Deutsche Redaktion

"Die Ukraine bei guter Laune halten"

14.02.2023 12:26
Wenn ukrainische Soldaten jeden Tag heldenhaft im Kampf gegen die russischen Invasoren sterben, scheine es unangebracht, etwas zu sagen, was sie nicht bei Kräften hält, schreibt Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita. 
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Rzeczpospolita: Die Ukraine bei guter Laune halten 

Wenn ukrainische Soldaten jeden Tag heldenhaft im Kampf gegen die russischen Invasoren sterben, scheine es unangebracht, etwas zu sagen, was sie nicht bei Kräften hält, schreibt Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita. Dies war auch bei dem Besuch der Chefin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in Kiew der Fall gewesen. Sie habe den Platz der Ukraine in Europa bekräftigt. Dasselbe habe auch der EU-Parlamentspräsident Charles Michel getan. Insidern zufolge habe die seit langem bestehende Rivalität zwischen der Deutschen und dem Belgier somit eine neue Form angenommen: Wer wird sich als größter Freund der Ukraine erweisen?

Geht es nach EU-Diplomaten, werde es allerdings keine beschleunigte Mitgliedschaft für die Ukraine geben. Es bestehe somit die Gefahr, heißt es im Blatt, dass die positive Rhetorik mit der Realität kollidieren werde.

Genau so sei es schon mit den EU-Sanktionspaketen gegen Russland gewesen, fährt der Autor fort. Sie sollten Putins Regime in die Knie zwingen. Im vergangenen Jahr sei die russische Wirtschaft aber nur um knapp 2,2 Prozent geschrumpft. In diesem Jahr soll sie sogar um 0,3 Prozent wachsen. Also mehr als in Deutschland. Moskau, lesen wir, habe in China, Indien, aber auch in der Türkei alternative Wirtschaftspartner gefunden. Brüssel habe mit seinem Freihandelsabkommen zwar Druck auf Ankara ausüben können, diese Möglichkeit aber leider nicht genutzt, urteilt Bielecki.

Im Sommer letzten Jahres wurde die Ukraine offiziell als EU-Beitrittskandidat bestätigt, fährt der Autor fort. Genau wie die Türkei im Jahr 1999, heißt es. Der nächste Schritt sei nun die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten sollen diese bereits 2023 beginnen. Ob die EU-Länder die Erwartungen von Wolodymyr Selenskyj erfüllen werden, hänge also davon ab, wie sich die Lage an der Front im Herbst entwickelt und ob es dann notwendig sein wird, die Ukraine weiterhin bei Laune zu halten, heißt es.

Aber auch dieser Schritt sei im Fall der Türkei längst überfällig. Ankaras Beitrittsverhandlungen hätten 2005 begonnen. Seitdem seien die Gespräche jedoch ins Stocken geraten. Nach Ansicht des portugiesischen Premierministers habe man die Hoffnungen der Türken auf die EU-Integration enttäuscht. Dies habe in hohem Maße zur Abkehr des Landes von westlichen Werten und von der Demokratie geführt. Diesen Fehler, so Antonio Costa, dürfe man bei den Ukrainern nicht wiederholen.

Ein weiteres Hindernis seien die sieben Länder des westlichen Balkans. Ihnen habe man bereits vor mehreren Jahren die Mitgliedschaft in der Union versprochen. Würde man sie jetzt bei der Aufnahme der Ukraine (und Moldawiens) ausklammern, könnte dies einem Bericht des französischen Senats zufolge zu Frustrationen und einem neuen Krieg führen. Ein Sprung zu einer Union mit 36 Mitgliedstaaten würde jedoch tiefgreifende institutionelle Reformen erfordern. Ohne sie wären die Arbeiten der EU-Zentrale gelähmt. Bislang gebe es aber  nur wenige Reformvorschläge und Einigkeit in dieser Angelegenheit, so die Rzeczpospolita. 

Wprost: Der Westen muss aufhören zu scholzen" 

Alles deute darauf hin, dass Russland in höchstens ein paar Wochen eine massive Offensive gegen die Ukraine startet, schreibt das Online-Portal des Wochenblatts Wprost. Die Ukrainer seien sich der drohenden Gefahr durchaus bewusst. Sie würden sich gleichzeitig auf eine Gegenoffensive vorbereiten, um möglichst viele der besetzten Gebiete zu befreien, heißt es. Kiew appelliere deshalb an seine westlichen Verbündeten, die Waffenlieferungen zu beschleunigen. Geht es nach dem Mitglied des Sicherheits- und Verteidigungsrates beim polnischen Präsidenten, General Roman Polko, bestehe der dringendste Bedarf der ukrainischen Armee derzeit in Panzern, Mittel- und Langstrecken-Artillerie sowie Flugzeugen. Ihm zufolge seien die Waffenlieferungen aus dem Westens leider oft zu gering. Notwendig seien systematische Lieferungen in Hunderten von Stückzahlen und nicht eine Tröpfchenmethode, bei der jeweils nur ein paar Exemplare verteilt werden.

Polkos Ansicht nach sei die Haltung Deutschlands das größte Hindernis für eine verstärkte militärische Unterstützung der Ukraine. Dieses Jahr sei aber realistisch, so der Militärexperte, um den Krieg mit einem Sieg für die Ukraine zu beenden. Man müsse allerdings ein ernsthaftes Gespräch mit Bundeskanzler Scholz darüber führen, heißt es abschließend im Blatt, ob er durch seine Untätigkeit und die Blockierung oder Verzögerung von Lieferungen für Säuberungen oder Völkermorde verantwortlich sein wolle, betone General Polko. 

Gazeta Polska Codziennie: „Smartphone-freie Schule" 

Smartphones in der Schule - sei es in den Pausen oder sogar während des Unterrichts - seien auch in Polen zunehmend umstritten, schreibt indes die konservative Gazeta Polska Codziennie. Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität, Angstzustände, Beeinträchtigung der zwischenmenschlichen Fähigkeiten und Depressionen seien nur einige der fatalen Folgen, wenn man zu lange ins blaue Licht der Handy-Bildschirme starre. Eine Antwort auf dieses Phänomen sei eine Petition des Zentrums für Leben und Familie mit dem Titel „Smartphone-freie Schule". Deren Verfasser sollen das Bildungsministerium auffordern, die Nutzung von Mobilgeräten durch Schüler auf dem Schulgelände vollständig zu verbieten.

Geht es nach dem Blatt, würden die Urheber dieser Initiative zu Recht darauf hinweisen, dass diese Geräte den Wissenserwerb beeinträchtigen. Handys würden Schüler durch starke Reize vom Lernen ablenken. Vieles deute jedoch darauf hin, dass Polen nicht dem Weg Frankreichs oder Italiens folgen werde, die ein solches Verbot eingeführt haben. Dies sei bedauerlich. Bei Mobiltelefonen in Schulen würden nämlich gute Absichten mit halben Maßnahmen, Kinder vor den negativen Effekten dieser technologischen Errungenschaft nicht schützen.


Piotr Siemiński