Rzeczpospolita: Großer Erfolg für Slawomir Mentzen
Ein großer Erfolg für Sławomir Mentzen: Karol Nawrocki habe sich seinem Programm angeschlossen und die PiS-Politik kritisiert, schreibt in seinem Kommentar zum gestrigen Gespräch der beiden Politiker der Chefredakteur der konservativ-liberalen Rzeczpospolita, Michał Szułdrzyński. Ob dieser Schwenk in Richtung Konfederacja allerdings neue Wähler anziehe, sei fraglich – eher könnte er das bisherige PiS-Elektorat irritieren, so der Autor.
Wie Szułdrzyński erinnert, habe sich Nawrocki auf Einladung Mentzens in Toruń mit dem Konfederacja-Abgeordneten getroffen, um dessen Wählerschaft – fast 15 Prozent im ersten Wahlgang – für sich zu gewinnen. Doch statt sie zu überzeugen, habe Nawrocki womöglich eher einige seiner eigenen Unterstützer an die Konföderation verloren. Er habe Mentzens Kritik an der PiS geteilt, sich von Aussagen führender PiS-Politiker wie Jarosław Kaczyński, Mateusz Morawiecki und Andrzej Duda distanziert und sich vollständig zu Mentzens Acht-Punkte-Programm bekannt. Dazu gehöre unter anderem das Versprechen, als Präsident keine Steuererhöhungen zu unterzeichnen, keine Einschränkungen beim Waffenbesitz oder der Meinungsfreiheit zuzulassen, der Ukraine die NATO-Perspektive zu verweigern und keine Beschränkungen für Bargeldzahlungen zu ratifizieren.
Besonders umstritten, fährt der Autor fort, sei Nawrockis Unterschrift unter der Absage an eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Diese Position widerspreche der Ostpolitik des ehemaligen Staatspräsidenten und Zwillingsbruders des PiS-Chefs, Lech Kaczyński, der sich stets für eine Einbindung der Ukraine in westliche Strukturen eingesetzt habe – ein Anliegen, das auch die PiS lange verfolgt habe. Nawrockis Unterstützung für Mentzens Linie bedeute eine klare Abkehr von dieser Linie.
Mentzen sei aus dem Treffen klar gestärkt hervorgegangen: Er habe nicht nur Rückendeckung für seine Forderungen erhalten, sondern auch seine Rolle als Schlüsselspieler in der polnischen Politik bestätigt. Ohne seine Anhänger lasse sich kein Präsident wählen – und nach der Wahl auch keine Mehrheit bilden, wie Umfragen nahelegten.
Auch in weiteren Punkten habe Nawrocki mit der PiS gebrochen, etwa mit Kritik an der Corona-Politik, der Tierschutzinitiative „Fünf Punkte für Tiere“ und der „Polnischen Ordnung“. Zudem habe er sich gegen eine Einführung der Grundsteuer ausgesprochen. Das Gespräch sei, wie Szułdrzyński beobachtet, insgesamt in freundlicher Atmosphäre verlaufen.
Doch am Ende habe sich Nawrocki selbst geschadet: Auf die Frage nach der umstrittenen Immobilienangelegenheit aus dem Jahr 2011 habe er eingeräumt, damals im Notarvertrag eine unwahre Angabe unterzeichnet zu haben. Er habe zwar erklärt, damit einem Mann geholfen zu haben, sein Wohnungseigentum nicht zu verlieren – doch Mentzen, so der Autor, habe diesen Ausführungen nicht geglaubt.
Politiker der Bürgerkoalition hätten darauf hingewiesen, dass eine Person, die eine Falschangabe notariell bestätige, schwerlich glaubwürdig sei – auch nicht beim Unterzeichnen politischer Programme.
„Ohne Zweifel ist Mentzen der größte Gewinner dieses Treffens“, schließt Michał Szułdrzyński in der Rzeczpospolita. „Er hat Unterstützung für seine Forderungen erhalten und sich als derjenige etabliert, der über die politische Zukunft Polens mitentscheidet.“
Do Rzeczy: TVP und TVN suchen in Gdansk nach komprommitierenden Materialien über Nawrocki?
TVP und TVN sollen in der Endphase des Präsidentschaftswahlkampfs gezielt nach belastendem Material über Karol Nawrocki suchen – berichtet unter Berufung auf Behauptungen des Reisefilmers Krzysztof Puternicki das nationalkonservative Wochenblatt Do Rzeczy auf seiner Internetseite.
Wie Do Rzeczy schreibt, habe Puternicki auf der Plattform X erklärt, Journalisten beider Sender seien derzeit im Raum Danzig unterwegs, um potenziell kompromittierende Informationen über den PiS-nahen Kandidaten zu sammeln. Besonders aktiv sei dabei angeblich der bekannte Reporter Tomasz Sekielski, und auch der ehemalige Boxer Dariusz Michalczewski solle laut Gerüchten zu einer öffentlichen Stellungnahme gedrängt werden.
