Deutsche Redaktion

Wann wählen die Polen ihren Präsidenten?

18.03.2020 11:14
Neben den Folgen der COVID-19-Epidemie bleibt der Termin der Präsidentschaftswahl das wichtigste Thema der polnischen Presse. Werden die Polen den Präsidenten am 10. Mai wählen, oder doch nicht?  
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RZECZPOSPOLITA: Macht oder Anständigkeit? 

Die Kandidaten im polnischen Präsidentschaftswahlkampf würden vor einer klaren Wahl stehen: eigener Vorteil oder Verantwortung für die Gesundheit der Polen. Eben aus diesem Grund sollten sie auf die Teilnahme an dem Wahlkampf verzichten, schreibt in seinem Kommentar in der Tageszeitung Rzeczpospolita der Publizist Jacek Nizinkiewicz. Szymon Hołownia habe seine Wahlkampagne bereits ausgesetzt. Wie es scheine, verfüge der Kandidat mit der kleinsten politischen Erfahrung über das ausgeprägteste Verantwortungsgefühl. Es sei keine Zeit für politische Manöver. Die ärztlichen Anweisungen seien klar: so weit es gehe sollte man zu Hause bleiben und den Kontakt mit anderen Menschen weitgehend beschränken. Die Pandemie werde nicht schnell vergehen. Bis zum geplanten Termin der Wahl im Mai werde die Gefahr in Polen nicht vorbei sein, meint Nizinkiewicz.

Trotz der Bedrohung, schreibt der Publizist weiter, reise das Staatsoberhaupt durch das Land. Und der Premierminister sehe bislang keinen Grund für die Verschiebung der Präsidentschaftswahl. Wie dem auch sei, sei die Mathematik der Krankheit eindeutig. Mit der Zeit werde die Zahl der Infizierten steigen. Die Regierungspartei (PiS) werde daher früher oder später nachgeben und den Termin der Wahl verschieben müssen. Wenn es aber zu spät erfolge, würden die Wähler das Verhalten der Regierungspolitiker und des Präsidenten als einen Versuch sehen, die schwierige Lage zynisch für die eigenen Zwecke ausnutzen zu wollen. Es wäre deshalb besser, wenn Präsident Andrzej Duda seine Teilnahme am Wahlkampf schon jetzt aussetzen würde bevor es zu spät werde. Wenn er tatsächlich der beste Kandidat sei, werde er doch am beliebigen Termin noch einmal zum Präsidenten gewählt, schreibt Jacek Nizinkiewicz für die Rzeczpospolita.

FAKT: Was passiert in zwei Monaten? 

Mit den politischen Zukunftsszenarien beschäftigt sich auch die Tageszeitung Fakt. Die Pandemie schließe den Wahlkampf aus. Die Schlussfolgerung sei klar: man müsse die Wahl auf den Herbst verschieben, argumentiert der ehemalige Ministerpräsident und Ex-EU-Ratspräsident Donald Tusk. Die gleiche Meinung vertrete auch der Kandidat der Bauernpartei PSL – er findet, dass die Präsidentschaftswahl in diesem Moment keinen Sinn habe. So laute übrigens der Tenor in Aussagen aller Oppositionspolitiker. Die Antwort der Regierungsseite bleibe jedoch unnachgiebig: Nein, diese Lösung werde momentan nicht in Betracht gezogen, antwortet der Sprecher der Regierung Piotr Müller. Auch Vizepremier Jarosław Gowin spricht Klartext: die Verschiebung des Wahltermins würde zum Beweis für die Regierungskritiker, dass die Staatsorgane, ähnlich wie in Italien, ihr Funktionieren nicht mehr hinkriegen, dies sei in Polen aber nicht der Fall, so Jarosław Gowin.

Bis zu der Präsidentschaftswahl seien weniger als zwei Monate geblieben. Ob die Wahl tatsächlich am 10. Mai stattfinden werde, bleibe jedoch unklar, meint die Tageszeitung Fakt.

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Polnische LKW-Fahrer in Deutschland gewünscht 

Von geheimen Gesprächen zwischen Warschau und Berlin berichtet heute die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. Am Sonntag habe Polen seine Grenzen für die Einreise von Ausländern geschlossen. Das gilt aber nicht für Lastwagenfahrer. Für den Warenverkehr bleiben die Grenzen offen. Sollten die Grenzen aber auch für die Warentransporte geschlossen werden, würde es weitgehende Komplikationen für Deutschland bedeuten.

Zugleich würden aber auch heimliche Gespräche mit der polnischen Regierung geführt, schreibt das Blatt. Man wolle polnischen LKW-Fahrern die Arbeit in Deutschland erleichtern. Deutsche Firmen hätten ihre Möglichkeiten bereits ausgeschöpft. Und die Ware in Lebensmittelgeschäften müsse jeden Tag aufgefüllt werden. Zugleich leide die Lebensmittelbranche wegen der Sicherheitsvorkehrungen, unter Nachfrageschock. Zuerst hätten deutsche Kunden vor allem Produkte wie Desinfektions- oder Reinigungsmittel gekauft. Nachdem klar wurde, dass im Falle der Krankheit mit langfristigen Auswirkungen zu rechnen sei, hätten sie Vorräte gebildet. Wegen der starken Einschränkungen im sozialen Leben steige aktuell die Nachfrage nach frischen Produkten. Aber auch nach Fertiggerichten, weil vermehrt zu Hause gekocht wird. Dies wiederum werde zu einer Herausforderung für die Lieferer. Von einem Ergebnis der deutsch-polnischen Gespräche berichtet das Blatt Dziennik/Gazeta Prawna nicht.


Autor: Jakub Kukla