Deutsche Redaktion

"Zeit, die Freundschaft mit Frankreich zu erneuern"

01.11.2022 09:28
Durch die zunehmende Abkühlung der deutsch-französischen Beziehungen bietet sich eine Chance für Polen, gemeinsam mit Paris ein Gegengewicht zum gefährlich egozentrischen Berlin aufzubauen, schreibt in seinem Kommentar für Dziennik.pl der Publizist Andrzej Krajewski.
Międzyrządowe spotkanie Francja-Niemcy odwołane. Powodem różnice w polityce energetycznej i obronnej
Międzyrządowe spotkanie Francja-Niemcy odwołane. Powodem różnice w polityce energetycznej i obronnejChiasson Paul/CP/ABACA/PAP

Die deutsch-französische Freundschaft, auf der die Europäische Union aufgebaut wurde, werde von Woche zu Woche schlechter. Dies wiederum sei eine einmalige Chance für Warschau, schreibt Andrzej Krajewski im Online-Portal von Dziennik Gazeta Prawna.

Die Verantwortung für diesen Zustand, sei in erster Linie Berlin anzulasten. Seit Olaf Scholz Bundeskanzler ist, lesen wir, verhalte er sich wie ein gestörter Ehemann, der genug von seiner ständig nörgelnden französischen Frau habe. Er tue alles, um so wenig Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen. Seit Langem versuche Paris, Berlin klarzumachen, dass eine solche Vorgehensweise nicht in Ordnung sei.

In den letzten Wochen habe Präsident Macron die Regierung von Scholz u.a. für ihren Plan kritisiert, 200 Milliarden Euro zur Unterstützung der von den hohen Energiepreisen betroffenen Bürger und deutschen Unternehmen auszugeben. Er habe Berlin des wirtschaftlichen Protektionismus und der Untergrabung der europäischen Solidarität beschuldigt. Danach habe er die Entscheidung des Bundeskanzlers kritisiert, einen Teil des Hamburger Hafens an den chinesischen Konzern Cosco zu verkaufen. Macron, heißt es weiter, habe Scholz für seine "Naivität" gerügt und dafür, dass er Peking erlaube, Europa "wie einen offenen Supermarkt" zu behandeln. Paris habe anschließend auch die Reise des Bundeskanzlers nach China empört. Scholz sei der erste Anführer eines demokratischen Staates, der dem chinesischen Herrscher persönlich dazu gratuliert habe, dass er sich seine Herrschaft auf Lebenszeit gesichert hat.

Hier liege daher nun die Chance für Polen, schreibt Krajewski, nicht länger die Rolle eines passiven Statisten oder, wie in den letzten Jahren, eines Prügelknaben in der EU zu spielen. Für Warschau sei dies der beste Zeitpunkt, um den Franzosen die Notwendigkeit eines Gegengewichts in der EU zum gefährlich egoistischen Deutschland bewusst zu machen. Ansonsten werde Paris weiter an Boden verlieren. Ohne die Unterstützung Frankreichs, heißt es, werde wiederum die Stimme Warschaus im Europäischen Rat nur ein Schrei in der Wüste bleiben. Polen habe also die Möglichkeit, seinen EU-Status zu steigern. Krajewski schließt seinen Kommentar mit einem Zitat aus der letzten Szene des Films Casablanca, in der Rick zu Captain Renault sagt: "Louie, das könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein".

Autor: Piotr Siemiński