Deutsche Redaktion

"Mahatma Scholz"

08.06.2022 10:45
In seinem Feuilleton rechnet der Publizist Sławomir Jastrzębowski  hart mit der Haltung des deutschen Kanzlers in Bezug auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ab. 
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DO RZECZY: Mahatma Scholz

In seinem Feuilleton rechnet der Publizist Sławomir Jastrzębowski  hart mit der Haltung des deutschen Kanzlers in Bezug auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ab. Man sollte seine Statue im internationalen Büro für Maß und Gewicht im französischen Sevres hinstellen, als das Vorbild eines Zynikers, lesen wir in der Wochenzeitschrift Do Rzeczy. Im Alter von 64 Jahren sei Bundeskanzler Olaf Scholz zu der Ansicht gekommen, dass er ein neuer Mahatma Gandhi sein werde. Dementsprechend habe er öffentlich einige verwunderliche Laute von sich gegeben: Scholz habe unter anderem festgestellt, dass der Krieg viele Fragen aufwerfe. Zum Beispiel, ob man die Gewalt mit Gewalt bekämpfen müsse. Er habe auch überlegt, ob es nicht möglich wäre, den Frieden ohne Waffen herzustellen. Beide Lösungen sollte man, laut Olaf Scholz, mit Respekt betrachten und durchdenken.

Klar, antwortet der Auror in seinem bissigen Text, könnte man, lieber Bundeskanzler, diese Fragen mit Respekt behandeln und diskutieren, wenn man nicht genau wüsste, welcher Gedanke sich hinter solchen Äußerungen verberge und wieso der Bundeskanzler ein neuer Gandhi sein wolle. Auf der Welt gäbe es aber weniger naive Menschen als es auf den ersten Blick aussehen könnte. Sogar die deutsche Öffentlichkeit habe größtenteils die Haltung des Politikers überschaut. Der Publizist zitiert sogar die deutsche Bild-Zeitung, die Olaf Scholz als jenen Kanzler beschreibe, der anstatt zu helfen nur zuschaue. 

Russland zerstöre die Ukraine. Russische Soldaten vergewaltigen und töten ukrainische Zivilisten: Frauen und Kinder. Und der deutsche Kanzler überlege, ob man auf Gewalt tatsächlich mit Gewalt antworten sollte. Und Olaf Scholz wundere sich wohl seit mehreren Monaten, wieso sich die Ukraine eigentlich nicht ergeben wolle? Der Publizist bekomme den Eindruck, dass diese Frage auftauche, weil Berlin so schnell wie möglich seine Geschäfte mit Russland wieder aufnehmen wolle. Im Grunde, so Jastrzębowski abschließend, wisse er nicht, ob eine solche Haltung vor allem zynisch oder doch eher erbärmlich sei, lesen wir in der Wochenzeitschrift Do Rzeczy

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Keine Fehler in der Russland-Politik 

Die polnische Presse bezieht sich auf den ersten Auftritt von Angela Merkel seit ihrem Ausscheiden aus dem Kanzleramt. Auf der Bühne des Berliner Ensembles habe die Altkanzlerin auf die Fragen des Journalisten Alexander Osang geantwortet. Fast fünf Wochen sei sie nach dem Amtswechsel an der Ostsee gewesen. Um sich auszuruhen, zu entspannen, Abstand zu gewinnen. Die Ex-Politikerin habe das Medium der Hörbücher für sich entdeckt.

Besonders interessant und überraschend waren jedoch die Fragen bezüglich der Russland-Politik und des russischen Angriffskriegs. Sie habe keine Illusionen über den russischen Präsidenten. Putins Feindschaft gehe gegen das westliche demokratische Modell. Er wolle die Europäische Union zerstören, weil er sie als Vorstufe zur Nato sehe. Der Angriff auf die Ukraine sei ein großer Fehler, ein „das Völkerrecht missachtender Überfall, für den es keine Entschuldigung gibt", sagte Merkel.  16 Jahre lang war Wladimir Putin ihr größter Gegenspieler gewesen, sie kenne ihn gut. Für ihn, sei der Untergang der Sowjetunion das größte Unglück gewesen, während es für Merkel das größte Glück war. Es sei aber nicht gelungen, den Kalten Krieg zu beenden.

Dennoch habe Merkel sich nichts vorzuwerfen. Sie hadere eventuell damit, dass sie nicht mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron noch im letzten Jahr versucht habe, Putin stärker einzubinden, einen Neuanlauf der Deeskalation zu machen. Es habe aber keine Einigung auf europäischer Ebene dafür gegeben. Und sie sei nur noch wenige Monate im Amt gewesen. Früher hätte sie das vielleicht durchgeboxt. Zusammenfassend stelle die ehemalige Bundeskanzlerin fest, sie müsse sich nicht vorwerfen, sie hätte zu wenig versucht, um den Krieg zu verhindern, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. 

RZECZPOSPOLITA: London-Warschau-Kiew 

Die Tageszeitung Rzeczpospolita bezieht sich auf die Aussage des Sekretärs des ukrainischen Verteidigungs- und Sicherheitsrates. In einem Fernsehinterview sagte Oleksij Danilow, dass nach seiner Ansicht so schnell wie möglich ein Bündnis zwischen Großbritannien, Polen und der Ukraine entstehen sollte. Dieser Block sollte auch so schnell wie möglich um weitere Staaten erweitert werden.

Danilow sagt auch, er freue sich, dass der britische Premierminister im Amt bleibe. Sein Land habe die Ukraine in den schwierigsten Momenten unterstützt. Er gehe davon aus, dass die Achse: London-Warschau-Kiew in Zukunft einen bedeutenden Beitrag für die Sicherheit im Baltikum und am Schwarzen Meer leisten könnte. Das Blatt erinnert abschließend, dass die drei Länder bereits am 17. Februar eine engere Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen bekannt gegeben hätten, lesen wir in Rzeczpospolita.


 

Jakub Kukla