Deutsche Redaktion

Streit um angebliche „Germanisierung“: Aufschrift in Danzig sorgt für Debatte

09.09.2025 21:06
Ein Facebook-Beitrag des PiS-Abgeordneten Michał Woś über die Änderung einer Aufschrift an einem historischen Gebäude in Danzig hat in den sozialen Medien heftige Diskussionen ausgelöst. Während manche Nutzer von einer „Germanisierung“ der Stadt sprachen, warfen andere dem Politiker Irreführung vor. 
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Am 2. September hatte Woś zwei Fotos veröffentlicht: Auf dem ersten ist eine verwitterte Backsteinfassade mit der polnischen Inschrift „Urząd pocztowy – Gdańsk 2“ („Postamt – Danzig 2“) zu sehen. Das zweite Bild zeigt dasselbe Gebäude nach der Renovierung, nun mit der deutschen Aufschrift „Postamt“. Woś kommentierte die Bilder lediglich mit „vor der Renovierung“ und „nach der Renovierung“.


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Der Beitrag verbreitete sich rasant. Mehr als 9.200 Nutzer reagierten, fast 4.000 kommentierten, und fast 2.000 teilten den Eintrag. Auch auf TikTok und der Plattform X kursierten ähnliche Fotomontagen.

Heftige Reaktionen im Netz 

In den Kommentarspalten brach eine Welle der Empörung los. „Schande und Ehrlosigkeit… Unsere Vorfahren drehen sich im Grab um“, schrieb ein Nutzer. Andere sprachen von einer gezielten „Germanisierung“ der Stadt. Wiederum andere forderten strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen.

Kritik erhielt jedoch auch der Abgeordnete selbst. Mehrere Kommentatoren warfen Woś „Desinformation“ vor. „Herr Abgeordneter, das ist ein Privatgebäude, dort gibt es keine polnische Post“, hieß es. Die Inschrift sei während der Renovierung freigelegt und aus historischen Gründen erhalten worden.

Entscheidung liegt Jahre zurück

Tatsächlich handelt es sich um ein privates Gebäude unweit des Hauptbahnhofs Gdańsk Główny. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als Teil des Bahnhofs-Komplexes erbaut und gehörte bis vor einigen Jahren der staatlichen Eisenbahn PKP.

Der Streit um die Inschrift ist nicht neu: Bereits 2017 sorgte sie für Diskussionen. Der damalige Bürgermeister Paweł Adamowicz stellte damals klar: „Das Gebäude gehört nicht der Stadt. Die Renovierung unterstand dem Denkmalschutz des Wojewodschafts, nicht dem städtischen.“ Maciej Tymiński, Sprecher des Wojewodschaftsamtes für Denkmalschutz, erklärte 2017 im Sender TVP3: „Die alte Aufschrift ‚Postamt‘ wurde während der Sanierungsarbeiten freigelegt. Der Konservator entschied, sie aus historischen Gründen zu belassen.“ Auch in anderen Teilen der Stadt seien historische Aufschriften auf ähnliche Weise wiederhergestellt worden, betonte Tymiński. So habe eine Eigentümergemeinschaft in der Jana-z-Kolna-Straße alte Schilder eines Kolonialwarenladens sichtbar gemacht.

Kein Sitz der polnischen Post vor dem Krieg

Vor dem Zweiten Weltkrieg befand sich in dem Gebäude kein polnisches Postamt. Auf Grundlage des Versailler Vertrags hatte die Polnische Post in der Freien Stadt Danzig drei Filialen: am Heveliusplatz, in der Wiślna-Straße sowie in einem anderen Gebäude nahe des Bahnhofs – dort, wo heute ein Schnellrestaurant steht. Das nun umstrittene Gebäude beherbergte erst nach dem Krieg das Postamt „Gdańsk 2“.


PAP/tvn24/jc