Rzeczpospolita: Wahlen in Polen werden sich um Reparationen drehen
In einem Interview mit der Tageszeitung sei der Abgeordnete der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) überzeugt, dass sich die bevorstehenden Wahlen in Polen auch um Kriegsreparationen drehen werden. Geht es nach Arkadiusz Mularczyk, der für die Ausarbeitung des Berichts über die polnischen Kriegsverluste im Zweiten Weltkrieg verantwortlich ist, würde Deutschland heute viel Geld darauf setzen, dass die Opposition diese Wahlen gewinne. Aussagen führender Politiker der Bürgerplattform (PO) würden darauf hindeuten, das die geplante diplomatische Note an Deutschland über die Entschädigung für den Zweiten Weltkrieg zurückgezogen werden könnte, falls man sie vor den Wahlen vorlege, die Bürgerplattform aber diese gewinne.
Die PO selbst soll dieses Thema unaufgefordert aufgreifen. Wenn die PiS die nächsten Parlamentswahlen also gewinne, hätten die Polen somit eine Chance, Geld von Deutschland zu bekommen. Falls die Bürgerplattform gewinne, könnten sie sicher sein, dass sie kein Geld sehen werden, bestätigt Mularczyk gegenüber der Zeitung.
Dem Abgeordnete zufolge bringe die Regierungspartei dieses Thema heute "sehr konkret, zuverlässig und sachlich in einem Bericht ans Licht". In einiger Zeit werde das Schreiben an die deutsche Regierung vorbereitet, so dass es bei den anstehenden Wahlen auch darum gehen werde, ob die Deutschen Polen die fast anderthalb Billionen Dollar zahlen sollen oder ob sie dieses Geld nicht an Polen zahlen sollen". Bevor sehr konkrete politische und diplomatische Maßnahmen ergriffen werden, sei es sehr wichtig, fährt der Politiker im Interview fort, dass die öffentliche Meinung in Polen, aber auch in der Welt, diesen Bericht kennen lerne. Es werde wichtig sein, die Unterstützung der öffentlichen Meinung nicht nur in Polen, sondern in erster Linie auch in Deutschland, den Vereinigten Staaten, Israel, Großbritannien, Kanada und den Ländern der Europäischen Union zu gewinnen. Man müsse internationales Verständnis für Polens Handeln wecken und diplomatischen, politischen, sozialen und medialen Druck auf die deutsche Regierung ausüben.
Die Geschichte des Zweiten Weltkriegs sei in der Welt leider wenig bekannt, wenn es um Polen und seine erlittenen Verluste gehe. Trotzdem hoffe Mularczyk, dass die Angelegenheit "noch zu Lebzeiten des Parteivorsitzenden Jarosław Kaczyński" abgeschlossen werden könne. Mularczyk sei sich jedoch bewusst, dass es sich um einen längeren Prozess von mindestens mehreren Monaten, vielleicht sogar Jahren handeln werde. Wie lange genau, das werde sich noch herausstellen, schließt der Mitverfasser des Berichts über die Kriegsreparationen sein Interview mit der Tageszeitung ab.
Dziennik/ Gazeta Prawna: Opposition auch für Reparationen
Dziennik/Gazeta Prawna indes schreibt am Dienstag, dass sowohl die oppositionelle PO als auch die Linke die Idee der Reparationen aus Deutschland unterstützen. Sie sollen nur das Vorgehen der Regierungspartei (PiS) in dieser Frage kritisieren. Keine der Parlamentsparteien sei ausdrücklich dagegen, heißt es. Dies habe auch der Parteiführer der Bürgerplattform, Donald Tusk, zum Ausdruck gebracht. Er beabsichtige nicht, die Regierung an der Erfüllung dieser Aufgabe zu hindern. Statt dessen würde er ein genaues Harmonogramm der polnischen Diplomatie in dieser Angelegenheit erwarten.
Auch der Vorsitzende der linken Partei Razem, Adrian Zandberg, habe keinen Zweifel daran, dass Reparationen für Kriegsschäden eine gerechte Sache wären. Von der Regierung wolle er allerdings keine runden Worte hören, lesen wir, sondern einen realistischen Plan, wie diese Wiedergutmachung erreicht werden könne. Dazu braucht es auch Verbündete, sowohl in Deutschland selbst als auch außerhalb Deutschlands. Es gehe um die öffentliche Meinung in Europa, glaubt Zandberg.
Namibia sei ihm nach ein Beispiel aus den letzten Jahren, wo so etwas gelungen sei. Der Erfolg habe darin gelegen, so Zandberg gegenüber DGP, dass ein großer Teil der deutschen Öffentlichkeit von der Richtigkeit eines solchen Schrittes überzeugt gewesen sei. Er sehe aber nicht, dass die Regierung irgendetwas unternehme, um die öffentliche Meinung auf der anderen Seite der Oder zu beeinflussen. Das seiner Meinung nach "Gegröle" auf einer Pressekonferenz könne nicht als solches bezeichnet werden. Der juristische Weg sei verschlossen. Polen bleibe nur der diplomatische Druck, überzeugt der Linkspolitiker.
Das Thema Reparationen kehre wieder in die öffentliche Debatte zurück, schreibt DGP abschließend, als Vertreter des Regierungslagers am Donnerstag letzter Woche einen umfassenden Bericht über die Zerstörungen vorgelegt und angekündigt haben 1,3 Billionen Euro von Deutschland zu fordern. Geplant sei eine diplomatische Note an Berlin, sobald der Bericht ins Deutsche übersetzt sei.
Niemand habe ein Datum genannt, heißt es. Parteiführer Jarosław Kaczyński selbst habe zugegeben, lesen wir am Schluss im Blatt, dass dies Zeit brauche und dass man in Deutschland selbst eine Informationskampagne dazu durchführen werde.
Gazeta Polska Codziennie: Etwas ändert sich
Das Thema der Reparationen habe in der westlichen Presse warme Reaktionen hervorgerufen, schreibt die regierungsnahe Gazeta Polska Codziennie am Dienstag. Die französische Reaktion sei besonders interessant, heißt es. Die bedeutende Tageszeitung „Le Figaro“ habe einen Artikel von Jaroslaw Kaczynski über die Verluste, die Polen während des Zweiten Weltkriegs durch Deutschland erlitten hat, veröffentlicht. Der Artikel des PiS-Vorsitzenden und die Frage der Reparationen sei zu einer Gelegenheit geworden, lesen wir, die geopolitischen Veränderungen in Europa zu beschreiben.
Die stellvertretende Chefredakteurin der Tageszeitung, Laure Mandeville, habe in ihrem Text "Wo liegt der neue Schwerpunkt Europas?" den Niedergang Deutschlands und den Aufstieg Polens beschrieben. Demnach solle Warschau zum "neuen strategischen Pol" des Kontinents werden. Könnte dies ein Zeichen dafür sein, dass Paris sein Konzept für Europa ändere fragt GPC? Die Franzosen mögen an einer Schwächung Deutschlands interessiert sein. Diese wäre eine Chance für ihre Wirtschaft. Ein schwächeres Deutschland und seine Unternehmen würden mehr Raum für französische Firmen bedeuten. Vielleicht sei am Horizont statt eines deutsch-französischen Tandems somit ein polnisch-französisches in Sicht, lautet das Fazit der regierungsnahen Tageszeitung.
Piotr Siemiński