DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Helme? Das muss ein Witz sein ...
Die Presse kommentiert die Visite des polnischen Regierungschefs Mateusz Morawiecki am Wcchenende in Berlin. Die Entscheidung der deutschen Regierung, Waffen in die Ukraine doch zu liefern, bezeichnet die Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna als eine historische Entscheidung, die zum Teil auf Druck des polnischen Politikers getroffen wurde. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki habe die Bundesregierung eindringlich zu einer stärkeren Unterstützung der Ukraine aufgerufen. Deutschland müsse seine „Selbstbezogenheit" und seinen „Egoismus" ablegen und dem ukrainischen Volk substanzielle Hilfe anbieten, mahnte Morawiecki in Berlin. Die bisherige deutsche Rüstungshilfe - Militärhelme, aber keine Waffen - sei weit entfernt von dem, was nötig sei, um der Ukraine bei deren Selbstverteidigung zu helfen, kritisierte Morawiecki. Was für eine Hilfe sei an die Ukraine geliefert worden? Fünftausend Helme? Das müsse ein Witz sein.
Für Polen sei die Haltung deutscher Politiker unverständlich, lesen wir weiter. Der polnische Regierungschef sei daher nach Berlin gekommen, um an das Gewissen Deutschlands zu appellieren, damit es endlich wirklich harte Sanktionen beschließe, die die Entscheidungen des Kreml beeinflussen würden. Morawiecki habe sich auch für Russlands Ausschluss vom internationalen Banken-Kommunikationsnetzwerk SWIFT eingesetzt, sowie für Maßnahmen, die Kremlchef Wladimir Putin selbst, die ihn stützenden Oligarchen sowie die russische Wirtschaft im Allgemeinen träfen.
Schließlich habe Morawiecki auch ein Aus für beide Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 ins Gespräch gebracht. Die Gasleitungen seien seit Langem ein Kernproblem in den deutsch-polnischen Beziehungen. Polnische Politiker hätten seit vielen Jahren gewarnt, dass die Bundesrepublik mit dem kritiklosen Ausbau der Energieinfrastruktur die neo-imperialistischen Bestrebungen des Autokraten Putin unterstütze. Deutschland habe die Kritik oft als polnische Russofobie abgelehnt, lesen wir in Dziennik/Gazeta Prawna.
RZECZPOSPOLITA: Symbol eines freien Staates
Die Popularität eines Schauspielers habe Wolodymyr Selenskyj den Weg zu der ukrainischen Präsidentschaft geebnet. Nun spiele er aber die Rolle seines Leben – und er mache es ausgezeichnet – schreibt in einem Kommentar die Tageszeitung Rzeczpospolita. Es sei klar, dass der ukrainische Präsident eines der Hauptziele der russischen Aggressoren sei. Wolodymyr Selenskyj sei ein Symbol eines unabhängigen und demokratischen Staates. Dieses Symbol wolle Putin beseitigen, um an seiner Stelle eine prorussische Marionette zu installieren, meint die Zeitung.
Das Blatt überlege, ob Wolodymyr Selenskyj Angst habe. Mit Sicherheit, antwortet die Tageszeitung auf die selbst gestellte Frage. Er wisse doch genau, dass nicht nur er, sondern seine gesamte Familie Ziel der russischen Angreifer sei. Dennoch harre er auf den Straßen der sich verteidigenden ukrainischen Hauptstadt aus. Mit seiner Haltung motiviere der Präsident seine Landsleute zu einem Kampf mit dem Besatzer, auch wenn die Konfrontation aus ukrainischer Perspektive zum Teil aussichtslos aussehe.
Selenskyj sende zugleich eine Botschaft an die russischen Bürger, die im Schatten des Kreml leben müssen. Die Russen sehen nun einen demokratisch gewählten Politiker, der lieber sterben wolle, als seine Landsleute im Stich zu lassen. Hand in Hand mit ukrainischen Soldaten verteidige er sein Heimatland. Glaubten die Russen wirklich, dass sich ihr Präsident ähnlich verhalten würde? Würde auch Putin auf den Straßen Moskaus für Russland kämpfen, wenn er sich aus Angst vor Corona im Kreml versteckt habe?
Jede weitere Aufnahme von Selenskyj, die im Internet oder in den Medien auftauche, sei eine Beweis für die russischen Bürger, dass sie sich nun auf der falschen Seite der Geschichte befinden würden. Es sei ein weiterer Beweis dafür, dass sie unter der Herrschaft eines Diktators leben, der ihr Blut für die Realisierung seiner kranken Träume vergießen lasse, lesen wir in der Tageszeitung Rzeczpocpolita.
GAZETA POLSKA CODZIENNIE: „Heute Georgien, morgen die Ukraine …“
Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine erinnert die Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie an die Ereignisse vom August 2008. Damals sei Präsident Lech Kaczyński in Tiflis neben den Staatsoberhäuptern der Ukraine und der baltischen Staaten erschienen, wo er eine trotzige Rede gehalten habe, in der er die imperialistischen Ambitionen Russlands so zusammenfasste, dass sie sich nicht nur auf Georgien, sondern auch auf andere Teile Osteuropas erstrecken würden. Damals habe sich Georgien einer unmittelbaren Bedrohung durch einfallende russische Truppen ausgesetzt gesehen. Putins Soldaten hätten unter dem Vorwand von „friedenserhaltenden Operationen“ die Grenze überquert, nachdem der Konflikt in der umkämpften Region Südossetien zu eskalieren begann.
Lech Kaczynski habe bei einer Solidaritätskundgebung in Tiflis gesagt, er wüsste, dass heute Georgien dran ist, morgen die Ukraine, dann die baltischen Staaten und schließlich sein Land, Polen. Wie es scheint, habe der verstorbene polnische Präsident Recht gehabt. Seine Prophezeiung vollbringe sich gerade. Die Ukrainer würden verbissen für ihre Unabhängigkeit, aber zugleich auch für unserer Freiheit kämpfen. Zum ersten Mal seit über 80 Jahren habe ein Aggressor die bestehende Weltordnung so massiv und so brutal infrage gestellt, lesen wir in der Tageszeitung.
Autor: Jakub Kukla