Deutsche Redaktion

"Russische Oppositionelle planen weiteres Treffen in Warschau"

08.02.2023 12:03
Beim für den 20-23 Februar geplanten Treffen in Warschau werden die Politiker eine Vision Russlands ohne Wladimir Putin vorstellen wollen, schreibt Rzeczpospolita. Außerdem geht es auch um die seit längerer Zeit ersten positiven Signale aus der polnischen Opposition. 
Opozycja w Rosji jest prześladowana przez władze na Kremlu
Opozycja w Rosji jest prześladowana przez władze na Kremlushutterstock.com/Oleksandr Polonskyi

Rzeczpospolita: Russische Oppositionelle planen weiteres Treffen in Warschau

Wie die konservativ-liberale Rzeczpospolita erfahren hat, wird sich ein Teil der russischen Oppositionellen kurz vor dem Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine erneut in Polen treffen. Das erste Treffen der Volksdeputierten Russlands (ZDLR) hat, wie das Blatt erinnert, im November 2022 in Jabłonna in der Nähe von Warschau stattgefunden. Beim nächsten Treffen am 20-23 Februar in Warschau würden die Teilnehmer eine Vision Russlands ohne Wladimir Putin vorstellen wollen. “Wir sollten nicht nur zum Kampf gegen Putin aufrufen, aber auch sein Regime bekämpfen. Wenn es zu einem Machtwechsel in Russland kommt und die demokratische Opposition nicht vorbereitet ist, werden Personen aus dem aktuellen Umfeld Putins die Macht ergreifen”, sagt im Gespräch mit der Rzeczpospolita Prof. Vladimir Ponomarjow, der die ZDLR in Polen und Litauen vertritt. Und kündigt an, dass sich zu den Teilnehmern einer der wichtigsten Rivalen Putins, Michail Chodorkowski per Video zuschalten könnte. 

Die Teilnehmer des ZDLR, erinnert die Zeitung, würden unter anderem die Rückgabe aller besetzten Gebiete an die Ukraine postulieren, darunter auch der Krim. Sie würden zudem auch ein “Übergangsparlament” schaffen wollen und sich um offizielle Anerkennung in Polen, den baltischen Staaten und der Ukraine bemühen. Schnell, so das Blatt, werde es dazu wohl nicht kommen, trotzdem sei nach dem Treffen die Gründung von Büros in Kiew und Warschau geplant, die als Treffpunkt für russische Oppositionelle dienen sollen. 

Bei ZDLR, lesen wir weiter, handele es sich um eine Fraktion der russischen Opposition. Nicht vertreten sei in ihr unter anderem der in Haft sitzende, heute wohl bekannteste Putingegner, Aleksiej Nawalny. “Ich glaube nicht daran, dass eine Fraktion der russischen Opposition auf eine offizielle Anerkennung der Behörden in Kiew zählen kann. Doch alles hängt natürlich auch von der weiteren Entwicklung der Situation ab”, sagt der ukrainische Politologe Wolodymyr Fesenko. Entscheidungen über die weiteren Beziehungen mit Russland, so der Experte, werde die Ukraine erst zum Kriegsende fällen. Bis dahin würden Kontakte mit Ponomarjow gepflegt, aber eben ohne offizielle Anerkennung. Für Ponomarjow würde die Tatsache sprechen, dass er in Kiew wohnt und sich für die russische Legion einsetzt, die auf ukrainischer Seite kämpft. Gleichzeitig sei er jedoch in der Ukraine vor allem mit dem oppositionellen Lager von Ex-Präsident Petr Poroschenko verbunden, was wiederum eine gewisse Belastung darstellen könnte.

Ob die Initiative der ehemaligen russischen Parlamentarier eine politische Kraft hervorbringen könne, die imstande wäre, nach einem Fall Putins die Macht zu übernehmen? “Kolumbus hat zunächst Indien gesucht und durch Zufall Amerika entdeckt”, sagt dazu der in Deutschland ansässige russische Oppositionelle Leonid Gozman. Er, so der Politiker, glaube nicht, dass die Postulate der Teilnehmer des Treffens in Erfüllung gehen. Gleichzeitig sei jedoch jede Aktivität in dem festgefrorenen Matsch, in den Putin das Land verwandelt habe, positiv. Es bestehe immer die Chance, dass sich dadurch etwas bewegen könnte. Er selbst habe die Einladung zum Treffen jedoch ausgeschlagen. “Vor allem, da einige der Teilnehmer über die Notwendigkeit von bewaffnetem Widerstand sprechen. Ich negiere das nicht, werde aber persönlich kein Gewehr in die Hand nehmen”, erklärt der Politiker. Seiner Meinung nach genieße in der russischen Opposition Aleksiej Nawalny die größte Autorität. “Nur er kann zehntausende Menschen auf die Straße führen. Sonst niemand”, so Gozman im Gespräch mit Rzeczpospolita.

Gazeta Wyborcza: Wie sollen sie zusammen regieren?

PSL-Chef Władysław Kosiniak-Kamysz und der Vorsitzende der Partei “Polen 2050” Szymon Hołownia haben die Gründung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe für Programmfragen angekündigt, berichtet in der aktuellen Ausgabe die linksliberale Gazeta Wyborcza. Die Botschaft an sich, so der Publizist Paweł Wroński, gehöre nicht zur Kategorie der politisch spannenden. Es sei jedoch das seit längerer Zeit erste positive Signal aus der polnischen Opposition – eines, in dem davon die Rede sei, das jemand zusammenarbeiten und in Zukunft auch gemeinsam regieren will. Zum ersten Mal seit längerer Zeit würde jemand versuchen, etwas zu verbinden, statt zu spalten. Beide Politiker, so der Autor, würden zwar betonen, dass es sich vorerst um eine Kooperation im Programmbereich handele. Alles deute jedoch darauf hin, dass aus dieser Verlobung eine Wahlkoalition entstehen könnte. Vielleicht noch vor Ostern. 

Eine gemeinsame Liste aller demokratischen Oppositionsparteien, so der Autor, werde damit zwar immer unwahrscheinlicher. Aber es sehe danach aus, dass wenigstens die Gefahr gebannt worden sei, dass die Opposition völlig zersplittert in die Parlamentswahlen geht. Heute würde einiges darauf hindeuten, dass die Opposition stattdessen mit drei Listen antreten wird, was keine optimale, aber auch nicht die schlechteste Variante sei. Vieles hänge nun von den Rivalen der PSL und von “Polen 2050” ab. Schließlich würde die Opposition deklarieren, dass sie nach den Wahlen eine Regierungskoalition bilden will. Die Regierung, so das Versprechen, werde moralischer und effektiver agieren, als die verbrauchte Vereinigte Rechte. Doch die Probleme bei den Verhandlungen zu den Wahllisten würden diese Überzeugung bei den Wählern untergraben. Sie würden die Frage aufwerfen : Wie werden sie wohl gemeinsam regieren, wenn sie nicht einmal in der Lage sind, sich in Bezug auf den Start in die Wahlen abzusprechen, so Paweł Wroński in der Gazeta Wyborcza.

Autor: Adam de Nisau