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Kommentar: Trump und Selenskyj demonstrieren Einigkeit im Weißen Haus

19.08.2025 20:01
Nach dem holprigen Treffen im Februar präsentierten sich Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus betont einträchtig. Statt Streit und Eklat herrschte diesmal eine konstruktive Atmosphäre – ein wichtiges Signal für Kiew, das befürchtet hatte, zu Zugeständnissen gedrängt zu werden. Doch hinter der demonstrativen Einigkeit bleiben viele Fragen zum künftigen Friedensprozess offen, meint Tadeusz Iwański, Leiter der Abteilung Belarus, Ukraine und Moldau am Zentrum für Osteuropastudien. 
Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj
Wladimir Putin und Wolodymyr SelenskyjANDREW CABALLERO-REYNOLDS/AFP/AA/ABACA/Abaca/East News

Diesmal lief es anders als noch Ende Februar: Beim Treffen von Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus herrschte eine entspannte, fast freundschaftliche Atmosphäre. Beide Präsidenten betonten ihren Willen zu konstruktiven Gesprächen – sowohl im bilateralen Austausch als auch im anschließenden Treffen mit der „Koalition der Willigen“ aus Europa: Frankreich, Finnland, Großbritannien, Italien, Deutschland, der EU-Kommission und der NATO. 

Der Kontrast zum letzten Gipfel war deutlich. Damals, am 28. Februar, endete die Begegnung im Oval Office abrupt mit einem lautstarken Eklat, an dem Vizepräsident JD Vance und Journalisten beteiligt waren. Diesmal dagegen keine Streitigkeiten – selbst Selenskyjs schwarzes Sakko ohne Krawatte bot eher Anlass für lockere Scherze als für Kritik.

Auffällig war die Zurückhaltung beider Präsidenten gegenüber kritischen Fragen. Trump wich Kommentaren zu einer möglichen US-Friedensmission in der Ukraine aus und sprach über Sicherheitsgarantien für Kiew nur vage. Auch seine Zusage, die USA würden sich beteiligen, relativierte er kurz darauf in sozialen Medien – dort versprach er lediglich, europäische Initiativen zu koordinieren. Selenskyj wiederum ließ Fragen nach territorialen Zugeständnissen an Russland ins Leere laufen und lenkte das Gespräch auf humanitäre Themen wie Gefangenenaustausch oder die Rückkehr verschleppter Kinder.

Gerade die Frage möglicher Gebietsverluste ist in der Ukraine ein rotes Tuch. Entsprechend groß war die Sorge, Selenskyj könne im Oval Office unter Druck geraten, Kompromisse einzugehen, um die westliche Unterstützung nicht zu gefährden. Diese Befürchtungen bestätigten sich nicht. Für einen Waffenstillstand hat der Präsident Rückendeckung in der Bevölkerung – allerdings nur bis zur aktuellen Frontlinie. Weder die Abgabe von durch Kiew kontrollierten Gebieten, noch eine Anerkennung der Krim-Annexion oder gar Einschränkungen der Souveränität, etwa beim NATO- oder EU-Beitritt, sind akzeptabel.

Das Treffen in Washington half zugleich, den Schatten des umstrittenen Trump-Putin-Gipfels auf Alaska zu überdecken. Auch wenn Selenskyj kein roter Teppich ausgerollt wurde und er nicht in der berühmten Präsidentenlimousine „The Beast“ fuhr – das Signal von Einigkeit zwischen den USA, Europa und der Ukraine wirkte beruhigend. Für Kiew ein dringend benötigtes positives Zeichen.

Doch viele Fragen bleiben offen: Welche konkreten Sicherheitsgarantien ist Europa bereit zu geben – und welche Rolle übernehmen die USA? Wird der Westen bereit sein, den Druck auf Moskau durch Sekundärsanktionen oder die Konfiszierung eingefrorener russischer Vermögenswerte massiv zu erhöhen? Und wann wären beide Seiten überhaupt zu ernsthaften Zugeständnissen bereit, um den Friedensprozess voranzutreiben?

Immerhin: Der Ball liegt nun beim Kreml. Trump drängt Putin zu direkten Gesprächen mit Selenskyj – etwas, das der russische Präsident bislang strikt vermieden hat. Putin hatte gehofft, Trump werde den ukrainischen Präsidenten durch politischen Druck und die Kürzung militärischer Hilfe in die Knie zwingen. Das ist nicht passiert. Zumindest noch nicht.


Tadeusz Iwański 

Tadeusz Iwański, Leiter der Abteilung Belarus, Ukraine und Moldau am Zentrum für Osteuropastudien.