Sikorski betonte, dass rivalisierende Machtzentren wie China, Russland und die USA über eine einheitliche Führungsstruktur verfügten, die EU jedoch nicht. „Wir sind eine Konföderation – alles ist schwer abzustimmen, und schnelle Entscheidungen zu treffen ist äußerst schwierig“, so der Minister.
Der Außenminister warnte zugleich vor überzogener EU-Skepsis. Das Schüren von Angst vor Brüssel habe „ernste Konsequenzen“, weil es von den tatsächlichen Herausforderungen ablenke. Eine mögliche Umgestaltung der EU hin zu einer Föderation könne ohnehin nur auf Basis eines neuen, von allen Mitgliedstaaten ratifizierten Vertrags erfolgen.
Mit Blick auf Deutschland sagte Sikorski, er sehe derzeit keine Bedrohung: „Solange Deutschland in der EU und in der NATO ist, fürchte ich mich mehr vor deutschem Pazifismus als vor deutschem Militarismus.“
Zur Sicherheitslage erklärte der Minister, Europa müsse auch den Fall einkalkulieren, dass die USA im Krisenfall nicht helfen könnten. „Das Pentagon kann offiziell nur noch einen Krieg gleichzeitig führen. Wenn etwas um Taiwan geschieht, werden sie uns physisch nicht zu Hilfe kommen können“, sagte er.
Auch zur Lage in Belarus äußerte sich Sikorski. Der Minister betonte, die polnische Regierung habe den Bau des Grenzwalls abgeschlossen, der nun „zu 98 Prozent effektiv“ sei. Eine Verbesserung der Beziehungen zu Minsk hänge jedoch allein von der dortigen Regierung ab. „Es gibt kein Vertrauen – wir warten auf den ersten Schritt von der anderen Seite“, sagte Sikorski.
PAP/jc