Rzeczpospolita: Polen wollen Ukrainern helfen, aber mit Einschränkungen
Vor 20 Jahren waren Ukrainer in einer Studie zur gesellschaftlichen Distanz der Polen zu anderen Nationen noch auf dem vorletzten Platz, vor Russland. Noch im Januar dieses Jahres, wenige Wochen vor der russischen Invasion auf die Ukraine, haben laut einer CBOS-Studie 41 Prozent der Befragten Sympathie gegenüber Ukrainern gefühlt, bei 25 Prozent sei es Abneigung und bei 27 Prozent Gleichgültigkeit gewesen. Heute hätten indes 81 Prozent der von der Warschauer Universität befragten Polen nichts dagegen, dass Ukrainer in Polen wohnen und 64 Prozent hätten auch kein Problem damit, dass ihr Kind einen Ukrainer beziehungsweise eine Ukrainerin heiratet, schreibt in der heutigen Ausgabe die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Die Polen würden zudem eine weitgehende Unterstützung für die Ukraine akzeptieren, auch wenn sie der finanziellen Unterstützung für die Flüchtlinge mit etwas weniger Enthusiasmus gegenüberstehen. So habe die Politik der Auszahlung von Sozial-Förderprogrammen, wie 500+ etwa mehr Gegner als Befürworter. Während sich 59 Prozent der Befragten für kostenlosen Zugang zu medizinischer Versorgung aussprechen, sinke die Zahl der Unterstützer der Auszahlung von Sozialhilfen auf 31 Prozent, bei 37 Prozent entschiedenen Gegnern. Beim Familienförderprogramm 500+ und anderen Zuschüssen für Eltern ist die Zahl der Befürworter mit 28 Prozent noch geringer, 42 Prozent sind gegen eine so weitreichende Unterstützung.
Ihn persönlich hätten die Ergebnisse der Studie dennoch positiv überrascht, schreibt in seinem Kommentar zur Erhebung der Publizist Bogusław Chrabota. Die Umfrage, so der Autor, deute darauf hin, dass es zu dauerhaften Veränderungen im Verhältnis der Polen zu Flüchtlingen gekommen sein könnte. Die entschiedene Mehrheit akzeptiere ihre Anwesenheit in Polen, die Unterstützung von Volontären dauere an, auch neue Initiativen würden immer noch in die Wege geleitet. Insgesamt hätten sich etwa 70 Prozent der Polen in reale Hilfe für die Flüchtlinge engagiert. Die Tatsache, dass die Polen dabei auch ökonomische Risiken der aktuellen Krise wahrnehmen würden, wundere ihn nicht. Die Gesellschaft wolle einfach, dass das Recht auf Unterstützung an berufliche Aktivität im Lande gebunden wird. Und das, wovor man tatsächlich Angst habe, seien ökonomische Privilegien für Flüchtlinge, die als ungerecht wahrgenommen werden. Nun liege es auch an der Regierung, diese generell positive Haltung der Gesellschaft zu erhalten, etwa im Kontext der Anfang Juli auslaufenden Unterstützung für polnische Familien, die Ukrainer bei sich aufgenommen haben. Er hoffe, dass auch die nächste Umfrage im Herbst ähnliche Ergebnisse mit sich bringt und das gesellschaftliche Wunder an der Weichsel nicht endet, so Bogusław Chrabota in der Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Mit 999 schneller als mit 112
Patienten, die mit Hilfe der Nummer 112 einen Krankenwagen rufen, warten auf die Bedienung ihrer Anfrage sogar doppelt so lange, wie diejenigen, die die Nummer 999 wählen, lesen wir im Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Daher, so das Blatt, habe das Gesundheitsministerium entschieden, die Möglichkeit beizubehalten, Anrufe von der Nummer 999 direkt an die medizinischen Kontrollräume weiterzuleiten, ohne die Notwendigkeit der Vermittlung von Notrufzentralen. Ursprünglich sollten die Verbindungen ab 2024 eigentlich alle an die Notrufzentralen weitergeleitet werden. “Wir haben schon seit Jahren darüber gesprochen. Gut, dass es endlich jemand gehört hat”, so ein Dispatcher aus Warschau im Gespräch mit dem Blatt. Das neue Gesetz soll unter anderem auch die Zufahrtszeiten von Krankenwagen zu Patienten regeln, so Dziennik/Gazeta Prawna.
Autor: Adam de Nisau