Deutsche Redaktion

Anführer ohne klaren Vorsprung?

27.05.2022 10:58
In der Tageszeitung Rzeczpospolita überlegt der Chefredakteur Bogusław Chrabota, ob Donald Tusk eine Chance habe, den Posten des Premierministers erneut zu übernehmen. 
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RZECZPOSPOLITA: Anführer ohne klaren Vorsprung

In der Tageszeitung Rzeczpospolita überlegt der Chefredakteur Bogusław Chrabota, ob Donald Tusk eine Chance habe, den Posten des Premierministers erneut zu übernehmen. Ohne Zweifel, sei Tusk der erfahrenste und der genialste Politiker in den aktuellen Oppositionsreihen, stellt der Publizist fest. Man könne auch nicht bestreiten, dass er das größte Potenzial habe, um die Funktion des Regierungschefs auszuüben. Als der einzige polnische Politiker verfüge er darüber hinaus über das sogenannte Notizbuch, in dem die Telefonnummern zu den wichtigsten Politikern der Welt aufgeschrieben seien. Als Premierminister könnte er aus dem Notizbuch sicherlich Gebrauch machen.

Dennoch zeige eine neue Studie, die im Auftrag von der Rzeczpospolita durchgeführt worden war, dass seine Führung gar nicht so selbstverständlich sei. Donald Tusk platziere sich zwar auf der ersten Stelle, der Abstand von den politischen Konkurrenten sei jedoch gar nicht so groß. Unter der Wählerschaft der oppositionellen Gruppierungen könnte der ehemalige EU-Ratspräsident mit jeder dritten Stimme rechnen. Das gebe ihm einen 10-prozentigen Vorsprung vor dem zweitplatzierten Rafał Trzaskowski. Es sei zwar ein klarer Unterschied, doch wenn man das politische Potenzial und die Erfahrung vergleiche, sei er gar nicht so groß.

Diese Situation erkläre Chrabota mit der Tatsache, dass nach der Rückkehr aus Brüssel in die polnische Politik, Tusk das Vertrauen der Wählerschaft, insbesondere der jungen Generation nicht mehre habe gewinnen können. Vor Jahren sei das sein Markenzeichen gewesen. Er habe das Ansehen eines netten, zauberhaften Mannes genossen. Dann habe er das aber verloren. Viele Menschen hätten seine Amtszeit als eine schwierige Zeit in Erinnerung behalten. Eine Zeit der sozialen Gefühllosigkeit und der wachsenden Arroganz der Regierenden.

Was sage das über die Chancen von Tusk auf die Übernahme des Posten des Regierungschefs aus? Entweder werde er sein Image mit einer positiven gesellschaftlichen Emotion schmücken, oder er werde nach den kommenden Wahlen doch in der zweiten Reihe stehen müssen, schreibt Chrabota in der Tageszeitung Rzeczpospolita.

 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Kriegslage immer angespannter 

In den letzten sieben Tagen hätten die Russen mehr Raum gewonnen als im ganzen Mai bisher, sagt der deutsche General a. D. Klaus Wittmann in Bezug auf die aktuelle Lage in der Ukraine. Das Blatt Dziennik/Gazeta Prawna zitiert den Experten. Wittmann meint, dass man realistisch feststellen müsse, dass die russische Feuerkraft der ukrainischen weit überlegen sei. Geht es nach Wittmann, würden die Russen alles zusammenziehen, was sie hätten, um im Donbass Raum zu gewinnen. Wenn der ukrainische Präsident Selenskyj zugebe, dass der Druck wachse, dann müsse die Lage tatsächlich ernst sein. Wittmann würde zwar nicht sagen, dass sich die Qualität des russischen Militärs in den letzten Wochen sichtlich verbessert habe, doch die Russen seien den Ukrainern zahlenmäßig überlegen.

Die Verstärkung des ukrainischen Widerstandes sei noch nicht ausreichend, führe der Experte fort. Hier müsse er auf Deutschland schauen. Viele deutsche Versprechen seien noch nicht vollständig eingelöst worden. Er hoffe, dass sich die Ukraine werde weiterhin verteidigen können, und dass sie bald wieder die Initiative ergreifen werde.

General Wittmann äußert sich auch sehr kritisch über das Verhalten der politischen Klasse der Bundesrepublik. Er werfe ihr mangelndes Mitgefühl vor. Das Handeln der Regierung scheine auch die Vermutung zu bestätigen, dass Berlin weiterhin zögere, mit der Hoffnung, dass es bald zu einem Waffenstillstand kommen werde. Der Experte weise zugleich darauf hin, dass die politische Elite dabei das Schicksal der ukrainischen Kriegsopfer völlig übersehe. Darüber hinaus habe Russland momentan doppelt so viel ukrainisches Territorium erobert, als es noch im Februar. Zweifelsohne würde Moskau diese Territorien bei Friedensverhandlungen an die Ukraine nicht zurückgeben, meint General a. D. Klaus Wittmann in Dziennik/Gazeta Prawna.


Jakub Kukla