Rzeczpospolita: Unternehmen bereiten sich auf Coronavirus vor
Die ersten Fälle einer Ansteckung mit dem Coronavirus in Polen sind nur eine Frage der Zeit. Daher würden sich die Unternehmen hierzulande schon jetzt für den Ernstfall rüsten - einerseits für die Turbulenzen in der Wirtschaft, aber auch in Bezug auf den Schutz von Mitarbeitern und Kunden, berichtet in ihrem heutigen Aufmacher die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita. So habe, so das Blatt, die Polnische Post etwa, unter anderem für ihre Mitarbeiter auf dem Flughafen in Pyrzowice, Eintausend Schutzmasken erworben. Viele Unternehmen hätten sich zudem an ihre Angestellten, die zuletzt in die gefährdeten Gebiete gereist waren, mit der Bitte gewendet, eine Zeit lang von Zuhause aus zu arbeiten. Firmen aus der Speditionsbranche würden Notprozeduren für den Fall vorbereiten, dass ein Terminal geschlossen werden müsse. In der Transportbranche haben die Fahrer des Taxiunternehmens iTaxi, die den Warschauer Flughafen bedienen, Schutzmasken und Desinfektionsgels erhalten. In Bürogebäuden werden Reinigungsfirmen dazu verpflichtet, Türklinken und andere Griffe häufiger zu desinfizieren. Und selbst häufiger die Hände zu waschen.
Wie die Expertin für Arbeitsrecht Katarzyna Siemienkiewicz erklärt, seien Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet, proaktiv für die Gesundheit ihrer Angestellten Sorge zu tragen. Sie können ihre Mitarbeiter beispielsweise, beim Verdacht einer Ansteckung, zu einer Arztvisite schicken. Und wenn diese sich weigern, sie nicht zur Arbeit zuzulassen. Zudem raten Experten, Arbeit in Open Space Büros einzuschränken.
Derzeit würden am meisten die Touristik- und Motorisierungsbranche finanziell unter der Epidemie leiden, aber der Coronavirus-Effekt würde sich auch zunehmend auf weitere Branchen ausweiten, was etwa die starken Preisstürze auf den globalen Börsen zeigen würden, so Rzeczpospolita.
Dziennik/Gazeta Prawna: Wettlauf mit dem Virus
Das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna macht auf seiner Titelseite indes auf die unzureichende Vorbereitung des polnischen Gesundheitssystems auf das Virus aufmerksam. Auch wenn die Familienärzte allgemeine Richtlinien von der Sanitärinspektion erhalten hätten, lesen wir, sei bei Weitem nicht klar, was sie eigentlich tun sollten, wenn im Wartezimmer tatsächlich ein Patient auftaucht, bei dem der Verdacht einer Infektion mit dem Virus aus Wuhan bestehe. So seien Ambulanzen was nicht verpflichtet, über Isolierzimmer zu verfügen, was eine effektive Abschottung des potentiellen Trägers vom Rest der Patienten de facto unmöglich mache.
Laut den generellen Richtlinien, lesen wir weiter, sollte der Kranke, bei dem der Verdacht einer Coronavirus-Infektion, in eine Infektionsabteilung geschickt werden. Wie? Das werde in dem Dokument nicht erklärt. Die Ambulanzen müssten zwar einen Vertrag über Krankentransport unterzeichnen, aber der Dienstleister müsse nicht auf den Transport von Patienten mit Infektionskrankheiten vorbereitet sein. Er könne also ein Team ohne Schutzanzüge und entsprechende Desinfektionsmittel schicken. “Wir können den Kranken bitten, mit dem eigenen Auto ins Krankenhaus zu fahren. Falls er dazu nicht imstande ist, sollten wir einen Krankenwagen bestellen. Aber wir können dabei nicht die Dienstleistungen der Firma nutzen, mit der wir schon einen Vertrag unterzeichnet haben”, gibt ein Ambulanz-Direktor aus Pommern zu. Ein anderer fügt hinzu: “Der Kranke kann selbst einen Krankenwagen bestellen”. Wie die Zeitung vom Krankentransport-Unternehmen Meditrans erfahren hat, hätten einige Kliniken schon angerufen, da ihre Dienstleister nicht auf den Transport von ansteckenden Patienten vorbereitet gewesen seien.
Theoretisch, so das Blatt weiter, wäre es am besten, wenn die Patienten die Klinik zuerst anrufen würden. Dann könnte das medizinische Personal den Betroffenen - nach einem Interview und der Feststellung eines Infektionsverdachts - an die Sanitärbehörde oder ein Fachkrankenhaus weiterleiten. Leider würden jedoch nicht alle Einrichtungen diese Standards einhalten. “Ich bin aus Italien zurückgekehrt und habe Fieber. Die Dame in der Registrierung hat mich zur Hebamme durchgeschaltet. Diese fragte mich nach den Symptomen und lud mich danach zum Fiebermessen ein”, erzählt eine der Leserinnen der Tageszeitung.
