Deutsche Redaktion

"Deutliches Signal an Diktatoren weltweit"

22.02.2023 12:30
Was bedeuten die Worte von Biden für Autokraten weltweit? Kann der Westen nach der Rede von Putin vorerst aufatmen? Welche Perspektiven auf Frieden gibt es nach dem Fernduell zwischen Biden und Putin? Und: Wie nutzen regierungsnahe Politiker die Visite für innenpolitische Zwecke? Die Pressestimmen im Überblick.
Przemówienie Joe Bidena było porównywalne do wystąpień JFK i Reagana - ocenił były ambasador USA w Polsce
Przemówienie Joe Bidena było porównywalne do wystąpień JFK i Reagana - ocenił były ambasador USA w PolsceJacek Szydlowski / Forum

Gazeta Wyborcza: Deutliches Signal an Diktatoren weltweit

Das, was die gestrige Rede von Biden bemerkenswert gemacht habe, sei der Bezug auf die fundamentalen Werte des Westens - Freiheit, Demokratie und Solidarität - gewesen, schreibt im Aufmacher der linksliberalen Gazeta Wyborcza der Publizist Bartosz Wieliński. Biden habe, wie Wieliński erinnerte, angekündigt, dass die USA diese Werte verteidigen werden. Aus der Perspektive der ukrainischen Soldaten, die jeden Tag weiteren Wellen von russischen Angriffen bei Bachmut oder Kreminna die Stirn bieten müssten, hätten die Begriffe “Freiheit” und “Demokratie” zwar wohl eher eine abstrakte Bedeutung. Sie würden zum Überleben vor allem Munition, sowie westliche Kampf- und Schützenpanzer brauchen. Aber für Russland, China, Iran und andere Diktaturen sei dies eine deutliche Deklaration, dass die USA sich nicht aus der globalen Politik zurückziehen werden. Sie würden auch nicht kalkulieren, ob sich Bündnisse für sie kurzfristig finanziell rechnen. Und kein Auge zudrücken, um faule Kompromisse mit Diktatoren zu schließen. Der vorherige US-Präsident, der versucht habe, die Politik der USA eben in diese Richtung umzugestalten, sei unrühmlich abgesetzt worden. Biden indes habe versprochen, dass die alten USA zurückkehren werden und er habe Wort gehalten. Aus seiner Rede gehe auch hervor, dass die USA ihre Unterstützung für die Ukraine nicht mindern und Europa nicht mit einem unentschiedenen Krieg und ungebändigten russischen Imperialismus alleine lassen werden, so Bartosz Wieliński in der Gazeta Wyborcza. 

Gazeta Wyborcza: Putin in einer Welt der Illusionen

Die Welt, die mit Sorge erwartet habe, was Putin einen Tag nach der historischen Visite von US-Präsident Biden in Kiew sagen werde, könne indes vorerst aufatmen, urteilt der Redaktionskollege von Wieliński, Roman Imielski. Der Hooligan aus dem Kreml, so der Autor, habe in der Praxis nichts Neues gesagt, was wir nicht schon in den letzten Monaten gehört hätten. Vor allem, so Imielski, habe er sich nicht für die Erklärung eines totalen Krieges, eine vollständige Umstellung des Staates auf die Kriegsschiene und eine weitere große Mobilisierung von Soldaten entschieden. Stattdessen sitze Putin weiterhin im selben Bunker, in dem er sich zu Beginn der Pandemie eingeschlossen habe, lüge unentwegt und halte seine Illusionen offenbar für bare Münze. Mit so jemandem seien Verhandlungen unmöglich, es wäre wie einen Pakt mit einem Irren zu schließen, in dessen Kopf die reale Welt nicht existiere.. Wieso sollte er den unterzeichneten Papierfetzen nicht gleich wieder für nichtig erklären und eine weitere “Spezialoperation” gegen den aus seiner Sicht feindlichen Westen zusammenschustern. Schließlich bedeute für Putin offenbar Krieg Frieden, so Roman Imielski in der Gazeta Wyborcza. 

Rzeczpospolita: Frieden nicht in Sicht

Die Reden von Putin und Biden seien wie aus zwei unterschiedlichen Welten gewesen, schreibt im Aufmacher der Rzeczpospolita der Publizist Jędrzej Bielecki. Es sei nicht ersichtlich, so der Autor, wie aus so unterschiedlichen Visionen Frieden entstehen könne. Im Gegenteil: Putin habe mit der Suspendierung des Abkommens New Start den letzten Vertrag über nukleare Abrüstung auf Eis gelegt, der die USA und Russland noch verbinde. Aber auch Biden habe in Warschau kein Szenario gezeichnet, das den Krieg beenden könnte. “Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine”, erklärt dazu der Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Jack Sullivan und dementiert, dass die USA einen Kompromiss und einen Verzicht Kiews auf einen Teil der besetzten Gebiete in Betracht ziehen könnten. 

