnahmezustands an der Grenze zu Belarus um weitere 60 Tage ausgesprochen, erinnert das Blatt Super Express. Grund dafür ist der illegale Zuzug von Migranten aus dem Nachbarland. Nun habe nach Angaben des Chefs des Amtes für Nationale Sicherheit (BBN) Paweł Soloch das Staatsoberhaupt das entsprechende Dokument unterzeichnet. Heute solle es den Parlamentariern vorgestellt werden, die über die Verlängerung abstimmen würden.

Der Druck an der Grenze steige. Man könne sogar von einer Eskalation sprechen. Ein beunruhigender Faktor sei darüber hinaus das provokative Verhalten der belarussischen Grenzschützer in Bezug auf polnische Militärs, erklärt Soloch die Argumentation des Präsidenten. Die Gefahr für polnische Bürger und für die öffentliche Sicherheit sei immer noch vorhanden, deshalb setzte sich der Präsident für die Verlängerung ein, so der Chef des Amtes für Nationale Sicherheit Paweł Soloch.  


Jakub Kukla