Seit gestern, so die Zeitung abschließend, funktioniere landesweit eine spezielle Hotline für solche Fälle. Unter der Nummer 800 190 590 können sich Patienten erkundigen, wie sie sich bei einem Ansteckungsverdacht verhalten sollten, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.
Rzeczpospolita: Die Kampagne machen satte Kater
Die erste Woche der Präsidentschaftskampagne von Amtsinhaber Andrzej Duda könne man schwerlich als gelungen bezeichnen, beobachtet in seinem Autorenkommentar der Publizist der Rzeczpospolita Michał Szułdrzyński. Die Inauguration der Arbeit von Dudas’ Wahlteam, so der Autor, wolle einfach nicht so richtig ins Rollen kommen. Und das nicht nur wegen der Auftakt-Probleme der in der Politik neuen Wahlteam-Chefin und Anwältin Jolanta Turczynowicz-Kieryłło. Die Zusammensetzung des Teams, lesen wir, sei eigentlich eine sehr gute Zusammenfassung der ersten 5-jährigen Amtszeit von Andrzej Duda. Denn es sei ihm weder gelungen, ein eigenes Machtzentrum noch ein eigenes Team von Vertrauten Beratern aufzubauen. Als die Kampagne begonnen habe, habe Duda die Regierungspartei um Geld, Leute und Ideen bitten müssen. An die Gestaltung der Wahlkampagne hätten sich anschließend solche Veteranen gemacht, wie Adam Bielan, Beata Szydło oder Joachim Brudziński. Es seien nicht zufällig alles Europaabgeordnete. 2015 hätte die Kampagne von Duda ein frisches Team von ehrgeizigen und erfolgshungrigen Politikern gemacht. Heute würden sie sattgefressene Kater machen, die nicht mehr solche Ambitionen hätten.
Zudem habe die Abhängigkeit von der PiS auch ihren Preis - das Image Dudas, so der Publizist, werde immer stärker mit dem Parteilogo der PiS in Verbindung gebracht. Der Präsident habe an der Fraktionssitzung der PiS teilgenommen, sich mit ihrem Vorsitzenden und den Vizevorsitzenden vor dem Hintergrund des Parteilogos ablichten lassen. Und PiS-Chef Kaczyński setze im Interview für die Gazeta Polska ein Gleichheitszeichen zwischen der Fortsetzung der Reformen und der Wiederwahl von Duda. Das sei insofern riskant, als dass die PiS in den Umfragen seit Oktober jeden sechsten ihrer Wähler verloren habe.
Die Tatsache, dass die Abgeordnete Joanna Lichocka, die im Parlament mit ihrem Mittelfinger gegen die Opposition argumentierte, weiterhin Berichterstatterin des Gesetzes sei, das Hass und Rüpelhaftigkeit in der Politik anprangert, zeige, dass die PiS offenbar die Fähigkeit zur schnellen Reaktion verliere. Der Versuch von Kaczyński, die Schuld für die Geste der Abgeordneten der Opposition in die Schuhe zu schieben, sei absurd. Ebenso wie das Thema der zusätzlichen zwei Milliarden für das nationale Fernsehen, das schon so weit angeschwollen sei, dass dem Präsidenten kein guter Ausweg aus der Situation bleibe. Ein Veto wäre für den harten Kern der PiS-Wähler unverständlich, die Unterzeichnung des Dokuments werde indes gemäßigte Wähler der Partei verprellen, denen die regierungsnahe Berichterstattung des TVP nicht passe.
Sogar die Abgeordneten der PiS würden sehen, dass etwas nicht stimme, da auch der Auftakt der Kampagne keinen Durchbruch nach sich gezogen habe. “Wir haben eine Menge Geld ausgegeben”, habe dem Autor ein PiS-Politiker gleich nach der Veranstaltung erzählt. “Wir haben eine super Show organisiert. Aber das Wichtigste fehlte: die Antwort auf die Frage, wieso die Polen wieder für Duda stimmen sollten. Vor vier Jahren haben wir neue Vorschläge präsentiert. Und jetzt? Werden die Polen nur daher für Andrzej stimmen, dass er alle Landkreise besucht hat? Das soll die Menschen mobilisieren?”, zitiert Michał Szułdrzyński seinen Gesprächspartner aus der Regierungspartei im Kommentar für die Rzeczpospolita.
Autor: Adam de Nisau