Deutsche Redaktion

Kurz vor Abberufung aller Mitglieder: Sogenannte “Lex-Tusk”-Kommission bekräftigt schwere Vorwürfe gegen Oppositionsführer Tusk

30.11.2023 11:23
Zu Tusks Amtszeit als Premierminister sei unter anderem "ein russischer Oberst, Wladimir Juschwik, in eine polnische Militäreinrichtung eingeschleust worden, ohne dass dies als Einführung eines Ausländers gemeldet wurde". Das sei wichtig, weil die SKW, wie wir sie beschreiben, den FSB überhaupt nicht untersuchte, überhaupt nicht wusste, wer in die SKW-Zentrale kam und mit wem der Dialog geführt wurde, betonte der heute schon ehemalige Chef der Kommission Sławomir Cenckiewicz.
Sławomir Cenckiewicz: chciałbym, żeby komisja ds. rosyjskich wpływów trwała nawet w innym składzie.
Sławomir Cenckiewicz: chciałbym, żeby komisja ds. rosyjskich wpływów trwała nawet w innym składzie.PAP/Paweł Supernak

Mutmaßliche russische Einflüsse in Polen bleiben ein heißes Thema in der öffentlichen Debatte in Polen. Gestern hatte der Sejm alle Mitglieder der in der vergangenen Amtsperiode ins Leben gerufenen, auf der Grundlage des sogenannten “Lex Tusk” eingesetzten Kommission zur Untersuchung russischer Einflüsse in Polen abberufen. 

Im Vorfeld dieses Schritts präsentierte der durch den Historiker Sławomir Cenckiewicz geleitete Ausschuss einen Teilbericht aus seiner Arbeit, in dem er, unter anderem unter Berufung auf ein deklassifiziertes Protokoll aus Donald Tusks Zeugenaussage vor der Staatsanwaltschaft 2017, erneut schwere Vorwürfe gegen den Ex-Premier und Bügerplattformchef erhebt. So sei zu Tusks Amtszeit als Premierminister "ein russischer Oberst, Wladimir Juschwik, in eine polnische Militäreinrichtung eingeschleust worden, ohne dass dies als Einführung eines Ausländers gemeldet wurde." Stattdessen sei Juschwik durch Mitarbeiter des ehemaligen Chefs des Militärgeheimdienstes SKW und seines Stellvertreters, General Janusz Nosek und Oberst Krzysztof Dusza, als polnischer Bürger Włodzimierz Jóźwik gemeldet worden. Es, so Cenckiewicz, sei nicht der einzige Beweis für ein solches Fehlverhalten von Seiten des SKW. Es gebe viel mehr “schockierendes Material”, die Staatsanwaltschaft habe in dieser Hinsicht seit 2016 gigantische Arbeit geleistet. 

Zudem habe der Ausschuss die Rolle einer speziellen Zelle des FSB, die unter dem Deckmantel von Diplomaten mit dem SKW interagierte, untersucht. "Es handelte sich um eine Gruppe fähiger FSB-Offiziere, die sehr komplexe nachrichtendienstliche Aufgaben erfüllten", erklärte Cenckiewicz. Zudem habe die Kommission auch festgestellt, dass General Aleksander Bezwierchny, der mehrmals beim SKW zu Gast gewesen sei und von General Nosek mit Ehren empfangen wurde, persönlich in den Fall des Doppelagenten Skripal verwickelt gewesen sei. 

Cenckiewicz wies darauf hin, dass "wir es mit hochrangigen Offizieren zu tun haben, die sich aus Sicht Moskaus verdient gemacht haben und deren Rolle im Kampf gegen die westliche Welt, einschließlich Polen, eine besondere ist". "Das alles ist wichtig, weil die SKW, wie wir sie beschreiben, den FSB überhaupt nicht untersuchte, überhaupt nicht wusste, wer in die SKW-Zentrale kam und mit wem der Dialog geführt wurde", sagte er.

Auf die Frage, ob die SKW nicht die Arbeit gemacht habe, um herauszufinden, mit wem sie es zu tun habe, antwortete er, dass "das Wissen vorhanden war, aber die Arbeit nicht gemacht wurde", kritisierte Cenckiewicz die SKW. Er äußerte Zweifel an der Effektivität des Geheimdienstes und betonte die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen. Der Ausschuss habe diese Woche Verfahren in Bezug auf General Nosek und Pytel eingeleitet. Nun sei der Ausschuss aber nicht mehr da. 

TVP Info macht in einem Artikel zu dem diese Woche deklassifizierten Protokoll vom Verhör von Donald Tusk darauf aufmerksam, dass der Ex-Premier darin oft behauptet, sich nicht an seine Handlungen und Entscheidungen im Zusammenhang mit der Kooperation zwischen FSB und SKW zu erinnern oder darüber keine Kenntnis zu haben. Tusk, lesen wir, habe in seinen Aussagen eindeutig gesagt, dass die Einleitung der Zusammenarbeit zwischen SKW und FSB nichts Außergewöhnliches gewesen sei, da es sich um einen Dienst wie jeden anderen handelte. Auf die Frage, ob die Ziele von FSB und SKW identisch seien, habe Donald Tusk sarkastisch geantwortet: 'Ich kann nicht glauben, dass diese Frage ernst gemeint war. Zudem habe Tusk volles Vertrauen in seine Kollegen und die damaligen Leiter der Dienste ausgedrückt, insbesondere in die Generäle Janusz Nosk und Piotr Pytel, so TVP Info.

In dem Teilbericht aus 3 Monaten Arbeit spricht die Kommission unter Cenckiewicz die Empfehlung aus, dass Ex-Premier Donald Tusk, Ex-Innenminister Jacek Cichocki, Ex-Verteidigungsminister Bogdan Klich, Ex-Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak und Ex-Innenminister Bartłomiej Sienkiewicz keine öffentlichen Ämter im Bereich der Staatssicherheit erhalten sollten, da in den Jahren 2010 bis 2014 der russische FSB als Partnerdienst anerkannt worden gewesen sei.

PAP/TVP Info/adn