Rzeczpospolita: Spione dringend gesucht
Der Krieg in der Ukraine hat die unzureichende Finanzierung der polnischen Geheimdienste offengelegt, schreibt in ihrem heutigen Aufmacher die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Der Auslands-Informationsdienst (AW) und die Agentur für Innere Sicherheit (ABW), lesen wir, würden dringend zusätzliche 150 Millionen Złoty benötigen. Mit einem entsprechenden Antrag habe sich der parlamentarische Ausschuss für Sicherheitsdienste an den Premierminister gewendet.
Die Argumente seien im Falle beider Agenturen ähnlich: Der Krieg und die mit ihm verbundenen Konsequenzen. “Die russische Aggression hat zur Folge, dass eine entschiedene Dynamisierung der offensiven operationellen Aktivität des Auslands-Informationsdienstes notwendig ist”, schreibt die Kommission in ihrer Stellungnahme. Derzeit könne sich die Agentur indes keine neuen “ausländischen Geheimdienst-Unterfangen” leisten, sogar die Fortsetzung der schon bestehenden Aktivitäten sei schwierig.
Laut Experten, so die Zeitung, sei der Vorstoß richtig, komme jedoch entschieden zu spät. “Ende vergangenen Jahres, als schon bekannt war, dass sich ein Krieg und ein russischer Angriff auf die Ukraine anbahnt, hat das polnische Parlament die Finanzierung des Auslands-Nachrichtendienstes, mit allen Zusätzen, um fast 20 Prozent im Vergleich zum Haushaltsprojekt beschnitten. In dieser Situation war das einen Katastrophe”, so der ehemalige Vize-Vorstandschef in der Behörde für Staatsschutz (UOP) Piotr Niemczyk. Geht es nach Niemczyk, seien die aktuellen Appelle ein Versuch, die Dysfunktionen der Geheimdienste zu verdecken.
Das Budget des Auslands-Nachrichtendienstes, so die Rzeczpospolita weiter, sei im Vergleich zu 2020 um etwa 10 Prozent geringer, der Haushalt der Agentur für Innere Sicherheit um knapp 20 Prozent. Kurz nach der ersten Aggression Russlands auf die Ukraine 2014 hätten die polnischen Geheimdienste noch die Arbeiten der NATO-Nachrichtendienste im Osten koordiniert. In diesem Jahr seien es die USA und Großbritannien, die über die genauesten Informationen über die Pläne des Kremls und die russischen Truppenbewegungen verfügen. Infolge jahrelanger Vernachlässigungen, seien die polnischen Dienste zurückgeblieben. Nun würde es Monate dauern, bis die zusätzlichen Mittel die Qualität der Nachrichtendienste wieder verbessern. Und eine schnelle Anstellung von 150 neuen Agenten sei ein waghalsiges Unterfangen. Ihre Schulung dauere normalerweise zwischen drei und fünf Jahren. Die Rekrutierung hätte spätestens im vergangenen Jahr stattfinden müssen. Im Krieg sei dies extrem schwierig, so Piotr Niemczyk im Interview für Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Gesetz zu Oberstem Gerichtshof in den Händen der Opposition
Ein wichtiges Thema in der Presse sind heute auch die Verhandlungen zwischen Warschau und Brüssel zum Nationalen Wiederaufbauplan, dessen Absegnung die EU-Kommission unter anderem von der Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer im Obersten Gerichtshof abhängig macht. Nach monatelangem Tauziehen zwischen der polnischen Regierung und den EU-Kommissaren, hatte sich im Parlament zuletzt ein Kompromissvorschlag des Staatspräsidenten durchgesetzt. Für diese Woche wird nun einerseits eine Sondersitzung der Senatoren zur Gesetzesnovelle und andererseits grünes Licht von der EU-Kommission für den Nationalen Wiederaufbauplan erwartet.
Und laut dem Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna habe die Opposition ein Dilemma, wie weit die Korrekturvorschläge der Senatoren zum Präsidentenprojekt gehen sollten. Die Bürgerplattform, so die Zeitung, spreche sich für eine möglichst weitreichende Korrektur aus. Damit wolle sie signalisieren, dass sie den Gesetzesvorschlag als taktisches Zugeständnis gegenüber Brüssel wertet. Die Bauernpartei PSL wolle ihre Ideen aus den Beratungen im Sejm wieder aufgreifen.
Gazeta Wyborcza: Fällt die EU-Kommission auf den Trick herein?
Klar auf Seiten weitreichender Änderungen stellt sich in seinem Kommentar für die linksliberale Gazeta Wyborcza der Publizist Wojciech Sadurski, der von einer Pseudoliquidierung der Disziplinarkammer spricht. Der Präsident habe die Kammer einfach in eine Kammer der beruflichen Verantwortung umbenannt, was in etwa die gleiche Bedeutung habe, wie eine Umbenennung der Inquisition in eine Kammer der Moralischen Entwicklung. Er hoffe, dass die EU-Kommission auf diesen Trick nicht hereinfalle, so Sadurski in der Gazeta Wyborcza.
Gazeta Polska Codziennie: Vize-Chef der Bürgerplattform will Polen verhungern lassen
Die nationalkonservative Gazeta Polska Codziennie beschuldigt indes diejenigen, die für eine härtere Linie der EU-Komission im Streit um die Rechtsstaatlichkeit mit Polen werben, des Staatsverrats. Und nimmt in der heutigen Ausgabe speziell den Vize-Chef der Bürgerplattform und Warschauer Stadtpräsidenten Rafał Trzaskowski ins Visier. Trzaskowski, lesen wir im Aufmacher, wolle die Polen offenbar verhungern lassen. Er habe am Wochenende zugegeben, dass er sich bei der EU-Kommission dafür eingesetzt habe, die Auszahlung der Mittel für den Wiederaufbauplan an zusätzliche Bedingungen zu binden. Die Politiker der Bürgerplattform würden insgesamt offen zugeben, dass ihnen die Rolle der Staatsverräter passe, so Gazeta Polska Codziennie.
Autor: Adam de Nisau