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Süddeutsche Zeitung: Polnisch-deutsche Beziehungen weiter im Tief – Beide Seiten tragen Schuld

12.08.2025 11:02
Die deutsch-polnischen Beziehungen befinden sich weiterhin in einer Krise. Die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) konstatiert, dass von dem Optimismus und den Erwartungen, die mit dem Regierungswechsel in Warschau 2023 verbunden waren, kaum noch etwas übrig geblieben sei. Für die Verschlechterung der bilateralen Beziehungen seien beide Seiten verantwortlich.
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Nach den Parlamentswahlen 2023 hatte Außenminister Radosław Sikorski versucht, Polen international stärker zu positionieren und als verlässlichen Verhandlungspartner in Europa zu etablieren. Die Rückkehr von Donald Tusk wurde in Deutschland und der EU mit Hoffnungen auf eine Verbesserung der unter der PiS-Regierung strapazierten Beziehungen begrüßt.

Doch nur knapp zwei Jahre später schaffte Sikorski das Amt des Beauftragten für polnisch-deutsche Beziehungen wieder ab. Der neue deutsche Beauftragte Knut Abraham stehe damit ohne direkten Gesprächspartner in Polen da, ähnlich wie sein Vorgänger in der PiS-Zeit, so die SZ.

Die Zeitung kritisiert, dass die polnische Regierung mit diesem Schritt „eines der wenigen Themen“ aufgebe, mit denen sie sich von der PiS und der teils rechtsextremen Opposition unterscheide. Zwar setze Tusks Regierung auf Rechtsstaatlichkeit und ein neues Miteinander in der EU – Ziele, die bislang nur unzureichend umgesetzt seien. Gerade angesichts des Kriegs in der Ukraine und der politischen Unsicherheiten in den USA wäre eine enge Zusammenarbeit zwischen Berlin und Warschau wichtig.

Doch auch Deutschland müsse sich mehr engagieren. Die SZ bemängelt eine zunehmende Routine auf beiden Seiten und verweist auf die ungelösten Konflikte rund um den Zweiten Weltkrieg und Reparationsfragen. In Polen herrsche die weit verbreitete Überzeugung, dass Deutschland das Leid der Polen während des Krieges nicht ausreichend anerkannt habe. Die deutsche Zurückhaltung werde mitunter als Arroganz gewertet und verhindere eine Versöhnung.

Als möglichen Anfang für einen Neuanfang nennt die SZ eine finanzielle Unterstützung der in Polen lebenden NS-Opfer durch die Bundesrepublik.

Gleichzeitig müsse jede Seite ihre eigenen Probleme lösen: In Polen werde die Geschichte politisch instrumentalisiert, etwa durch anti-deutsche Parolen im Kampf gegen politische Gegner. In Deutschland fehle es oft an Wissen über Polen und die NS-Verbrechen, was zu fehlender Sensibilität führe. Dies müsse überwunden werden, um Vertrauen aufzubauen, so die SZ abschließend.


SZ/PAP/jc