Deutsche Redaktion

"Emmanuel, wie viel bezahle ich für die Invasion?"

08.02.2022 12:45
Frankreichs Macron breche zusammen mit Deutschland aus einer vereinten Haltung des Westens gegenüber Russland aus. Er verlange auch Respekt für Wladimir Putin. Aber ganz gleich, wer in Paris an der Macht sei, für den Kreml gelten besondere Privilegien. Mehr dazu in der Presseschau.
Prezydent Francji Emmanuel Macron spotka się w Moskwie z prezydentem Rosji Władimirem Putinem
Prezydent Francji Emmanuel Macron spotka się w Moskwie z prezydentem Rosji Władimirem PutinemShutterstock/Frederic Legrand - COMEO

Rzeczpospolita: Emmanuel, wie viel bezahle ich für die Invasion? 

Alle träumen von einer Deeskalation, nur nicht Wladimir Putin, schreibt am Dienstag die Rzeczpospolita. Putin habe mit der Bereitstellung von Zehntausenden von Truppen und Ultimaten an den Westen, seine Träume von der Wiederbelebung des russischen Imperiums demonstriert. Auch der französische Staatspräsident Emmanuel Macron träume davon, in zwei Monaten wiedergewählt zu werden. Eine Deeskalation noch vor den Wahlen im April würde ihn diesem Ziel näher bringen. Vor seiner Reise nach Moskau am Montag habe er Aussagen gemacht, die in Polen Besorgnis erregen dürften: Russland sei eine große Nation, es verdiene Respekt und habe das Recht, sich um seine Sicherheit zu sorgen. Vor allem letzteres klinge für Polen düster, schließlich bedrohe kein Nachbar Russland. Macron habe zu dem seine Idee eines neuen EU-Verteidigungssystems nicht aufgegeben. Dieses System solle, Macron nach, von den Amerikanern unabhängig sein und mit den Russen abgestimmt werden.

Was wir aber nicht erfahren würden, fährt die Zeitung fort, sei das Wichtigste. Was habe Macron über den Preis gesagt, den Russland im Fall einer möglichen Invasion in der Ukraine zahlen würde? Putin wüsste immer noch nicht, wie die vom Westen unter Joe Biden vorbereiteten Megasanktionen aussehen werden. Auf einen Verlust von 100 Milliarden Dollar pro Jahr, sei Putin aber bereits vorbereitet. Bei seinem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Freitag, wurde ihm versichert, dass er mit einem Ausgleich von mehr als 100 Milliarden Dollar durch eine Steigerung des Handels mit China (von etwa 140 auf 250 Milliarden Dollar) rechnen könne. Darüber hinaus soll Moskau mit Hilfe Pekings vom westlichen Zahlungssystem unabhängig werden. Indem Macron sich somit mit Putin im Kreml eingeschlossen habe, sei Frankreichs Präsident auf ein riskantes Spiel eingegangen. Dieses Risiko betreffe vor allem kleinere Staaten.

DoRzeczy: Nicht nur Deutschland, auch Frankreich bricht aus 

Die Regierungschefs von Polen, Deutschland und Frankreich treffen sich am Dienstag in Berlin. Es werde jedoch von den USA abhängen, wie weit die Russen gehen werden, sagt Paweł Musiałek, Direktor der Denkfabrik Klub Jagielloński, gegenüber der Internetseite der Wochenzeitung DoRzeczy. Das Hauptthema des Weimarer Dreiecks werde natürlich die Ukraine sein. Wie man ihr helfen könne, um einen bewaffneten Konflikt zu verhindern. Polen, so der Analytiker, werde sicherlich von Berlin und Paris erfahren wollen, welche Pläne sie zur Unterstützung der Ukraine haben. Vielleicht wolle Warschau auch seine Verbündeten über Sanktionen ausloten, um zu wissen, was Europa im Falle einer russischen Aggression gegen die Ukraine tun könne.

