Deutsche Redaktion

"Amerika wählt, Ukraine hält den Atem an"

08.11.2022 12:09
Ein wichtiges Thema bleiben in der Presse auch diese Woche der Streit zwischen Polen und Brüssel um die Mittel aus dem Wiederaufbaufonds und die wachsenden Strafen für Polen für die Nichterfüllung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs. Außerdem geht es auch um die potentiellen Folgen der Midterm-Wahlen in den USA für den Krieg in der Ukraine und eine deutliche mentale Abkehr der Polen von der Kohleenergie.
Jacek Siewiera: główne zasady amerykańskiej polityki zagranicznej są stałe i nie ulegną zmianie
Jacek Siewiera: główne zasady amerykańskiej polityki zagranicznej są stałe i nie ulegną zmianiePAP/EPA/WILL OLIVER

Rzeczpospolita: Teurer Konflikt mit Brüssel

Laut dem Großteil der Polen sind für die Blockade der Mittel aus dem Wiederaufbaufonds die Regierenden verantwortlich, nicht Brüssel, schreibt in ihrem heutigen Aufmacher unter Berufung auf eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts IBRiS die konservativ-liberale Rzeczpospolita. Auf die Verantwortung des Justizministers und Chefs des kleinen Koalitionspartners Solidarisches Polen, der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit, sowie der Regierung Morawiecki, lesen wir, hätten insgesamt 63,9 Prozent der Befragten hingewiesen. Nur 11,5 Prozent würden die Schuld für die Blockade bei der Opposition sehen, 17 Prozent bei der Europäischen Kommission. Über ein Jahr nach der Auferlegung von Strafen auf Polen durch den Europäischen Gerichtshof, sowie nach anderen Sanktionen für die von der Vereinigten Rechten forcierten Änderungen im polnischen Justizwesen, habe der Konflikt Polen umgerechnet schon über zwei Milliarden Złoty an Strafen gekostet, erinnert Rzeczpospolita. Dabei handle es sich um Gelder, die Brüssel von verschiedenen für Polen bestimmten Fonds abzieht. Bisher habe es sieben solcher Abzüge in Höhe von insgesamt 267 Millionen Euro gegeben. 

Das Traurige daran sei, dass für die Kosten, für die alle Steuerzahler aufkommen müssten, vor allem die kleine Koalitionspartei von Justizminister Ziobro verantwortlich sei, betont in ihrem Kommentar die Publizistin Zuzanna Dąbrowska. Und es sei so gut wie sicher, dass sie es nicht aus Überzeugung für die verkündeten EU-skeptischen Parolen tue, sondern aus politischem Kalkül. Sie wolle sich ein Nestchen in der europafeindlichen Nische basteln, von der aus sie in Zukunft den großen Sprung auf den politischen Nachlass von Jarosław Kaczyński plane, so Zuzanna Dąbrowska in der Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Chance für alle, also für unsere

Wann und ob das Geld aus dem Wiederaufbaufonds nach Polen fließen wir, bleibt ungewiss. Doch schon jetzt gibt es Streit darum, wer die Ausgaben aus dem Fonds kontrollieren wird, berichtet in ihrem Aufmacher die linksliberale Gazeta Wyborcza. Eigentlich, erinnert das Blatt, soll sich das entsprechende Komitee aus einigen Dutzend Vertretern unterschiedlicher Milieus zusammensetzen. Vier Plätze seien für Vertreter von NGO´s vorgesehen, die für Grundrechte und den Kampf gegen Diskriminierung werben. Nachdem jedoch eben diese Plätze infolge eines Wettbewerbs von regierungskritischen NGO´s besetzt worden seien, lesen wir, hätten regierungsnahe NGO´s vehement gegen die geplante Besetzung protestiert. Wenig später habe der Minister für Regionalfonds und -politik Grzegorz Puda den Wettbewerb unter dem Vorwand von prozeduralen Zweifeln für nichtig erklärt. Puda wolle die Mitglieder des Komitees nun selbst benennen, berichtet Gazeta Wyborcza.

Dziennik/Gazeta Prawna: Amerika wählt, Ukraine hält den Atem an

Die heutigen Midterm-Wahlen in den USA werden voraussichtlich den Republikanern den Sieg und damit wohl auch die Kontrolle über das Repräsentantenhaus und vielleicht auch den Senat bescheren. Wenig später werde vermutlich auch Donald Trump seinen Start in der Bataille um das Weiße Haus verkünden, schreibt das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna. Das, so die Zeitung, seien schlechte Nachrichten für die Ukraine, denn die amerikanischen Konservativen rufen zu einer Rückbesinnung auf die internen Angelegenheiten der USA auf. Dies wiederum könne eine Blockade von Geldern für Militärhilfen für Kiew nach sich ziehen. Oder zumindest eine größere Kontrolle über die Mittel. Besonders die Befürworter von Trump würden sich voraussichtlich für die Ermittlungen rund um den Ex-Präsidenten mit Untersuchungsausschüssen revanchieren wollen, die die Ausgaben für die Verteidigung der Ukraine ins Visier nehmen werden. Und darauf zählen, dass die niedrige Transparenz dieser Ausgaben dabei helfen werde, Joe Biden weiter zu schwächen, so Dziennik/Gazeta Prawna.

Dziennik/Gazeta Prawna: Polen für Atomkraft und grüne Energien

Und noch ein Akzent zur Energetik. Photovoltaik, Windräder und Atomkraft - vor allem aus diesen Quellen wollen die Polen Energie gewinnen, schreibt ebenfalls Dziennik/Gazeta Prawna unter Berufung auf eine Umfrage von United Survey. Kohle, die bisher der Pfeiler der polnischen Energetik gewesen sei, würden weniger als 25 Prozent der Befragten als zukunftstauglich bewerten. In Bezug auf die Atomkraft-Pläne der Regierung würden die Ergebnisse indes eine klare Sprache sprechen - 83 Prozent der Befragten würden die Idee befürworten, dagegen seien weniger als 10 Prozent, so Dziennik/Gazeta Prawna.

Autor: Adam de Nisau