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„Süddeutsche Zeitung“: Putin hat kein Interesse an Frieden mit der Ukraine

23.10.2025 15:03
Der russische Präsident Wladimir Putin ist nach Einschätzung der Süddeutschen Zeitung (SZ) nicht an einem schnellen Ende des Krieges gegen die Ukraine interessiert. Ein Frieden würde zahlreiche wirtschaftliche und soziale Probleme offenlegen, die der Kreml derzeit durch Kriegsrhetorik verdecke, schreibt die Zeitung am Donnerstag unter Berufung auf den Kommentator Frank Nienhuysen.
Wladimir Putin
Wladimir PutinEPA/ALEXANDER KAZAKOV/SPUTNIK/KREMLIN / POOL

„An der ukrainischen Front gibt es keine sichtbaren Fortschritte. Die russische Wirtschaft leidet. Dennoch findet der Kremlchef immer neue Vorwände, um Gespräche über einen Waffenstillstand oder Frieden hinauszuzögern“, heißt es in dem Kommentar. 

Krieg als politisches Instrument 

Nach Darstellung der Süddeutschen Zeitung nutzt Putin den Krieg, um innenpolitische Kontrolle zu sichern und die Bevölkerung zu disziplinieren. Die anhaltenden Kämpfe legitimierten eine Politik des Gürtel-enger-Schnallens und eine zunehmend militarisierte Wirtschaft.

„Der Krieg ist zwar schlecht für Russland, aber der Kremlchef braucht ihn“, schreibt Frank Nienhuysen. Frieden wäre für Putin mit erheblichen Risiken verbunden: Der florierende Rüstungssektor müsste heruntergefahren werden, und die Rückkehr zehntausender erschöpfter Soldaten könnte soziale Spannungen auslösen. Zudem blieben die westlichen Sanktionen bestehen, während Europa den Import russischer Energie schrittweise einstelle. 

Angstpropaganda gegen den Westen 

Laut der SZ setzt Moskau auf eine Strategie der Angst gegenüber dem Westen, um die Gesellschaft zu einen. In der russischen Propaganda dominiere die Darstellung eines „Kriegs gegen die NATO“. Diese solle erklären, warum die Front kaum vorankomme, die Preise stiegen und der Staat die Kontrolle verschärfe.

„Russland provoziert mit Drohnen und Kampfjets, während die Aufrüstung in Europa als Beleg für westliche Aggression genutzt wird“, schreibt die Zeitung. Damit könne der Kreml Ursache und Wirkung vermischen und die Zustimmung in der Bevölkerung sichern.

Ablenkung durch Feindbilder

Auch auf diplomatischer Ebene bediene sich Moskau einer aggressiven Rhetorik. Außenminister Sergej Lawrow habe jüngst in New York von angeblichen deutschen Plänen gesprochen, Europa „nach dem Vorbild der Nazizeit“ zu erobern. Solche Aussagen fänden in Russland laut SZ ein aufnahmebereites Publikum und dienten als „Ablenkungsmanöver“, um die Verantwortung für wirtschaftliche Stagnation und Kriegsfolgen auf äußere Feinde zu schieben. 

Fortsetzung des Krieges als Ziel 

In seiner Schlussfolgerung betont Nienhuysen, der Kreml strebe derzeit weder einen Waffenstillstand noch eine Einfrierung des Konflikts an. „Der Krieg, so destruktiv er auch ist, dient dem Erhalt des politischen Status quo in Russland“, schreibt der Kommentator. Eine mögliche Veränderung im Weißen Haus werde an Moskaus Kurs wohl wenig ändern.


SZ/PAP/jc