Ein Jahr des Kriegs, lesen wir weiter, habe mindestens 300 Tausend ukrainische und russische Soldaten das Leben oder die Gesundheit gekostet. Millionen von Ukrainern hätten ihr Hab und Gut verloren. Der Wert der zerstörten Infrastruktur werde auf hunderte Milliarden Dollar geschätzt. Und das könne erst der Anfang der Tragödie sein, denn über die Zukunft der Ukraine werde weiterhin die Situation an der Front entscheiden. Putin habe, laut westlichen Geheimdiensten, bis zu einer halben Million Soldaten mobilisiert, um eine neue Offensive durchzuführen. Er zähle auch auf Waffenlieferungen aus China. Die USA und ihre Verbündeten würden dagegen die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern vorantreiben, damit sich die Ukrainer wehren können. Die nächsten Tage und Wochen können darüber entscheiden, wer diesen Wettlauf gewinnt, so Jędrzej Bielecki in der Rzeczpospolita. 

Gazeta Polska Codziennie: Polen immer stärker auf internationaler Arena

Polen und die USA wachen gemeinsam über die Freiheit - schreibt in ihrem Aufmacher die nationalkonservative Gazeta Polska Codziennie. Und macht vor allem auf die wachsende Rolle Polens auf internationaler Arena aufmerksam. “Diese Rolle ist schon in den vergangenen Monaten sehr stark gewachsen, vor allem in den Sicherheitsstrukturen. Die Visite von US-Präsident Biden ist eine weitere Bestätigung der Stärke des Bündnisses zwischen Polen und Amerika. Wir haben derzeit hervorragende Beziehungen mit den USA”, zitiert die Zeitung den Politologen, Dr. Bartłomiej Biskup.

Rzeczpospolita: PiS wollte Biden nicht

Heute seien die Regierenden begeistert von der Visite des US-Präsidenten in Polen. Doch in der Wahlkampagne hätten sie ihn attackiert und den prorussischen Trump unterstützt, erinnert indes der Publizist der Rzeczpospolita, Jacek Nizinkiewicz. Heute, so der Autor, würden regierungsnahe Politiker gerne mit dem Besuch von Biden prahlen. “Wenn die Opposition an der Macht wäre, dann wäre Joe Biden nicht zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres nach Polen gereist”, diesen Worten habe etwa der Chef des Büros für Internationale Politik im Präsidialamt, Marcin Przydacz in einem Interview mit dem Privatsender Radio Zet zugestimmt. Der Vize-Landwirtschaftsminister des EU-skeptischen Juniorkoalitionspartners der PiS, Solidarisches Polen, Janusz Kowalski habe indes suggeriert, dass niemand in der Ukraine den “prorussischen” ehemaligen Premierminister Donald Tusk nach Kiew einladen wollte. Das seien nur zwei von vielen Aussagen, die zeigen, wie die Regierungspartei die Visite für eigene Zwecke nutzen wolle. Sie vergesse dabei gerne die Abneigung gegen Biden, der sie noch vor nicht allzu langer Zeit Ausdruck gegeben habe. So habe der aktuelle Pressesprecher der Regierungspartei die Wahl von Biden 2021 als eine Entscheidung für einen “unverantwortlichen Politiker an der Spitze des mächtigsten Staates der Welt” kritisiert. Der Europaabgeordnete der PiS, Witold Waszczykowski bezeichnete die Wahlen in den USA als nicht fair. Und Staatspräsident Duda habe Biden erst drei Tage nach dessen Wahlsieg für seine “gelungene Wahlkampagne” gratuliert. Die entsprechende Depesche habe er erst einen Monat später verschickt. Auch die regierungsnahen Medien hätten Biden heftig kritisiert. Wie etwa “Gazeta Polska Codziennie”, die ihm eine Titelseite mit der Unterschrift “der Zerstörer” widmete. 

Neben der Unterstützung für die Ukraine, so der Autor weiter, sei die Außenpolitik keine starke Seite der PiS. Sie habe in der EU auf ein Bündnis mit Großbritannien gesetzt, das aus der EU ausgetreten ist. Mit Orban, Salvini und Le Pen habe die Regierungspartei ein Europa der Werte schaffen wollen. Es habe sich herausgestellt, dass alle drei Putin unterstützt hätten. Dann habe Sie gegen Biden und für den prorussischen Trump Stimmung gemacht. Es werde einem Angst und Bange, wenn man sich vorstelle, wie die internationale Ordnung aussehen würde, wenn Trump US-Präsident geblieben wäre und in welche Schwierigkeiten das “Werte-Bündnis” mit den Putin-Anhängern Polen gezogen hätte. Es sei gut, dass die Regierung sich nun über die Visite von Biden freue. Aber dies sei eher eine Weisheit der Etappe, frei nach dem Motto: “Wenn man nicht hat, was man mag, dann mag man, was man hat” und nicht eine reale Wertschätzunjg des US-Präsidenten und gemeinsamer demokratischer Werte, so Jacek Nizinkiewicz in der Rzeczpospolita. 


Autor: Adam de Nisau