Deutsche Redaktion

Stille Verhandlungen als Chance im Nahost-Konflikt

23.06.2025 10:00
Ein Abkommen mit den USA wäre aus Sicht des Iran der beste Weg aus dem aktuellen Konflikt. Das findet Maciej Münnich, Professor an der Katholischen Universität Lublin, in einem Gespräch mit der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Solche „stillen“ Gespräche könnten seiner Einschätzung nach bereits im Gange sein – unabhängig von der öffentlichen Rhetorik der iranischen Führung.
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Bild:Middle East Images/ABACA/Abaca/East News

„Trotz der fortdauernden israelischen Angriffe und der iranischen Gegenangriffe müssen diese stillen Gespräche mit den Vereinigten Staaten beginnen, denn der Iran wird es nicht lange aushalten, den israelischen Bombardierungen ausgesetzt zu sein“, sagte Münnich.

In der Nacht zum Sonntag hatten die USA drei iranische Urananreicherungsanlagen in Fordo, Natanz und Isfahan angegriffen. Damit schlossen sich die Vereinigten Staaten der israelischen Offensive gegen den Iran an, die seit dem 13. Juni läuft. Ziel der Angriffe ist nach offiziellen Angaben die Zerstörung des iranischen Atomprogramms.

US-Präsident Donald Trump wolle das Thema offenbar mit einem einzelnen Angriff abschließen, so Münnich. „Er hat Israel gezeigt, dass er an seiner Seite steht. Er hat – oder zumindest wurde das so verkündet – die mit dem Atomprogramm verbundenen Ziele zerstört und wartet nun auf die Kapitulation des Iran.“

Bislang habe Teheran nicht militärisch auf die USA reagiert, sondern nur einen Raketenangriff auf Israel durchgeführt. „Es gab keinen Angriff auf US-Stützpunkte in der Region, die sich relativ nahe am Iran befinden“, betonte Münnich. Eine solche Attacke würde vermutlich eine harte amerikanische Antwort nach sich ziehen.

Auch wirtschaftlich habe Iran bisher nicht eskaliert – etwa durch die Schließung der Straße von Hormus oder durch Angriffe auf Ölinstallationen. Laut Münnich spricht das dafür, dass Teheran den Konflikt nicht ausweiten wolle. Die scharfen Worte der iranischen Führung seien wohl vor allem Propaganda: „Das ist vergleichbar mit der Rhetorik von Trump, der von einem vollständigen Erfolg und der völligen Zerstörung der iranischen Nuklearanlagen spricht“, sagte Münnich.

Der Experte hält eine Rückkehr zu einem Atomabkommen nach dem Vorbild des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) von 2015 für möglich. Die damalige Vereinbarung schränkte Irans Urananreicherung stark ein, im Gegenzug wurden Sanktionen aufgehoben. 2018 hatten die USA unter Präsident Trump das Abkommen einseitig verlassen.

Münnich warnte zugleich vor einer möglichen Eskalation. Sollten die USA gemeinsam mit Israel versuchen, die Regierung im Iran zu stürzen, könnte dies zu einer gefährlichen Ausweitung des Konflikts führen. „Wenn es zu inneren Protesten und Unruhen kommt, könnte der Plan eines Regierungswechsels Erfolg haben“, sagte Münnich. „Wenn nicht, wird der Iran wahrscheinlich tatsächlich und still Atomwaffen produzieren, um sich für die Zukunft gegen mögliche Angriffe zu wappnen.“

Das schlimmste Szenario wäre aus seiner Sicht ein iranischer Angriff auf US-Stützpunkte in der Region. Dies könnte einen umfassenden amerikanischen Gegenschlag und einen langwierigen Krieg auslösen. Auch eine Schließung der Straße von Hormus und Angriffe auf saudische Ölanlagen seien in einem solchen Fall möglich. „Das würde die Ölpreise in die Höhe treiben, die Inflation ankurbeln und eine Wirtschaftskrise im Westen und in den USA auslösen“, so Münnich.

PAP/jc

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