Deutsche Redaktion

"Debatte über verpasste Chancen der Medienfreiheit in Polen"

12.03.2021 11:45
Am Mittwochabend fand in Brüssel eine weitere Debatte zur Medienfreiheit in der Europäischen Union statt. Ein Kommentar.
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Wirtualna Polska: Debatte über verpasste Chancen der Medienfreiheit in Polen 

Am Mittwochabend fand in Brüssel eine weitere Debatte zur Medienfreiheit in der Europäischen Union statt. Marcin Makowski stellt in seinem Kommentar für das Nachrichtenportal WP fest, dass das Hauptthema - ohne Überraschungen wie immer - das polnisch-ungarische Duo war. Neu unter den Beschuldigten sei auch die Regierung Sloweniens.

Auf den Verlauf der ganzen Diskussion, so Makowski, konnte man blind wetten, dass sie wie jede Debatte im Parlament schwach ausfallen würde. Versichert wurde somit, dass "Medienfreiheit das Herz der Demokratie" sei und dass die Abgeordneten "besorgt" über die Ereignisse in Mittel- und Osteuropa seien. Der Rest der Brüsseler Diskussion, soll wie bei jedem weltanschaulichen Thema nach einem ähnlichen Drehbuch verlaufen sein, wobei das Europäische Parlament wie immer in zwei Lager gespalten war. Das eine habe auf die Verletzung der Demokratie und die Untergrabung der Medienfreiheit in Polen hingewiesen. Die andere Seite habe argumentiert, dass es sich um ein Ersatzthema handle und dass Polen und Ungarn das Recht hätten, der "fortschrittlichen Propaganda" der EU entgegenzuwirken.

Am traurigsten aber war das niedrige Niveau der Reden der polnischen Europaabgeordneten. Sie hätten innenpolitische Streitigkeiten ins europäische Parlament mitgebracht und nichts weiter als eine Reihe von Banalitäten und rhetorischen Tricks präsentiert. Politiker aus dem Regierungslager und ihre Verbündeten hätten versichert, dass nichts Schlimmes passiert sei und man lediglich ausländische Medienkonzerne besteuern wolle. Die Opposition hingegen soll die Situation in der Region mit Russland und der Türkei verglichen haben.

Makowski bedauert am Schluss seines Kommentars, dass er keine wirkliche Diskussion darüber gehört habe, warum Medien an Wert verlieren und so leicht zur Beute von Politikern werden und wie man ihre Unabhängigkeit wirklich verteidigen könne. Alles habe den Anschein, lautet sein Fazit, als ob sich die Politiker an den Stellungskrieg auf Worte gewöhnt hätten und nur noch aus Pflicht in diesem Theater mitmachen.

Rzeczpospolita: Erwägungen über einer leeren Wiege 

Die Rzeczpospolita indes schreibt über bittere Prognosen zur EU-Demographie inmitten der Pandemie. Im ersten Jahr der Pandemie, sei die Zahl der Schwangeren, Neugeborenen, Hochzeiten und frischen Beziehungen dramatisch gesunken. Die Daten hierzu seien zwar unterschiedlich, stellt der Autor Jerzy Haszczyński fest, aber alle seien düster und stellenweise noch schlimmer als zur Zeit des Großen Krieges.

Ein gemeinsamer Hauptnenner für diesen Zustand, sei allerdings deutlich:  die Angst um die Zukunft. Man wisse noch immer nicht, wann die Pest aufhören werde zu wüten, ob die Impfstoffe mit neuen Mutationen fertig werden und ob es einen weiteren Grund zur Angst geben werde. Man wüsste nicht, wann man wieder etwas anderes tun könne als nur einkaufen oder arbeiten. Wann man die Masken wieder ablegen könne, um einander besser kennen zu lernen. Und - was besonders wichtig sei - ob man noch auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werde, dessen Wandel man heute noch nicht vorhersehen könne.

Immer mehr junger Europäer, von deren Entscheidungen am meisten abhängt, ob die Wiegen gefüllt sind, hätten keine Arbeit und könnten sie für immer verlieren. Zuwanderer würden in stärkerem Maße als in der Wohlstandsära zu Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt werden.

Geht es nach Haszczyński, werde man auch den Mangel an Kindern mit Einwanderern ausgleichen wollen. Dazu gebe es auf der anderen Seite des Mittelmeers genügend Menschen. Gleichzeitig erinnert der Autor aber, dass schon die Ankunft von ein oder zwei Millionen Einwanderern vor ein paar Jahren die EU stark erschüttert habe. Ein Teil der europäischen Gesellschaft habe sich damals bedroht gefühlt. Und das bedeute, lautet das Fazit in der Rzeczpospolita, dass Konflikte zwischen Einheimischen und Neuankömmlingen eher zunehmen werden. Eine Herausforderung, mit der Politiker in den kommenden Jahren fertig werden müssen.


Piotr Siemiński