Deutsche Redaktion

Morawiecki: Wir sagen „Nein" zum EU-Zentralismus

19.10.2021 13:20
- Die Zuständigkeiten der EU dürfen nicht überschritten werden, wir sagen Nein zum EU-Zentralismus - sagte Premierminister Mateusz Morawiecki während einer Debatte im Europäiaschen Parlament.
Mateusz Morawiecki
Mateusz Morawiecki PAP/EPA/RONALD WITTEK / POOL

- Ich bin damit nicht einverstanden, dass Politiker Polen erpressen und bedrohen, dass Erpressung zu einer Methode wird, um Politik gegenüber einem Mitgliedstaat zu machen. So verhalten sich Demokratien nicht - sagte Premierminister Mateusz Morawiecki am Dienstag im Europäischen Parlament (EP) während einer Debatte über das Urteil des polnischen Verfassungsgerichts.

- Es ist inakzeptabel, seine Entscheidung anderen ohne Rechtsgrundlage aufzuzwingen und zu diesem Zweck die Sprache der finanziellen Erpressung zu verwenden - betonte er und fügte hinzu, dass es umso inakzeptabler sei, „zu diesem Zweck (...) von Sanktionen zu sprechen oder noch weiter gehende Worte gegen bestimmte Mitgliedstaaten zu verwenden".

- Die Zuständigkeiten der EU haben ihre Grenzen. Wir dürfen nicht länger schweigen, wenn sie übertreten werden. Deshalb sagen wir „Ja" zum europäischen Universalismus und „Nein" zum europäischen Zentralismus - fügte er hinzu.

Der Ministerpräsident zitierte unter anderem Entscheidungen des französischen Verfassungsrats, des dänischen Obersten Gerichtshofs und des deutschen Bundesverfassungsgerichts sowie des polnischen Verfassungsgerichts aus den Jahren 2005 und 2010, also bereits nach dem Beitritt Polens zur EU.

Notwendigkeit einer Kammer des EuGH, die sich aus Richtern zusammensetzt, die von den nationalen Verfassungsgerichten bestimmt werden 

Polens Regierungschef schlug während der Debatte im EP vor, eine Kammer des EU-Gerichtshofs einzurichten, die sich aus Richtern zusammensetzt, die von den nationalen Verfassungsgerichten ernannt werden. Morawiecki fügte hinzu, dass die Gerichte eine solche Plattform haben sollten, um einen gemeinsamen Nenner zu finden.

- Die paternalistischen Belehrungen, die uns über Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erreichen, darüber, wie wir unser eigenes Land gestalten sollen, dass wir schlechte Entscheidungen treffen, dass wir zu unreif sind, dass unsere Demokratie angeblich noch jung ist, ist eine fatale Richtung der Narrative, die von einigen vorgeschlagen wird - sagte Morawiecki.

- Polen respektiert die Grundsätze der Union, lässt sich nicht einschüchtern und erwartet einen Dialog - betonte Polens Regierungschef.

„Wenn Ihr aus Europa einen Superstaat ohne Nationen machen wollt, braucht Ihr die Zustimmung aller"

- Wenn Ihr aus Europa einen Superstaat ohne Nationen machen wollt, dann holt Euch zuerst die Zustimmung aller Länder und Gesellschaften Europas dazu - sagte Morawiecki.

- Es gibt Länder, in denen es keine Verfassungsgerichte gibt, und solche, in denen sie existieren. Es gibt solche, die in ihrer Verfassung eine Präsenz in der Europäischen Union festgeschrieben haben, und solche, die das nicht tun. Es gibt Länder, in denen die Richter von demokratisch gewählten Politikern gewählt werden, und solche, in denen sie von Richtern gewählt werden - sagte der Premierminister.

- Wir haben viele Gemeinsamkeiten. Wir wollen immer mehr Gemeinsinn haben, aber es gibt auch Unterschiede zwischen uns - sagte er und fügte hinzu, dass es für die Zusammenarbeit notwendig sei, diese Unterschiede zu akzeptieren und zu respektieren.

- Die Union wird nicht an der Tatsache zerbrechen, dass unsere Rechtssysteme unterschiedlich sind. Wir funktionieren seit sieben Jahrzehnten auf diese Weise - betonte er.


pap/IAR/ps

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