Deutsche Redaktion

Morawiecki in "The Economist": Die Lage in der Ukraine ist ähnlich wie 1938

22.04.2022 06:44
Polens Premierminister zog die historische Parallele in einem Artikel, der im britischen Magazin "The Economist" veröffentlicht wurde. 
Premierminister Mateusz Morawiecki
Premierminister Mateusz MorawieckiPAP/Radek Pietruszka

Mateusz Morawiecki schrieb, es gebe „verblüffende“ Ähnlichkeiten zwischen Russlands Invasion in der Ukraine und dem Münchner Abkommen von 1938, das die Tschechoslowakei opferte, um Hitler zu besänftigen, und den Weg für eine deutsche Aggression im folgenden Jahr ebnete. „Der Krieg in der Ukraine macht uns klar, dass Geschichte zwar ein guter Lehrer ist, aber einige schlechte Schüler hat“, schrieb Morawiecki.

„Einige westeuropäische Politiker haben die Lehre aus dem Münchner Abkommen von 1938 vergessen. Die Analogien zur gegenwärtigen Situation sind verblüffend. Der Appeasement-Politik, angeführt vom damaligen britischen Premierminister Neville Chamberlain, folgte der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs innerhalb eines Jahres“, so der Artikel weiter.

"Dämonen der Geschichte sind zurückgekehrt"

Polens Ministerpräsident wies darauf hin, dass Wladimir Putin im Februar 2007, fast 70 Jahre nach „der berüchtigten Münchener Konferenz, offen seinen Wunsch offenbart hat, die Ordnung in Europa nach dem Kalten Krieg aufzulösen. "Im Jahr darauf griff er Georgien an. Sechs Jahre später besetzte er die Krim und setzte den Donbas im Osten der Ukraine in Brand", so Morawiecki weiter. "Und weitere acht Jahre später begann er die bisher blutigste Phase seines Plans. Die Dämonen der Geschichte sind zurückgekehrt. Wir sind erneut Zeugen eines Völkermords", schrieb er.

Morawiecki nach seien die Mechanismen des Totalitarismus die gleichen wie vor sieben Jahrzehnten. Auch die Mechanismen der Besänftigungspolitik sollen unverändert geblieben sein. Russland werde seine Grausamkeiten fortsetzen, und wenn es nicht gestoppt werde, könne es zu einer Wiederholung der Ereignisse in Butscha, Irpin und Mariupol kommen, überzeugte Polens Regierungschef.

Welt hat Polens Warnungen ignoriert

Morawiecki schrieb, dass Polen seit mehr als einem Jahrzehnt vor einer Politik der Konzessionen gegenüber Russland und den wiederauflebenden imperialen Absichten seines Präsidenten Wladimir Putin gewarnt habe. Diese Warnungen seien jedoch ignoriert oder sogar mit Verachtung aufgenommen worden. Er sprach sich dafür aus, dass Europa die Ukraine sowohl wirtschaftlich als auch militärisch stärker unterstützen sollte. Er schlug vor, alle russischen Vermögen und Währungsreserven im Ausland zu konfiszieren und die daraus resultierenden Einnahmen für die Hilfe an die Ukraine zur Verfügung zu stellen.

"Maximale Wirtschaftssanktionen gegen Moskau"

Polen wolle der Ukraine mit Zustimmung der Nato mehr Waffen zur Verfügung stellen, schrieb Morawiecki und fügte hinzu, dass ganz Europa sich zusammenschließen sollte, um einen Plan für den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg auszuarbeiten. Polens Regierungschef betonte außerdem, dass er immer wieder und unermüdlich für maximale Wirtschaftssanktionen gegen Moskau plädiert habe. "Nur mit den schärfsten Sanktionen und der Lieferung von Waffen an die Ukraine könnten die russischen Streitkräfte gestoppt und die Demokratie und die Freiheit der Ukraine verteidigt werden".

Er räumte ein, dass dies die europäischen Bürger etwas kosten werde, da die Energiepreise wahrscheinlich steigen würden. Dies sei jedoch ein geringer Preis. Je schneller der Westen handele, desto eher werde der Krieg zu Ende sein, schrieb Morawiecki für "The Economist".


PAP, economist.com/ps