Deutsche Redaktion

Gefährlicher Impf-Skeptizismus im Gesundheitswesen

21.12.2020 13:32
Wenn sich nicht einmal die Mediziner impfen wollen, wie soll man den Rest der Gesellschaft dazu überzeugen, fragt in ihrem heutigen Aufmacher die linksliberale Gazeta Wyborcza. Außerdem geht es auch um Informationschaos beim Kampf gegen die Pandemie und darum, wieso Europa  - aus Sicht der Konservativen - nur eine Konföderation oder ein Imperium werden kann.
Wkrótce rozpoczną się w Unii Europejskiej szczepienia na koronawirusa
Wkrótce rozpoczną się w Unii Europejskiej szczepienia na koronawirusaPAWEL RELIKOWSKI / POLSKAPRESS/Polska Press/East News

Gazeta Wyborcza: Gefährlicher Impf-Skeptizismus im Gesundheitswesen

Wenn sich nicht einmal die Mediziner impfen wollen, wie soll man den Rest der Gesellschaft dazu überzeugen, fragt in ihrem heutigen Aufmacher die linksliberale Gazeta Wyborcza. Hintergrund: Am Freitag war der erste Termin für die Einschreibung auf Impflisten für das Krankenhauspersonal abgelaufen. Von den einigen hundert Tausend Medizinern, die sich zur Impfung melden konnten, sind nur einige zig Meldungen eingegangen.

In manchen Krankenhäusern, so das Blatt, hätte sich nur ein Drittel der Mannschaft für die Impfungen gemeldet. “Sie sagen, dass sie auf die Impfung von Moderna warten wollen, oder darauf, dass sich die britische Königin impft”, ärgert sich ein Krankenhausdirektor. Zugegebenermaßen, lesen wir, sei die Situation nicht überall so schlecht - in manchen Krankenhäusern hätten sich bereits zwei Drittel der Angestellten auf die Warteliste eingetragen. “Die Hälfte oder zwei Drittel Meldungen sind relativ wenig. Ein Drittel - eine Katastrophe. Wenn sich die Krankenschwestern und Ärzte nicht impfen wollen, wer soll den Rest überzeugen? Sie haben Zugang zu Fachliteratur. Sie sehen jeden Tag, wie Menschen an COVID-19 sterben. Ihre Haltung ist irrational. Denn das Risiko im Zusammenhang mit fehlenden Impfungen ist viel höher, als angebliche langfristige Folgen der Impfungen”, so Professor Robert Flisiak, der Chef der Polnischen Gesellschaft von Epidemiologen und Ärzten für ansteckende Krankheiten. Obwohl die Impfungen von zahlreichen wissenschaftlichen Institutionen in Polen unterstützt würden, schwanke die Zahl derjenigen, die sich impfen wollen in den Umfragen zwischen 10 und 20 Prozent.

Die Regierung, erinnert die Publizistin Judyta Watoła in ihrer Stellungnahme, habe eine Informationskampagne im Zusammenhang mit den Impfungen für Mitte Dezember versprochen. Von einer solchen Kampagne sei bis heute weit und breit nichts zu sehen - ein weiterer Beweis für fehlende Glaubwürdigkeit. Daher ihr Vorschlag: Hotels, Skilifts, Restaurants, Fitnessstudios und Schwimmbäder sollten nur für Geimpfte geöffnet werden. Geimpfte sollten auch von der Maskenpflicht befreit werden. Die Impfung sollte also der Preis der Freiheit sein. Vielleicht funktioniert das, so Judyta Watoła in der Gazeta Wyborcza.

 

Rzeczpospolita: Kampf gegen Pandemie versinkt im Chaos

Piotr Skwirowski von der Rzeczpospolita prangert in seinem Autorenkommentar das Informationschaos von Seiten der Regierung im Kampf gegen die Pandemie an. Die Regierung, so Skwirowski, habe die Zeit, die uns das Virus nach der ersten Welle gegeben habe, völlig verschlafen. Sie habe weder das Gesundheitswesen auf die zweite Welle vorbereitet, noch eine kohärente Strategie vorbereitet. Daher nun auch die Serie von überraschenden Entscheidungen über die Schließung unterschiedlicher Branchen von einem Tag auf den anderen. Und zwar ohne vorbereitete Unterstützungsmechanismen. Den die Einschränkungen, so der Autor, sollten mit Hilfspaketen einhergehen und gleichzeitig verkündet werden, um denjenigen Hoffnung zu geben, die von einem Tag auf den anderen Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten verlieren. Stattdessen werde der Lockdown hierzulande von schwammigen Versprechen begleitet, deren Details erst im Nachhinein erarbeitet würden. Letztendlich komme die Unterstützung für viele Unternehmen zu spät.

