Deutsche Redaktion

"EU - neues Schreckgespenst der PiS vor den Wahlen"

11.08.2022 14:28
Das Interview von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, in dem der Regierungschef die EU als Oligarchie mit imperialistischen Tendenzen bezeichnet, in der Deutschland und Frankreich am meisten zu sagen haben, ist heute ein wichtiges Thema in den polnischen Pressekommentaren.
Arkadiusz Rogowski: to jest gra poza traktatowa, czysto polityczna
Arkadiusz Rogowski: to jest gra poza traktatowa, czysto politycznasymbiot/shutterstock

Rzeczpospolita: EU - neues Schreckgespenst der PiS vor den Wahlen

Woher die Attacke auf die EU gerade jetzt? Der Premierminister müsse eben schnell einen Sündenbock dafür finden, dass die Mittel vom Wiederaufbauplan der EU so schnell nicht in die polnische Staatskasse fließen werden, urteilt der Publizist der konservativ-liberalen Rzeczpospolita, Jacek Nizinkiewicz. Bei seiner Amtsübernahme 2017, erinnert der Autor, habe die “Financial Times” Morawiecki einen “Modernisator” genannt, dessen Aufgabe die Verbesserung der Beziehungen zur EU sei. Heute hätten wir es statt mit einem “Modernisator” mit einem Moralisten zu tun, der das Fiasko seiner Mission, Mittel aus dem Nationalen Wiederaufbaufonds zu erhalten, mit Tiraden gegen die EU übertönen wolle. In seinem Radikalismus laufe Morawiecki inzwischen mit dem erzkonservativen Justizminister Zbigniew Ziobro, der rechtskonservativen Partei Konfederacja und Nigel Farage um die Wette. Er vergesse dabei jedoch, wie es Premierminister David Cameron ergangen sei, der den Austritt Großbritanniens aus der EU zugelassen habe, so Jacek Nizinkiewicz in der Rzeczpospolita. 

Gazeta Polska Codziennie: Wir bitten niemanden um Erlaubnis

Kämpferische Ansagen des polnischen Premierministers gegenüber der EU und der Opposition sind indes auch in der heutigen Ausgabe der nationalkonservativen Gazeta Polska Codziennie zu finden. Morawiecki, lesen wir im Blatt, sei gestern während einer Pressekonferenz nach der Ankündigung von PiS-Chef Jarosław Kaczyński gefragt worden, laut dem die Beziehungen mit der EU neu geordnet werden sollten. “Sowohl für die Liberalen, als auch für die Postkommunisten”, so die Antwort von Morawiecki, “also für die sehr exotische Koalition in der Opposition, habe ich eine Botschaft: Polen realisiert heute sein eigenes Interesse, bittet niemanden um Erlaubnis und wird auf kein Fußgestampfe von Brüsseler Bürokraten reagieren, sondern realisiert mit Würde seine Politik im am besten verstandenen polnischen Interesse, zu dem auch die Reform verschiedener Institutionen gehört”. Er sei sich sicher, dass Polen dabei sehr effektiv sein werde, zitiert Gazeta Polska Codziennie Premierminister Mateusz Morawiecki.

Gazeta Wyborcza: Vergiftete Oder für Jahre tot

Die Umweltkatastrophe in der Oder ist auch Thema in der aktuellen Ausgabe der linksliberalen Gazeta Wyborcza. In dem Fluss, erinnert die Zeitung, würden sich tausende tote Fische befinden. Das Wasser stinke nach Chlor und Gülle. Alles wegen des Mesitylens, dessen Anwesenheit in dem Wasser nachgewiesen worden sei. Dabei handle es sich um eine stark toxische Substanz, die als Lösungsmittel für Harze und Gummi sowie zur organischen Synthese (zum Beispiel von Antioxidantien) verwendet werde. Das Mittel sei vermutlich vor etwa zwei Wochen im niederschlesischen Teil der Oder ins Wasser gelangt. Die ersten toten Fische seien schon am 26. Juli in der Region um Oława gesichtet worden, heute würden täglich tausende Fische sterben. Allein um Wrocław herum seien fast acht Tonnen aus dem Wasser gefischt worden. Mittlerweile habe das vergiftete Wasser Westpommern erreicht, schreibt die Gazeta Wyborcza, laut deren Gesprächspartnern der Wiederaufbau des Ökosystems in der Oder nach der Katastrophe mindestens 10 bis 15 Jahre dauern werde.

Autor: Adam de Nisau