Ziel dieser Aktivitäten sei nicht die Wahrheit, sondern die „Produktion von Kompromaten“, so Puternicki. Er verweist unter anderem auf einen Vorfall rund um Nawrockis unter Pseudonym veröffentlichtes Buch Spowiedź Nikosia (Die Beichte des Nikoś). In dem Werk sei ein Haus mit falscher Adresse erwähnt worden – ein Zahlendreher. Laut Puternicki hätten sich daraufhin Journalisten zu der fälschlich genannten Adresse begeben und die Bewohnerin zum Klageweg gegen Nawrocki ermuntert. Diese habe eingewilligt, obwohl sie – wie sie später selbst eingeräumt habe – ihre Geschichte frei erfunden habe, um Nawrocki zu schaden.
Die Frau, die laut Puternicki Schulden habe und von einer Zwangsversteigerung bedroht sei, habe sich nach Abreise der Journalisten gegenüber Nachbarn gebrüstet, die Geschichte selbst ins Rollen gebracht zu haben. Sie sei zufällig auch eine Schulfreundin einer prominenten Persönlichkeit – Details hierzu wolle Puternicki später offenlegen.
Abschließend schreibt der Filmemacher, er sei sich nicht sicher, ob das gesammelte Material überhaupt veröffentlicht werde. Doch angesichts des Engagements der Unterstützer von Rafał Trzaskowski gehe er davon aus, dass „nichts heilig“ sein werde – am wenigsten die Wahrheit. Der gesamte Staatsapparat werde alles tun, um die Wähler von Karol Nawrocki abzuschrecken, lesen wir in Do Rzeczy.
Dziennik/Gazeta Prawna: Zeit für eine neue Siedlungspolitik
Angesichts von Klimawandel, Überalterung und anhaltender Landflucht brauche Polen eine neue Siedlungspolitik – andernfalls müssten manche Landstriche ganz der Natur überlassen werden, warnt indes Jerzy Hausner in einem ausführlichen Interview für die Wochenendausgabe des Wirtschaftsblatts Dziennik Gazeta Prawna.
Der ehemalige Geldpolitiker und Initiator des Open Eyes Economy Summit beschreibt die demografischen und ökologischen Herausforderungen als strukturell tiefgreifend. Während Europa altere, nehme der Bevölkerungsdruck in Afrika zu – mit absehbaren Migrationsfolgen, die sich nicht gänzlich stoppen ließen. Doch für Polen sei die „Migrationsreserve“ - die Zahl von Ausländern also, die das Land aufnehmen könne, ohne beträchtliche soziale Spannungen auszulösen - laut Hausner, weitgehend ausgeschöpft, da bereits eine große Zahl an Ukrainerinnen, Ukrainern und Belarussen aufgenommen worden sei.
Die demografische Entwicklung – insbesondere die Entvölkerung ländlicher Regionen, vor allem im Osten – fährt Hausner fort, verlange grundlegende politische Antworten. Manche Gebiete würden sich ohne nennenswerte Bevölkerung nicht mehr verwalten lassen und müssten langfristig renaturiert werden. „Wir werden eine neue Karte der Gemeinden und Landkreise brauchen“, so der Wirtschaftsexperte. Zugleich plädiert er dafür, nicht jede kleine Gemeinde aufzulösen, sondern ihre Eigenständigkeit an aktive Berufstätigkeit und gesellschaftliche Vitalität zu knüpfen.
Als Lösung schlägt er vor, bestimmte Landstriche – wie die klimatisch begünstigte Region Sądecczyzna – gezielt für seniorengerechtes Wohnen zu entwickeln. Diese Gebiete könnten zu einer Art „polnischem Florida“ werden, wenn sie entsprechende Infrastruktur und Dienstleistungen für ältere Menschen bieten.
Das erfordere neue Bildungskonzepte, etwa eine stärkere Ausbildung im Gesundheits- und Rehabilitationsbereich. Diese Dienstleistungen würden künftig stark nachgefragt, seien gesellschaftlich relevant und könnten attraktiv vergütet werden – zumal in kleineren Orten mit geringeren Lebenshaltungskosten.
Die oft geforderte Lösung des Demographieproblems durch verstärkte Migration hält Hausner hingegen für unrealistisch. Auch Modelle wie in den Golfstaaten – temporäre Arbeitsmigration ohne gesellschaftliche Integration – lehnt er ab: „Das wäre gesellschaftlich und moralisch zersetzend.“
„Die demografische Veränderung ist kein Unglück – sie ist Realität. Und wir müssen uns ihr stellen“, betont Jerzy Hausner in der Dziennik Gazeta Prawna. „Ein gutes Leben ist möglich – aber es braucht bewusste Entscheidungen und eine neue Vision von Entwicklung“, so Jerzy Hausner im Gespräch mit Dziennik/Gazeta Prawna.
Autor: Adam de Nisau