Zu alledem komme Unentschiedenheit: Die Regierung schließe die Skilifts, öffne die Skilifts und schließe sie gleich wieder. Die Eigentümer seien wütend. Sie hätten die Kosten für die Vorbereitung der Pisten getragen, nun stelle sich heraus, dass es rausgeworfenes Geld war. Tausende von Menschen, die bei der Bedienung von Touristen arbeiten, werden ihre Einnahmequelle verlieren.

Und das sei nur eines der Beispiele. Im Falle von Einkaufszentren sehe es genauso aus. Schließen, öffnen, schließen. Hotels? Schließen, öffnen, schließen… Ganz zu schweigen von der Gastronomie, die schon seit langem stillgelegt sei und für die es überhaupt keinen Plan gebe.

Schließlich habe sich herausgestellt, dass viele der Einschränkungen, die die Regierung eingeführt hat, keine rechtliche Grundlage besitzen. Daher würden Gerichte massenweise von der Polizei ausgestellte Strafen streichen. All das führe zu wachsendem Chaos. Die Bürger vertrauen den Regierenden nicht, glauben nicht an die offiziellen Statistiken. Gerüchte mehren sich, ebenso wie Fragen danach, ob die Regierung die Situation noch im Griff habe. Na eben: Habe sie die Situation noch im Griff, fragt Piotr Skwirowski in der Rzeczpospolita. 

 

Rzeczpospolita: “Europäische Union kann entweder eine Konföderation oder ein Imperium werden”

Die PiS werde, gemeinsam mit den Europäischen Konservativen und Reformatoren, ein eigenes Projekt der Form der europäischen Konstruktion vorschlagen, kündigt im Interview mit der konservativen Rzeczpospolita PiS-Chef und Vizepremier Jarosław Kaczyński an.

Die Europäischen Konservativen, so der Politiker, würden künftig konsequent für die Vision einer europäischen Konföderation werben. Eines integrierten Europas, das eine reale Supermacht sein werde, aber die Nationalstaaten viel mehr Freiräume lassen werde. Das, so Kaczyński, sei aus europäischer Sicht ein Muss. Denn die Kraft und der Reichtum Europas liege in seiner Vielfältigkeit. Die Zerstörung dieser Diversität wäre eine gigantische Degradation Europas, auch im kulturellen Sinn. Wir sagen “nein”, wir haben ein eigenes Konzept, so Kaczyński. Nationalstaaten seien ein Garant der Identität, der Vielfältigkeit in der EU sowie der Demokratie, denn es gebe nicht so etwas, wie ein europäische Demos. Es gebe nur nationale Gesellschaften, und ohne Demos gebe es keine Demokratie. Dazu komme der Zynismus derjenigen, die so sehr auf die Integration drängen. Er meine nicht die, die es aus Opportunismus tun, sondern diejenigen, die ihr eigenes Interesse darin sehen. Wenn man sie nach Geld frage oder nach reeller Integration im militärischen Bereich, dann sei Schweigen die Antwort und de facto ein “nein”. Denn, was realisiert werde, seien kleine Projekte ohne Bedeutung. Plötzlich stelle sich heraus, dass der Integrationswille sehr begrenzt ist. Man müsse unheimlich naiv sein, um aus so einer EU eine Föderation machen zu wollen.

Deutschland könne eine Föderation sein. Die USA auch - auch wenn dort die Unterschiede auf einer gewissen Etappe sogar zum Krieg geführt hätten. Europa könne nur zu einer Konföderation oder zu einem Imperium werden. Der föderale Mechanismus sei einfach keine Methode, Probleme von Nationalstaaten zu lösen, so PiS-Chef Kaczyński für die Rzeczpospolita.

Autor: Adam de Nisau