Wichtigstes Thema in den Tageszeitungen ist heute der finanzielle Schutzschirm, den die Regierung für die von der Pandemie betroffenen Unternehmen vorbereitet hat. Der Antikrisen-Schild ist ein Paket unterschiedlicher Instrumente, deren Wert sich insgesamt auf 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, also auf 212 Milliarden Złoty beläuft. Denn wie die Regierung zugibt, zieht die Coronavirus-Pandemie das Risiko der größten makroökonomischen Krise in der Geschichte der Weltwirtschaft und der ersten Rezession im freien Polen nach sich.
Rzeczpospolita: Dicker Schutzschirm, nicht ohne Löcher
Es könne freuen, dass die Regierung endlich ein koordiniertes Paket von Schutzmaßnahmen vorstellt. Bedauerlich seien allerdings die fehlenden Details und die Tatsache, dass viele der seit Tagen von Unternehmern postulierten Lösungen nicht berücksichtigt wurden, kommentiert den Schutzschirm im Interview mit der konservativen Tageszeitung Rzeczpospolita der Chef des Business Center Clubs Marek Goliszewski. "Die vom Regierungschef angekündigten 212 Milliarden sind eine imponierende Summe, aber nur ein Teil davon soll für den direkten Schutz von Arbeitsplätzen verwendet werden", fügt der Chef der Arbeitgeberkonföderation Lewiatan Maciej Witucki hinzu. "Das ist entschieden zu wenig. Auch für Firmen, die schon jetzt am Rande des Bankrotts stehen, gibt es derzeit zu wenige Vorschläge".
Daher, so die Rzeczpospolita würden die Unternehmerverbände darauf zählen, dass das Projekt erstens in Expresstempo verabschiedet wird, da Firmen, die von einem Tag auf den anderen ihre Einnahmequelle verloren haben auch von einem Tag auf den anderen Konkurs anmelden werden. Und zweitens, dass das Paket ständig um neue Lösungen erweitert wird.
Vieles an dem Schutzpaket gehe in die richtige Richtung, bemerkt in seinem Autorenkommentar der Wirtschaftspublizist der Rzeczpospolita Krzysztof Adam Kowalczyk. Was aber vor allem fehle, seien Erleichterungen im Steuerbereich - so seien derzeit weder Verlängerungen der Zahlungsfrist, noch die Möglichkeit einer Ratenzahlung vorgesehen. Was indes freue, sei die Suspendierung des Handelsverbots an Sonntagen. Es sei keine Schande, sich aus einer schlechten, rein ideologisch motivierten Lösung zurückzuziehen. Er habe nur nicht vermutet, dass es das Coronavirus sein werde, das diesen Fehler behebe und dass die Rückkehr zur Vernunft "Krisenschutzschirm" getauft werde, so Krzysztof Adam Kowalczyk in seinem Kommentar für die Rzeczpospolita.
Gazeta Wyborcza: Schild in Kinderschuhen
Geht es indes nach der linksliberalen Tageszeitung Gazeta Wyborcza, nutze die Regierungspartei leider auch die Vorstellung des Schutzschirms, um die eigene Rolle bei der Bekämpfung der Krise auf Kosten der Wahrheit hochzuspielen. So habe die Regierung, wie die Zeitung beobachtet, unter anderem hervorgehoben, dass Polen sich alleine und ohne Hilfe von außen mit der Rettung der Wirtschaft befassen wird. Gefragt danach, was denn mit den 7,5 Milliarden Euro aus der EU sei, habe Regierungschef Morawiecki geantwortet: "Das sind Fake News. Es gibt keine neuen Mittel von der EU, dies sind Mittel, die Polen schon vorher zuerkannt worden sind". Der Ministerpräsident, so die Zeitung, habe jedoch leider vergessen hinzuzufügen, dass davon etwa eine Milliarde Euro ungenutzte Mittel sind, die Polen Brüssel diesmal nicht, wie sonst üblich, werde zurückgeben müssen. Und die restlichen 6,5 Milliarden werde die Regierung für den Kampf mit dem Coronavirus ausgeben können, anstatt dafür, wofür sie ursprünglich bestimmt gewesen seien.
Und der Präsident, kritisiert der Publizist der Zeitung Witold Gadomski in seinem Kommentar, habe die Präsentation des Schirms wieder einmal genutzt, um sich im Rampenlicht zu sonnen. Obwohl die Regierung für die Vorbereitung des Projekts verantwortlich sei, sei Dudas Auftritt ein paar Mal länger gewesen als der von Regierungschef Morawiecki, so Witold Gadomski in der Gazeta Wyborcza.
Dziennik/Gazeta Prawna: Verlegung der Präsidentschaftswahlen? Drei Szenarien
Und wer wird im Tauziehen um den Termin der Präsidentschaftswahlen die Oberhand behalten - die Regierung, die bis jetzt am ursprünglichen Termin, dem 10. Mai festhält, oder die Opposition, die sich einstimmig für eine Verlegung der Wahlen ausspricht?
Das Wirtschaftsblatt Dziennik/Gazeta Prawna zeichnet in seiner heutigen Ausgabe drei Szenarien, die zu einer eventuellen Verlegung der Wahlen führen könnten. Erstens ein solidarischer Rückzug der Oppositionskandidaten. Denn laut dem Wahlkodex, lesen wir, müssten in einer Situation, in der nur ein Kandidat im Rennen bleibe oder falls sich gar niemand zur Wahl stelle, die Wahlen neu ausgeschrieben werden. Die Wahlteams der Oppositionskandidaten, so die Zeitung, würden ein solches Szenario ernsthaft erwägen, falls die Regierungspartei weiterhin stur am bisherigen Termin festhält. Einziges Bedenken der Kandidaten sei, inwiefern man den anderen trauen könne und ob es sich niemand in letzter Sekunde doch noch anders überlegen werde.
Zweites Szenario wäre die Einführung eines Ausnahmezustands. Für die Regierung, so das Blatt, wäre dieses Szenario insofern günstig, als dass sie damit die politische Initiative behalten würde. Allerdings wäre ein solcher Schritt, laut Juristen, nur gerechtfertigt, wenn die bisherigen Maßnahmen gegen die Epidemie sich als ineffektiv erweisen und das System am Rande des Zusammenbruchs stehe. Die Einführung des Ausnahmezustands nur um die Wahlen zu verlegen, käme einer Verletzung der Verfassung gleich.
Drittens käme auch eine einmalige Änderung der Verfassung in Frage. Die Idee einer einmaligen Verlegung der Wahlen stammt von dem Publizisten Jacek Żakowski. Laut Gesprächspartnern des Blattes aus dem Präsidentenpalast wäre dies zwar sinnvoller als ein Ausnahmezustand. Problematisch sei allerdings, dass die Zeit wahrscheinlich nicht mehr für die Verabschiedung der entsprechenden Gesetzesänderung reichen werde und dazu parteiübergreifender auch Konsens notwendig sei, der nur schwer zu erreichen wäre, so Dziennik/Gazeta Prawna.
Autor: Adam de Nisau