Deutsche Redaktion

"Deutschland zerschlägt die Solidarität des Westens"

19.01.2022 09:47
Die Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz gegenüber Nord Stream 2 und Russland sei ein Schlag für die Einheit der transatlantischen Gemeinschaft, schrieb die Rzeczpospolita am Dienstag. 
Olaf Scholz
Olaf ScholzCarofei/Fotogramma/FORUM

Die Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz führe zu einer tiefen Spaltung zwischen dem wichtigsten Land im Westen und dem wichtigsten Land in der Union. Es sei ein Schlag für die Einheit der transatlantischen Gemeinschaft, schrieb die Tageszeitung. Auch für Länder wie Polen und Schweden sei es unverständlich. Durch sein Verhalten werde die Regierungskoalition in Deutschland infrage gestellt.

Während ihres Besuchs in Kiew und Moskau habe die Leiterin der deutschen Diplomatie, Annalena Baerbock, deutlich gemacht, dass sie die Stilllegung der Nord Stream 2 (NS2) befürworte, falls Putin sich zu einem Krieg entschließe. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und dem Bundeskanzler könnten im Kreml die Frage aufwerfen, wer Deutschlands Standpunkte vertrete und seine Außenpolitik bestimme.

US-Präsident Joe Biden versuche eine Einheitsfront im Westen aufzubauen um den Kreml von einer Invasion in der Ukraine abzuhalten. Während dessen habe Deutschlands Bundeskanzler vorgeschlagen, den Bau der Nord Stream 2 nicht in das Sanktionspaket gegen Russland aufzunehmen. Dies sei ein Sieg für Wladimir Putin, meint die Tageszeitung.

Dies bedeute einen Bruch mit der Vereinbarung, die die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel im Juli 2021 mit dem US-Präsidenten getroffen hatte. Sie stimmte zu, dass die Gasleitung stillgelegt würde, falls russische Truppen die ukrainische Grenze überschreiten. Olaf Scholz habe erklärt, so das Blatt weiter, dass der Bau der NS2 ein „kommerzielles Projekt" sei und nicht mit der Politik verwechselt werden dürfe. Eine solche Analyse habe jedoch nichts mit der Realität zu tun, argumentierte die Rzeczpospolita weiter.

Es sei offensichtlich, dass Deutschland die geopolitischen Interessen nicht nur der Ukraine, sondern auch Polens im Gegenzug für die derzeitigen Gewinne aus der Einfuhr von billigerem Gas bei weitem missachte. Aber auch auf rein kommerzieller Ebene sei diese Logik fehlerhaft. Wenn Putin ein weiteres Mal sehen werde, dass der Westen schwach sei und seine nächsten ukrainischen Eroberungen durchgehen lasse, könnte Russland noch einen Schritt weiter gehen. Vielleicht stelle sich dann heraus, dass Polen zu seinem Ziel werde, wo die deutschen Wirtschaftsinteressen weitaus größer seien, als das Nord Stream 2-Gas wert sei.


Rzeczpospolita/ps