Rzeczpospolita: Ein Fall, der Russland stärkt
Ein wichtiges Thema in den Pressekommentaren ist die blutige Niederschlagung der Proteste in Kasachstan. Der Staat habe viele Jahre lang unter Nasarbajew, unter anderem dank seinen Öl- und Gasvorkommen, eine vielschichtige und von Russland relativ unabhängige Außenpolitik geführt. Er sei auch unter den Verbündeten Russlands der Staat gewesen, mit dem Polen die besten Beziehungen hatte, schreibt in seinem Kommentar zu den gestrigen Ereignissen der Publizist der konservativ-liberalen Rzeczpospolita Rusłan Szoszyn. Doch seit Präsident Tokajew am 5. Januar Russland und andere Verbündete um Hilfe bei der Niederschlagung der Proteste gebeten habe, so der Autor, sei dies alles Geschichte. Am Donnerstagmorgen, erinnert Szoszyn, seien russische Truppen in Kasachstan eingesetzt worden.
Werde sich die Situation auch auf die Gespräche zwischen Russland und den USA sowie der NATO kommende Woche auswirken, die auch für die Sicherheit unserer Region von großer Bedeutung seien? Westliche Unternehmen, lesen wir, seien in über 50 Prozent der Ölbranche in Kasachstan engagiert. Das amerikanische Chevron arbeite dort am Ausbau der Infrastruktur zur Ölförderung in Tengiz. Der Wert des Projekts werde auf 45 Milliarden Dollar geschätzt. Wen werden die Spitzenpolitiker der westlichen Staaten in den kommenden Tagen wohl anrufen, um die milliardenschweren Investitionen ihrer Unternehmen zu schützen, wenn die lokalen Behörden ratlos mit den Achseln zucken und die benachbarte Großmacht um Hilfe bitten, fragt Rusłan Szoszyn in der Rzeczpospolita.
Rzeczpospolita: Historisches Steuerchaos
Statt der angekündigten Gehaltserhöhung, haben viele polnische Angestellte nach der von der Regierung angepriesenen Steuerreform niedrigere Überweisungen erhalten, berichtet in ihrem heutigen Aufmacher ebenfalls die Rzeczpospolita. Woher die geringeren Auszahlungen, unter anderem für Lehrer und Uniformdienste, wenn die Regierung doch versichert habe, dass von der sogenannten “Polnischen Ordnung” 18 Millionen Polen profitieren werden? Geht es nach dem Finanzministerium, sei dafür unter anderem die Nicht-Einreichung einer aktualisierten Steuererklärung beim Arbeitgeber verantwortlich, der dadurch nicht die neue steuerfreie Quote berücksichtigen konnte. Das Finanzministerium arbeite nun an einem Beschluss, der die Abrechnungsmethode ändern soll. Die Beamten, so das Blatt, müssen sich jedoch beeilen, damit Millionen von Arbeitnehmern, die auf ihre Januar-Gehälter warten, durch die Polnische Ordnung keine Verluste davontragen. Viele Experten würden darauf aufmerksam machen, dass die Regierung die Kosten für das Durcheinander damit erneut auf die Arbeitgeber und Buchhalter abwälzen will. Denn der Beschluss werde den erneuten Umbau von Abrechnungssystemen nach sich ziehen, betont Alicja Borowska-Woźniak vom Buchhaltungs-Unternehmen ASCS-Consulting.
Das Chaos sei aber nicht der Fehler der Unternehmer, betont in seiner Stellungnahme Publizist Tomasz Pietryga. Das, was jetzt passiere, liege allein in der Verantwortung der Regierung. Bei so weitreichenden Änderungen sei es die Pflicht der Behörden gewesen, das neue System mit all seinen Fallen den Bürgern zu erläutern, bevor die Vorschriften in Kraft treten, so der Publizist.
wPolityce.pl: “Geschichten über Überwachung der Opposition aus der Luft gegriffen”
Ein wichtiges Thema der Pressekommentare bleiben auch die Berichte über die Überwachung von Oppositionsvertretern in Polen mit der Spionagesoftware Pegasus. Neuester Anlass dafür ist ein Interview, das PiS-Chef Jarosław Kaczyński dem nationalkonservativen Wochenblatt Sieci gegeben hatte, nachdem gestern auch Amnesty International Angriffe mit der Software auf den Senatsabgeordneten und ehemaligen Wahlstabschef der Bürgerplattform Krzysztof Brejza bestätigt hatte. In dem Gespräch nennt Kaczyński die Vorwürfe der Opposition eine “weitere Affäre um Nichts”. Pegasus, so Kaczyński, werde von Geheimdiensten in vielen Ländern genutzt, um Kriminalität und Korruption zu bekämpfen. Es wäre schlecht, wenn polnische Dienste nicht über ein solches Werkzeug verfügen würden. Da ihn in diesem Bereich keine Vertraulichkeitsklausel binde, könne er gleichzeitig versichern, dass seine Partei während der Wahlkampagne 2019 über keine Geheiminformationen aus dem Wahlstab der oppositionellen Bürgerplattform verfügte und solche Informationen bei den Wahlen keine Rolle gespielt haben. “Sie haben verloren, weil sie verloren haben und sollten heute nicht nach solchen Rechtfertigungen suchen”, so Kaczyński. Alle Geschichten von Herrn Brejza seien aus der Luft gegriffen. Er erinnere auch daran, dass in Bezug auf den Bürgerplattform-Politiker der Verdacht von ernsthaften Verbrechen besteht. Mit den Wahlen habe das nichts zu tun, so der PiS-Chef im Interview für das Wochenblatt Sieci.
TVN24: “Kaczyński verliert die Nerven”
Mit dem ad hoc Interview bestätigt Kaczyński, dass die Opposition mit ihren Vorwürfen richtig liege, kontert in einem Gespräch mit dem linksliberalen Informationssender TVN24 der Senats-Abgeordnete der Bürgerplattform Krzysztof Brejza. Wie der Politiker betont, habe er den Chef der Antikorruptionsbehörde CBA im Mai 2021 schriftlich gefragt, ob er abgehört worden sei, was der CBA-Chef dementiert habe. Kaczyński stelle den Chef der Antikorruptionsbehörde nun als Person dar, die lüge. Das Interview, das in der Nacht von Donnerstag auf Freitag entstanden sei, sei auch ein Beweis dafür, dass der PiS-Chef die Nerven verliere und versuche, sich aus der Schlinge zu ziehen, so Brejza im Gespräch mit TVN24.
Autor: Adam de Nisau