Der ehemalige Justizminister Zbigniew Ziobro ist von der Polizei festgenommen und vor den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Pegasus-Affäre gebracht worden. Zuvor hatte sich der Politiker wiederholt geweigert, freiwillig zu erscheinen. Der Untersuchungsausschuss hat sich daraufhin für eine 30-tägige Untersuchungshaft für Ziobro ausgesprochen und seine Beratungen für heute beendet.
Ziobro übte scharfe Kritik an seiner Festnahme und sprach in sozialen Medien von einer "kriminellen Entscheidung" des Warschauer Bezirksgerichts, das seine Vorführung angeordnet hatte. Dennoch akzeptiere er, dass die Polizei ihre Aufgabe erfülle und respektiere die geltenden Vorschriften.
Die Polizei hatte am Morgen vergeblich versucht, Ziobro in seinem Wohnhaus in Jeruzal sowie in seiner Warschauer Wohnung anzutreffen. Kurz darauf tauchte er in den Räumlichkeiten von TV Republika auf, wo er ein Interview gab und den Untersuchungsausschuss als "pseudolegale" Institution bezeichnete. Seiner Ansicht nach sei das Gremium durch ein Urteil des Verfassungsgerichts vom 10. September delegitimiert worden. Zudem sprach er von einem "politisch motivierten Angriff" der Regierung Tusk gegen ihn und seine Partei.
TV Republika schreibt von Angriff auf unabhängige Medien
Der Fernsehsender selbst schrieb auf X von einem "Eindringen von Tusks Beamten in den Sitz unabhängiger Medien".
Die Partei des Ex-Justizministers erklärte in ihrem Post, die Festnahme sein ein Symbol für die "Rechtlosigkeit von Tusk".
Das Warschauer Bezirksgericht hatte den Beschluss zur Festnahme am Montag erlassen. Die Befragung vor dem Ausschuss soll Klarheit über den mutmaßlichen Einsatz der Spionagesoftware Pegasus durch polnische Behörden schaffen.
Knapp 600 Überwachte, darunter Politiker der Opposition
Generalstaatsanwalt Adam Bodnar hatte im vergangenen Jahr darüber informiert, dass das Überwachungssystem Pegasus zwischen 2017 und 2022 zur Kontrolle von insgesamt 578 Personen verwendet wurde. Ein Höhepunkt der Überwachungsaktivitäten sei mit 162 überwachten Personen im Jahr 2021 verzeichnet worden. Zu den Überwachten sollen unter anderem die Staatsanwältin Ewa Wrzosek gehört haben, die die Justizreformen von Ziobro kritisierte, sowie der Senator Krzysztof Brejza, der 2019 den Wahlkampf des damaligen Oppositionsbündnisses Bürgerkoalition (KO) leitete, dem auch der heutige Regierungschef Donald Tusk angehört.
IAR/adn