Deutsche Redaktion

„545 Tage. Und dann ein Leben lang.“

05.05.2022 20:02
Ein Film wider das Vergessen. Stanislaw Zalewski und sein langer Kampf um eine würdige Gedenkstätte für das ehemalige KZ Gusen“.
Stanislaw Zalewski und sein langer Kampf um eine wrdige Gedenksttte fr das ehemalige KZ Gusen.
Stanislaw Zalewski und sein langer Kampf um eine würdige Gedenkstätte für das ehemalige KZ Gusen.Polnisches Institut Wien

Als amerikanische Truppen am 5. Mai 1945 das ehemalige deutsche NS-Konzentrationslagersystem Mauthausen-Gusen befreiten, bot sich den Soldaten ein unvorstellbarer Anblick. Zwischen 1938 und 1945 waren etwa 190.000 Personen aus mehr als 40 verschiedenen Nationen dort inhaftiert. Mindestens 93.000 Personen kamen in diesen Lagern ums Leben, darunter 25.308 aus Polen, 15.056 aus der ehemaligen Sowjetunion, 8.753 aus dem Deutschen Reich, 7.592 aus Ungarn, 4.749 aus Spanien, 4.266 aus Frankreich, 4.247 aus Italien, 3.840 aus ehemaligen Jugoslawien, 2.938 aus Tschechien und 1.346 aus den Niederlanden.

Für Polen hat KZ Gusen eine besondere Bedeutung nicht nur als Symbol der Auslöschung der polnischen Intelligenz. Mehr als 70.000 Menschen aus mindestens 27 Nationen waren an diesem Ort inhaftiert, das von den Häftlingen als „Höllentor“ bezeichnet wurde. Nur 20.000 erlebten die Befreiung Insgesamt kamen in Gusen von den über 71.000 Gefangenen mindestens 27 unterschiedlicher Nationalitäten mehr als die Hälfte ums Leben, die größte Opfergruppe waren die Polen.

Die Erinnerung an Gusen ist dank ehemaliger Häftlinge und lokaler Vereine lebendig geblieben. Im Jahr 1997 übernahm Österreich die Betreuung von Gusen und im Jahr 2004 öffnete das Zentrum für Besucher. In den letzten zwei Jahren tat sich einiges: Der österreichische Staat erwarb Teile des Grundstücks, auf dem sich die Überreste des ehemaligen Lagers befinden, aus Privatbesitz zurück. Heute besteht die Möglichkeit, dort eine neue europäische Gedenkstätte zu schaffen, an der alle Interessierten beteiligt sind.

Stanisław Zalewski war 14 Jahre alt, als der zweite Weltkrieg am 1 September 1939 ausbrach. Im 1943 verhaftet, kam er über das berüchtigte Pawiak-Gefängnis ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, von dort in Konzentrationslager Mauthausen und Gusen. Im KZ Gusen I und II arbeitete er 545 Tage unter Zwang. Er hat überlebt. Heute ist er 96 Jahre alt.  Nach wie vor besucht er als Zeitzeuge Schulen und Gedenkorte, um Jugendliche über die in Konzentrationslagern der Nationalsozialisten begangenen Verbrechen aufzuklären und sich gegen jede Art von Diskriminierung einzusetzen. Und nach wie vor kämpft er auch unermüdlich darum, dass das ehemalige KZ-Gelände in Gusen in Österreich endlich zu einem würdigen Ort des Gedenkens wird. Auch bei seinem Besuch im April 2022, gemeinsam mit den Kindern und Enkelkindern von ehemaligen KZ-Häftlingen, ist dies sein zentrales Thema. 

Am Film, neben Stanisław Zalewski, nahmen teil: Tochter und Enkelin des ehemaligen Häftlings von den KZ Sachsenhausen und Gusen Jerzy Wandel: Joanna und Julia Ziemska, Sohn und Enkel des ehemaligen Häftlings von den KZ Auschwitz, Mauthausen und Gusen Jan Tarasiewicz: Jacek und Jan Tarasiewicz, als auch die VertreterInnen lokaler Institutionen: Bürgermeister von Langenstein Christian Aufreiter und Andrea Wahl (Gemeindeverband  Bewusstseinsregion), Martha Gammer (Gedenkdienstkomitee Gusen) und Bernhard Mühleder (Mauthausen Memorial / KZ-Gedenkstätte). 

Der Film entstand im Auftrag des Polnischen Instituts Wien, finanziert durch die Abteilung der öffentlichen Diplomatie des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Polen, mit Unterstützung von Zukunftsfonds der Republik Österreich. 

Drehbuch und Regie: Magdalena Żelasko und Wolfgang P. Schwelle, Kamera: Tom Fink und Michał Kozioł, Filmschnitt: Tom Fink, Aufnahmeleitung und künstlerische Beratung: Iris Singer, Fachliche Beratung: Monika Szmigiel-Turlej und Iris Singer, Produktion: LET’S CEE Filmfestival, Übersetzung der polnischen und deutschen Fassung: Joanna Ziemska, Übersetzung der englischen Fassung: Gloria Dimmel, Artwork: Nika Ham, Producent: LET’S CEE Filmfestival Austria 2022. 

Die Dreharbeiten fanden an den Geländen von Bundesanstalt KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial statt. Das Fotomaterial ist vom Archiv des Gedenkdienstkomitees Gusen überlassen worden.