Rzeczpospolita: Von Isolierung keine Spur
Polen ist zurück im diplomatischen Spiel, schreibt in der heutigen Ausgabe die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Am Dienstag, erinnert das Blatt, habe Staatspräsident Andrzej Duda am Gipfel des Weimarer Dreiecks teilgenommen, heute sei der britische Premierminister Boris Johnson zu Gast in Warschau. Grund für das vorläufige Ende der diplomatischen Isolierung Warschaus, so das Blatt, sei nicht etwa die Lösung des Konflikts um die Rechtsstaatlichkeit und die Zukunft der Demokratie in Polen, sondern eine Verschiebung der Prioritäten im Westen: Nun, lesen wir, zähle vor allem der Bau einer gemeinsamen Front gegen die russische Aggression. Aber die westlichen Spitzenpolitiker, beobachtet die Zeitung, hätten auch ihr partikulares Interesse in der Erneuerung der Beziehungen mit Warschau. Während des Treffens in Berlin, habe Emmanuel Macron von Olaf Scholz und Andrzej Duda die Unterstützung für seine diplomatische Offensive in Moskau gewonnen, deren Logik weitgehend unbekannt bleibe. Johnson indes wolle seine von der letzten Serie von Skandalen geschwächte Position stärken, so Rzeczpospolita.
Rzeczpospolita: Verfassungsgericht für Jahre betoniert
Die Rzeczpospolita kommentiert auch die gestrige Ernennung von Bogdan Święczkowski zum Verfassungsrichter. Die Nominierung, so Publizist Wojciech Tumidalski, schließe die Besetzung der Institution ab, die ab jetzt ausschließlich aus von der PiS ernannten Richtern bestehen werde. Es, so Tumidalski sei eine unerbittliche Konsequenz von zwei Amtszeiten der Vereinigten Rechten am Staatssteuer, die sich das Recht auf eine Besetzung des Verfassungsgerichts angeeignet habe. Es sei schwer zu glauben, lesen wir, dass sich die Parlamentsfraktionen vor Jahren noch informell auf eine Parität in der Besetzung der Verfassungsrichter geeinigt hätten und die Richter fast einstimmig gewählt worden seien. Wer weiß, ob es gelingen werde, eine solche Situation wiederherzustellen.
Święczkowski, erinnert der Autor, sei zwar kein Politiker, aber dennoch einer der engsten Mitarbeiter von Justizminister Zbigniew Ziobro, den er noch aus Studienzeiten kenne. Mit der Personalie sei die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts für Jahre betoniert worden. Und wenn in einem Jahr jemand anders als die PiS das Staatssteuer übernehme, werde er sich mit diesem Verfassungsgericht messen müssen, das versuchen könne, eventuelle Versuche zu sabotieren, die bisherigen, verfassungswidrigen Änderungen der Staatsordnung rückgängig zu machen. Nebenbei sei es interessant, ob Święczkowski dann ebenfalls für so weite Befugnisse für die Staatsanwaltschaft und die Geheimdienste sein werde, die er in seiner Rolle als Staatsanwalt noch begrüßt und gerne genutzt habe, so Wojciech Tumidalski in der Rzeczpospolita.
Gazeta Wyborcza: Lex Czarnek durch das Parlament gepeitscht
Gestern ist überraschend die umstrittene Novellierung des Bildungsgesetzes von Bildungsminister Przemysław Czarnek auf die Agenda der Parlamentssitzung genommen und verabschiedet worden, schreibt in der heutigen Ausgabe die linksliberale Gazeta Wyborcza. Um in Kraft zu treten, müsse das nach dem Bildungsminister benannte “Lex Czarnek”, das die Befugnisse der Leiter der Schulaufsichtsbehörden weitgehend ausweite und vom Senat abgelehnt worden war, nun nur noch vom Staatspräsidenten unterzeichnet werden. Was werde dieser tun?
Andrzej Duda, erinnert die Zeitung, habe seine eigene Vision für die Zukunft des Bildungswesens gehabt, die deutliche Unterschiede zu dem Gesetz des Bildungsministers aufweise und unter anderem deutlich mehr Entscheidungskraft bei den Eltern sehe. Auch die erste Dame, die selbst in ihrer früheren Rolle Lehrerin gewesen sei, halte gewisse Lösungen in der soeben verabschiedeten Gesetzesnovelle, für gefährlich - darunter etwa die Möglichkeit, Schuldirektoren ohne Kündigung zu feuern oder die Verpflichtung von Schulleitern, das Programm für Zusatzunterricht der Schulaufsichtsbehörde mit zweimonatigem Vorlauf vorzustellen.
Das Präsidentenpaar habe sich zwar mit dem Bildungsminister getroffen. Doch danach habe die Präsidialkanzlei nur ein 15-sekündiges Slow-Motion-Video vom Treffen veröffentlicht. Ohne Kommentar, so Gazeta Wyborcza.
Autor: Adam de Nisau