Deutsche Redaktion

Schule ohne Politik. Geht das?

12.08.2022 09:43
Die Tageszeitung Rzeczpospolita fasst die Pressekonferenz des Bildungsministers Przemysław Czarnek zusammen. Tschechen stürmen polnische Geschäfte und Polen leiden unter hohen Preisen.   
Die Presseschau
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RZECZPOSPOLITA: Schule ohne Politik. Geht das? 

Die Tageszeitung Rzeczpospolita fasst die Pressekonferenz des Bildungsministers Przemysław Czarnek zusammen. Wenige Wochen vor Beginn des neuen Schuljahres habe sich der Minister äußerst zufrieden gezeigt, lesen wir. Czarnek meinte, das Schulwesen befände sich in guter Form, es gäbe keinen Personalmangel und junge Lehrer könnten demnächst mit deutlichen Lohnerhöhungen rechnen. Zugleich habe der Bildungsminister den Chef der oppositionellen Bürgerplattform, Donald Tusk, angegriffen. Tusk liege falsch, wenn er behaupte, dass es in polnischen Schulen zu wenig Lehrer gäbe. Außerdem seien für viele Probleme des polnischen Schulwesens gerade Donald Tusk und seine Regierung verantwortlich, sagte Czarnek. Viele Eltern überzeuge jedoch diese Argumentation nicht, lesen wir weiter. Sie wisse nicht, wie die Lage in den Schulen zu Tusks Zeiten ausgesehen habe, sagt eine Mutter dem Blatt. Ihr Kind sei in der Krippe gewesen, als die aktuelle Regierungspartei die Macht übernommen habe. Sie interessiere sich für das Schulwesen intensiver, seitdem ihr Kind in die Schule gehe. Auch wenn die Regierung Tusk bestimmte Fehler begangen habe, sei genügend Zeit vergangen, um jene Fehler zu korrigieren, sagt die junge Frau.

Kurz und gut: viele Eltern seien von dem politischen Kampf müde. Mehr als parteilicher Box  interessiere die Eltern, wieso ihre Kinder täglich schwere Rucksäcke in die Schule schleppen müssten, wenn es in jeder Schule entsprechende Schließfächer gäbe. Wieso viele Kinder Nachhilfe bräuchten, wenn sie so viel Zeit in der Schule verbringen, oder wieso ihre Kinder den ganzen Nachmittag Hausaufgaben bewältigen müssen und keine Zeit für ihre Hobbys hätten. Diese und viele andere Fragen würden dazu führen, dass immer mehr Erwachsene den politischen Ankündigungen mit wachsender Distanz begegnen würden. Sie wünschten sich, dass die Politiker endlich den Mut dazu hätten, die Verantwortung für das Schulwesen und somit auch für die Zukunft ihrer Kinder zu übernehmen, lesen wir in der Tageszeitung Rzeczpospolita. 

DZIENNIK/GAZETA PRAWNA: Tschechen stürmen polnische Geschäfte 

Tschechische Bürger aus der Grenzregion würden weiterhin ihre Einkäufe in Polen erledigen, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna. In Istebna unweit der polnisch-tschechischen Grenze sind Autos mit tschechischen Kennzeichen keine Seltenheit. Viele Menschen würden aus Mosty kommen – einer Ortschaft, die 17 Kilometer von Istebna entfernt sei. Sie würden hauptsächlich Fleisch, Milchprodukte und Getränke kaufen. Vaclav und Jana erklären dem Blatt, sie würden ihre Einkäufe in Polen erledigen, seitdem die Regierung in Warschau die Mehrwertsteuer gesenkt habe. Anfangs schien es, als ob sich die Lage nur bis Ende Juli halten würde. Die Steuersenkung hätten die Regierenden in Polen aber bis Ende des Jahres verlängert, freut sich das tschechische Paar.

In den sozialen Netzwerken gäbe es sogar konkrete Gruppen, die sich mit Ratschlägen austauschen, wo man bestimmte Waren am günstigsten kaufen könne: Anzüge, Fenster, Grabsteine, Hundefutter, usw. In der Grenzstadt Cieszyn würden die Tschechen sogar ihre täglichen Einkäufe im Nachbarland erledigen. Die Preise auf der polnischen Seite seien deutlich niedriger als in ihrer Heimatstadt, sagt eine Tschechin. Das Gleiche gelte auch für Benzinpreise. Je nach Größe des Tanks könne man von 40 bis 80 Zloty beim Tanken sparen. Im Internet könne man bereits auf sehr detaillierte Karten stoßen, die genau zeigen, wie viel das Benzin an konkreten Tankstellen in Polen koste. Viele polnische Händler würden sich übrigens um die Kunden aus dem Nachbarland kümmern, hier und da könne man sogar mit tschechischen Kronen bezahlen.

Viele Wirtschaftsexperten würden den neuen Trend mit einem gewissen Sentiment beobachten. Vor 40 Jahren stürmten die Polen tschechische Läden. Nun habe sich das Blatt gewendet, lesen wir in der Tageszeitung Dziennik/Gazeta Prawna.

 

SUPER EXPRESS: Polen leiden unter hohen Preisen  

Anders als die Kunden aus Tschechien würden sich immer mehr Polen über die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise beklagen. Die wirtschaftlichen Faktoren würden deshalb eine entscheidende Rolle bei dem anstehenden Wahlkampf spielen, sagt in einem Gespräch mit dem Blatt Super Express der Politikwissenschaftler von der Schlesischen Universität, Dr. Tomasz Słupik. Der Experte gehe davon aus, dass die Wintermonate eine äußerst schwierige Zeit für die Regierenden sein würden. Schon jetzt sei die Inflation sehr hoch, und es gäbe Experte, die davon ausgehen, dass der Höhepunkt noch nicht erreicht worden sei. Die Lebensmittelpreise würden in die Höhe schießen. Vor allem aber würden den Polen die Energiepreise zu schaffe machen.

Schon jetzt habe Polen ein Problem mit dem Kohlemangel. Den Statistiken sei zu entnehmen, dass man in mehreren Millionen Haushalten landesweit immer noch mit der Kohle heize. Die Regierung versichere zwar, dass der Kohlebedarf gedeckt werde. Angenommen, die Regierenden würden es in der Tat meistern, müsste man überlegen, wie viel man für eine Tonne werde bezahlen müssen. Es gäbe bereits Vorwarnungen, dass man mit Stromausfällen im Winter rechnen müsse. Solche Perspektiven würden keiner Partei helfen.

Komplizierte ökonomische Argumentation komme bei den meisten Wählern nicht an, lesen wir abschließend. Aber wenn die Politik das Haushaltsbudget des Bürgers treffe, dann spüre er es sofort. Noch vor dem Krieg würde er eine Niederlage der Regierungspartei nicht prophezeien. Nun würde er aber einen höheren Geldbetrag wetten, dass die PiS bei den kommenden Wahlen höchstens 30 Prozent der Stimmen bekommen werde, sagt  Politikwissenschaftler von der Schlesischen Universität, Dr. Tomasz Słupik im Gespräch mit Super Express.

 

Jakub Kukla