Deutsche Redaktion

"Wie kann Polen nicht gelieferte Panzer aus Deutschland ersetzen?"

13.06.2022 13:20
Der Publizist und Philosoph Marek Cichocki sieht in dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch einen Wendepunkt für die polnisch-ukrainischen Beziehungen. Und: Was sollte Polen tun, wenn Deutschland seine Ringtausch-Versprechen nicht einhält? Die Einzelheiten in der Presseschau.
Rozmowy na temat przekazania nam przez Niemcy czołgów utknęły w miejscu
Rozmowy na temat przekazania nam przez Niemcy czołgów utknęły w miejscuShutterstock/Mike Mareen

Rzeczpospolita: Gemeinschaft des Schicksals und der Geographie

Der positive Wandel in den gegenseitigen Beziehungen zwischen Polen und Ukrainern ist ein echtes Phänomen unserer Zeit, schreibt in der aktuellen Ausgabe der konservativ-liberalen Rzeczpospolita der Publizist und Philosph Marek Cichocki. Bis vor kurzem, so der Autor, seien die polnisch-ukrainischen Beziehungen durch die dramatischen Ereignisse der Vergangenheit und gegenseitiges Misstrauen, Anschuldigungen sowie Vorwürfe schwer vergiftet gewesen. Mit der zunehmenden Präsenz von Ukrainern in Polen habe sich zwar eine reale soziale Basis für die Veränderung dieser gegenseitigen Wahrnehmung herausgebildet. Erst der russische Einmarsch in die Ukraine stelle jedoch einen echten Wendepunkt in den bilateralen Beziehungen dar.

Der Krieg, fährt Cichocki fort, habe die Schicksale Polens und der Ukraine aufs Gute oder Schlechte und wahrscheinlich auch für künftige Generationen miteinander verflochten. Ein Blick auf die Europakarte würde ausreichen, um zu erkennen, dass die Ukraine in ihrem Kampf gegen Russland wirtschaftlich, militärisch und politisch nur mit der direkten Unterstützung von polnischer Seite überleben könne.

Die Polen würden allerdings immer noch zu wenig an die Folgen dieser großen Veränderung denken, während Russland sich ihrer sehr wohl bewusst sei und alles tun werde, um die Annäherung beider Länder zu verhindern. Zu diesem Zweck, lesen wir, werde der Kreml Verbündete im Westen, aber auch in Polen und der Ukraine suchen. 

Für Polen sei dieser Wandel indes eine große Chance, die das Land klug ausnutzen müsse, unter anderem indem es helfe, die Ukraine in den Strukturen des Westens und Europas zu verankern. Dies würde der Ukraine einerseits eine neue Zukunft ermöglichen, aber auch Polen aufs Neue in der EU positionieren, so Marek Cichocki in der Rzeczpospolita.

Fakt: Wie kann Polen Panzer aus Deutschland ersetzen?

Wie kann man das Potenzial der polnischen Streitkräfte verbessern, wenn Deutschland seinen Versprechen zur Lieferung von Panzern nicht nachkommt? Wie der ehemalige Generalstabschef der polnischen Streitkräfte, General Mieczysław Gocuł im Gespräch mit dem Boulevardblatt Fakt beobachtet, könne die Bestellung, der Kauf und die Inbetriebnahme neuer Panzer, z.B. aus Amerika oder Südkorea, sogar mehrere Jahre dauern. Angesichts der angespannten internationalen Lage sei daher eine andere Lösung notwendig. Wenn Polen keine Ausrüstung aus Deutschland kaufen oder sie durch heimische Ausrüstung ersetzen könne, so der Militär, sollten sich Polens Politiker auf dem kommenden NATO-Gipfel in Madrid erneut für eine verstärkte Präsenz der alliierten Streitkräfte in Polen einsetzen. Eine vernünftige Lösung könnte laut Gocuł etwa die Stationierung einer deutschen Panzerbrigade in Polen sein, bis das Land seine eigenen Verteidigungsfähigkeiten wiederaufgebaut habe.

Geht es indes nach dem Vorsitzenden des parlamentarischen Verteidigungsausschusses, Waldemar Andzel (PiS), würde die Stationierung deutscher Truppen in Polen aus historischen Gründen nicht in Frage kommen. Zudem, so der Politiker, sei Deutschland ein sehr schlecht bewaffnetes Land. Er, so Andzel, könne sich daher sehr wohl eine ständige Präsenz amerikanischer Truppen in Polen vorstellen, die deutscher Truppen dagegen nicht. Es gebe außerdem auch andere NATO-Staaten, wie Großbritannien oder die Türkei, die über moderne Streitkräfte verfügen, erinnert der Abgeordnete der Regierungspartei. Auch der Politiker der Bürgerkoalition Cezary Tomczyk hält die Stationierung deutscher Truppen in Polen für keine gute Idee. Seiner Meinung nach sollten an der Weichsel multinationale oder amerikanische Einheiten zum Einsatz kommen. Die Deutschen sollten sich jetzt vor allem darauf konzentrieren, der Ukraine Waffen zu liefern, so Cezary Tomczyk im Gespräch mit Fakt.

Autor: Piotr Siemiński