Die ganze Lage werde aber aktuell dadurch erschwert, lesen wir, dass nicht nur Deutschland, sondern auch Frankreich in letzter Zeit aus einer vereinten Haltung gegen den Kreml ausbrechen. Von dem, was man aus Paris höre, so Musiałek, sei auch Präsident Macron zu keiner entschiedenen Abschreckungspolitik gegenüber Russland geneigt. Er vermittele eher die Bereitschaft, mit Putin klarzukommen. Was sich dahinter verberge, diese Frage könnte Polens Präsident seinem französischen Amtskollegen am Dienstag stellen. Am 15. Februar, erinnert das Online-Blatt, werde Scholz nach Moskau fliegen, um Wladimir Putin zu treffen. Das Gespräch mit Scholz werde für Putin wichtig sein, um herauszufinden, inwieweit Deutschland die USA unterstütze und inwieweit es in der Lage sei, sich von ihnen zu lösen.

Nichtsdestotrotz, sagt Musiałek am Schluss, richte sich Putin in erster Linie nach US-Präsident Joe Biden und seiner Regierung. Es sei vor allem die Einstellung des Weißen Hauses, die für mögliche militärische Entscheidungen Russlands entscheidend sein werde.

Dziennik: Es gibt keine Politiker in Frankreich, die keine Freunde Russlands sind 

Ganz gleich, wer in Paris an der Macht sei, für Russland gelten besondere Privilegien, schreibt indes Dziennik. Marine Le Pen, die Chefin der Nationalen Front, sei jedoch vor kurzem wegen ihrer Russlandliebe scharf kritisiert worden. Der Haken hierbei, lesen wir, es gebe in Frankreich kaum Politiker, die nicht mit Russland befreundet seien. Es stimme zwar, dass Le Pen Putin und seine Aktionen unterstütze. Sie habe den Anschluss der Krim seit Jahren konsequent befürwortet. Ihre Partei, so das Blatt, werde auch aus russischen Quellen finanziert. All dies beunruhige Polen zu Recht. Aber das Problem, heißt es weiter, sei viel ernster. Frankreichs ehemaliger Präsident Nicolas Sarkozy habe vor zwei Wochen Russland und seinen Freund Putin besucht. Sarkozy sei derzeit der Kandidat einer rechten Partei bei den nächsten Wahlen in zwei Jahren.

Wie Dziennik bemerkt, sei es in sozialen Medien zu einem amüsanten Wortgefecht zwischen Le Pen und Sarkozy gekommen. Es ginge darum, wer Russland mehr liebe und sein wahrer Freund sei. Dies klinge zwar ein bisschen komisch, fährt das Blatt fort, zeige aber die tatsächliche Gesinnung der Politiker in Paris. Der Kern des Problems in Frankreich sei nämlich, welche Partei und welche Politiker Russland mehr mögen. Auch die Linke, heißt es weiter, nehme an diesem Spiel teil. Die Regierung von Präsident Hollande, erinnert das Blatt, habe schließlich den Verkauf von Mistral-Kriegsschiffen an Russland trotz damaliger Sanktionen erwogen. Frankreich habe auch Milliardäre unter Politikern, wie Philippe de Villiers, der den Bau eines Freizeitparks auf der nunmehr russischen Krim plane.

Woher kommt diese französische Russlandliebe? Genau wie im Fall von Deutschland und Stalingrad, fährt Dziennik fort, sei es im Fall von Frankreich und Napoleons Ostfeldzug. Russland sei für Deutsche und Franzosen das Symbol eines Eroberers. Beide Länder würden Russland fürchten, es respektieren und seine Freundschaft suchen. Wichtig sei auch der Kommunismus-Kult in der intellektuellen Elite Frankreichs. In den Cafés und Bibliotheken der Pariser Sorbonne sei es sehr leicht, lesen wir, von dieser Idee zu träumen. Viel schwieriger sei es sich mit dieser Idee in der Praxis auseinanderzusetzen. Frankreich habe natürlich auch wirtschaftliche Interessen. Alles in allem führe dies, lautet die Schlussfolgerung im Blatt, zu einer explosive Mischung und trage zur unheilbaren Russlandliebe französischer Politiker bei. Dies gelte umso mehr, zumal Russland ja schließlich nicht der Nachbar Frankreichs ist, so Dziennik.


Piotr Siemiński